Wenn Frauen nicht mehr lieben
wird als Unterwerfungsakt unter den Mann gesehen. So verwundert es nicht, daß Frauen für ihre Liebe keine Sprache mehr haben. Mehr als die Liebe ist der Liebesentzug in der ehelichen Kriegsführung an der Tagesordnung. Diese Strategie funktioniert nicht nur bei Kindern. Sie hat sich auch bei Ehemännern und Geliebten gut bewährt.
Unterdessen aber sind viele Frauen schon lange nicht mehr mit den psychologischen Mitteln ehelicher Kriegsführung beschäftigt, da sie aufgrund des hoffnungslosen Zustandes ihres ehemaligen Geliebten den Bettel hinge-worfen und die Scheidung eingereicht haben. Oft zu Unrecht und zum Unheil der Kinder. Frauen sind heute nicht mehr bereit, Konflikte gemeinsam mit dem Mann zu lösen oder unangenehme Gefühle vorübergehend auszu-halten. Die Frustrationstoleranz ist in der Regel nicht gut entwickelt. Frau läßt die Zügel schießen, entledigt sich des Bösewichts und meint, jetzt werde alles besser – derweil sie oft nur vom Regen in die Traufe kommt. Denn auch den nächsten Mann wird sie nicht nach ihren Maßstäben verändern können: Die Enttäuschung ist vorprogrammiert.
Notabene. Die Mehrheit der Scheidungen wird heute von Frauen beantragt, nicht von Männern. Auf die Kinder, die 67
ein solches Trauma nie ganz verkraften können, wird nur selten Rücksicht genommen.
Indes ist die Frau überzeugter denn je, daß sie alles sehr gut ohne Mann erledigen kann. Geld verdienen, Kinder allein erziehen, ihre Freizeit organisieren, ihren Freundeskreis pflegen etc. Von den Männern immerzu enttäuscht, von den Umerziehungsstrategien erschöpft, wenden sich Frauen von den Männern ab und tanken im Alleingang auf. Seither soll es ihnen prima gehen, behaupten sie.
Alles geht heute ohne Mann. Welch befreiendes Gefühl und welch ungeheure Bestätigung des eigenen Selbstwertes. Die vielen Energien, die Frau zuvor für den Mann und dessen angestrebte Veränderung benötigte, kann sie nun endlich für sich allein aufwenden.
Selbst die Werbung hat diesen Trend des Alleingangs ohne Mann und Vater für sich entdeckt. Man wirbt für einen neuen lokalen Fernsehsender. Wie? Man nimmt einen kleinen Jungen und läßt ihn ein fröhliches Sprüchlein rezitieren: »Im September kann ich endlich fernsehen, ohne daß mein Papi darin vorkommt.« Eine gutgemeinte Glosse oder witzige Anspielung? Vielleicht.
Dennoch trägt auch dies ein Körnchen Wahrheit in sich.
Es verrät etwas vom allgemeinen gesellschaftlichen Trend, daß Söhne von den Müttern darin unterstützt werden, die Väter in Gedanken wegzudenken, wenn sie nicht schon wirklich gegangen sind. Aber wenn es darum geht, die Kinder am Sonntagnachmittag in den Zoo zu führen oder die Mutter für ein Wochenende in Paris mit ihrem neuen Freund zu entlasten, bekommt der Vater alleweil eine Chance und vielleicht sogar ein kurzes Gastrecht. Sonst aber hat er nicht mehr allzu viel zu berichten.
»Nie mehr«, sagt Doris, »nie mehr werde ich für meinen Mann Abendessen machen.« Doris ist 46 Jahre alt, seit ein paar Jahren geschieden, die Kinder sind ausgeflogen.
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Doris hat seit fünf Jahren wieder eine Ganztagsstelle in einem Frisörsalon. Früher hatte sie stundenweise im Salon eines befreundeten Ehepaares ausgeholfen und sich ein bescheidenes Taschengeld hinzuverdient. Ihr Mann war zwar großzügig, aber es tat ihr gut, selbstverdientes Geld zu haben. Wie so viele Frauen in ihrem Alter ist sie überzeugt davon, daß sie zuviel für die Familie getan hat, von Mann und Kindern reichlich für ihre Versorgungs-bedürfnisse ausgenützt wurde und daß sie in vielem zu kurz gekommen ist. Ihr Drang nach Freiheit und Unabhängigkeit ist deshalb stetig gewachsen. Jetzt hat sie ihr gesamtes Leben umgekrempelt. Sie arbeitet an vier Tagen in der Woche, treibt Sport und liest Frauenbücher.
»Wie behaupte ich mich als Frau?« Wie neugeboren fühlt sich Doris in der neubezogenen kleinen Wohnung? Die Sehnsucht nach der vertrauten Beziehung zu ihrem Mann überkommt sie bisweilen. Doris aber bleibt tapfer und ruft ihn nicht an. Fest davon überzeugt, daß er sie ohnehin nicht verstehen würde. Letztes Jahr ist Doris einer politischen Partei beigetreten. An ihrem neuen Frauens-tammtisch ist nur von Männern die Rede. Männer nicht als Compagnon, Freund oder Partner, sondern als Gegner weiblicher Autonomie und Emanzipation. »Diene nie mehr einem Mann« ist der neue Slogan, »auch nicht aus Liebe«. Für den Mann etwas Liebevolles tun gehört nicht mehr in das weite
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