Wenn es Nacht wird: Psychothriller (German Edition)
Glas wie meines, nur dass in meinem Wasser und in seinem Wodka war.
»So«, sagte ich und versuchte die Stimmung ein wenig zu heben. »Wer kommt zu der Party? Irgendjemand, den ich kenne?«
Ich war jetzt lange genug im Club, um zu wissen, wer die Stammgäste waren, viele von ihnen waren Freunde von Fitz.
»Das bezweifle ich.«
»Wer sind sie?«
»Im Ernst, Genevieve, du stellst zu viele Fragen.«
Ich lachte. Sein Tonfall war nicht so feindselig wie die Worte. »Nun ja, du bist nicht gerade der geborene Smalltalker, Dylan. Ich möchte nicht schweigend rumsitzen und warten.«
»Ich auch nicht.«
»Dann frag du mich was. Zum Ausgleich.«
Er lächelte mich an, und ich war sprachlos, wie harmlos er aussah, wenn er lächelte.
»Alles klar, ich hätte da eine Frage an dich. Was machst du mit dem ganzen Geld?«
»Was?« Damit hatte er mich völlig überrascht.
»Du verdienst einen ganzen Haufen«, sagte er. »Du bekommst wesentlich mehr Trinkgeld als Lara, und sie war vorher die beste Tänzerin, die wir hatten. Sie hat eine ganze Reihe von Fans, die seit vier Jahren jede Woche kommen, um sie zu sehen. Doch seit du im Barclay arbeitest, nimmt sich ihr Einkommen dagegen wie ein Hungerlohn aus. Also, was machst du mit dem Geld?«
Ich wurde rot. Ich hatte keine Antwort für ihn. Wenn ich ihm von meinem Traum erzählte, ein Boot zu renovieren, hätte das in diesem Kontext lächerlich geklungen.
»Du bist kein Junkie«, sagte er.
»Woher weißt du das?«
»Ach komm schon, hör auf! Ich weiß alles, was man über Drogenabhängige wissen muss, glaub mir.«
»Gut, du hast ja recht. Ich nehme keine Drogen.«
»Und, wofür gibst du es dann aus?«
»Ich gebe es nicht aus. Ich spare.«
»Du sparst?«, sagte er, als hätte er dieses Wort noch nie zuvor gehört.
Im Flur waren die ankommenden Gäste zu hören. Der Partyservice begann, die Platten mit Speisen in das Esszimmer zu bringen, und plötzlich herrschte rege Geschäftigkeit in der Küche.
Ich nickte. »Ich mag meinen Job nicht mehr. Ich hasse ihn, ehrlich gesagt. Ich warte nur, bis ich genügend Geld habe, dann werde ich kündigen und mir ein Jahr Auszeit gönnen.«
Seine Miene hellte sich auf. »Reisen?«
Ich stand auf. »Vielleicht. Weiß noch nicht. Solange ich diesen Job nicht mehr machen muss, ist mir alles recht. Ich brauche etwas, worauf ich mich freuen kann.«
Später sah ich dieses nette Gespräch mit Dylan in der Küche von Fitz’ großem Haus natürlich aus einem anderen Blickwinkel. Er blieb bei mir, weil man ihm gesagt hatte, dass er mich im Auge behalten soll. Er knabberte nicht einfach so Oliven mit mir an der Frühstücksbar. Er war mein Aufpasser, falls ich auf den Gedanken käme, in den anderen Zimmern herumzuschnüffeln.
Und er hatte eine entscheidende Frage gestellt, die er stellen musste. Nicht für Fitz, sondern sich selbst. Damals wusste ich das noch nicht, aber Dylan hatte ganz eigene Pläne.
16
Ich zuckte zusammen, als das Handy klingelte. Ich erkannte die Nummer nicht und zögerte einen Augenblick, bevor ich dranging.
»Hallo?«
»Genevieve? Hier spricht Carling. Ich stehe auf dem Parkplatz und bin in zwei Minuten da. Okay?«
Ich sperrte die Tür des Steuerhauses auf. Draußen war es nach wie vor stockdunkel, also machte ich das Licht an. Ich konnte gerade eben das schwarze Fellbündel sehen, das auf dem Ponton lag. Ich musste irgendwas mit dem Kadaver machen: ihn in ein Tuch oder ein Handtuch einwickeln oder in eine Tüte stecken.
Ich sah eine Gestalt, die sich auf dem Ponton zum Boot bewegte. Ich konnte ihn nicht genau erkennen, bis er die Bootsleiter erreicht hatte.
»Abend«, sagte er mit einem Lächeln.
»Er liegt da«, sagte ich. »Schauen Sie.«
Er drehte sich in die Richtung, in die ich zeigte.
»Alles klar. Gehen Sie rein, ich komme gleich nach. Stellen Sie schon mal den Kessel auf den Herd, ja?«
Ich tat, wie geheißen. Vermutlich sah er sich den toten Kater an, um herauszufinden, wie Oswald umgekommen war, was Kripobeamte eben so machen. Er war so ein netter Kater gewesen, ich verstand einfach nicht, wer ihm das antun konnte. Aber irgendjemand hatte es getan. Ich musste an den Mann denken, den Pat in der Nacht zuvor gesehen hatte, den Mann, den ich dummerweise für Dylan gehalten hatte. Er konnte es also nicht gewesen sein.
Das Wasser im Kessel kochte bereits, als endlich die Tür zum Steuerhaus aufging und Carling hereinkam. Er trug Jeans und Turnschuhe und eine regendichte Jacke. Ohne seinen Anzug sah er
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