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Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition)

Titel: Wenn ich dich umarme, hab keine Angst: Die wahre Geschichte von Franco und Andrea Antonello erzählt von Fulvio Ervas (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fulvio Ervas
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gekleidete Menschen. Zwischen einem Dorf und dem nächsten ist die Gegend planlos mit Gebäuden übersät, wie übrigens auch in manchen Teilen der USA , doch in Mexiko ist alles unordentlicher, provisorischer, überall sind Drähte gespannt, vor allem Stromkabel, die wie Spinnennetze über den Häusern und den kleinen Zentren hängen.
    Ein paar Stunden lang fahren wir hinter klapprigen Lastwagen her, die Schweine transportieren, und sehen die Schweinehintern in jeder Kurve schwanken. Am Straßenrand werden in großen Aluminiumpfannen Hühner gebraten, es duftet so verlockend, dass wir die Schweine ihres Weges ziehen lassen.
    Mit geschlossenen Augen kosten wir das saftigste Huhn der Welt, ein absoluter Genuss und hygienisch einwandfrei. »Seien Sie vorsichtig unterwegs, Señor«, sagt die Frau, die uns gerade das Huhn gereicht hat. »Weiter vorn kommt eine sehr gefährliche Strecke.« Sie hält sich eine Hand vor den Mund. »Drogenhändler«, flüstert sie. »Die überfallen die Reisenden.«
    »Hoffen wir das Beste«, antworte ich, »bei uns gibt es sowieso nicht viel zu holen.«
    Unsere Reise führt uns an Orte, die wir eigentlich meiden sollten, auch in trostlose, einsame Gebiete am Rande der Landkarten. Doch alle Personen, denen wir begegnen, sind offen, herzlich und freundlich.
    Jetzt habe ich doch glatt das Tanken vergessen, wir sind mitten in einer bergigen Landschaft und fast ohne Benzin. Das Navi informiert uns, dass die nächste Tankstelle hundert Kilometer entfernt ist. Ich schaue Andrea an: Wir sind geliefert!
    Da sehe ich ein paar Arbeiter, die den Straßenbelag ausbessern, halte an und frage nach. Mein besorgtes Gesicht scheint sie zu belustigen. »Nein, der Beruf des Tankwarts floriert nicht unter dieser Sonne«, bestätigen sie und wischen sich die Hände am Overall ab. Sie mustern mich aufmerksam, tauschen Blicke, kommen wohl zu dem Schluss, dass ich vertrauenswürdig bin. »Eine Hoffnung gibt es«, sagen sie dann, geschickt die Spannung steigernd: Nach dreißig Kilometern müsste ein Dörfchen kommen, wo ein Typ wohnen soll, von dem es heißt, dass er mit Benzin handelt. Müsste? Es heißt? »Manchmal ist er da, aber es ist nicht gesagt.« Ich verstehe, dass der Typ offenbar einige Kanister hortet und das Benzin als Kostbarkeit an zerstreute Reisende abgibt.
    Besser als nichts, wenn man nur in Erfahrung bringen könnte, wie viele zerstreute Reisende schon vor uns wegen der Kanister bei dem Kerl angeklopft haben. Vielleicht gibt es Treibstoff im Überfluss oder auch keinen einzigen Tropfen. Womöglich hat der Typ vergessen, die Kanister zu füllen, weil es ihm gerade nicht in den Kram gepasst hat, und sich gesagt, ich pfeife auf den Verdienst. Wie auch immer, wir fahren weiter und hoffen, dass die paar Milliliter Benzin, die uns vermutlich noch bleiben, bis ans Ziel ausreichen. Auch diesmal ist uns Fortuna hold, wir müssen höchstens zwei- bis dreihundert Meter schieben.
    Von einem Dörfchen kann keine Rede sein, es ist kaum eine Handvoll Häuser: Wir fragen nach dem Benzinmann, doch das scheint nicht so einfach zu sein, es ist, als hätten wir gefragt, wo der Handchirurg zu finden sei. Señor hier, Señor da, er ist weggefahren, hat zu tun, keine Ahnung… Am Ende ihrer Überlegungen steht jedoch immer die Gewissheit, dass er zurückkommen muss.
    »Vor Jahresende?«
    »Das bestimmt, Señor.«
    Um diese Zeit, an diesem Ort, das will schon was heißen.
    Mit gekreuzten Beinen sitzen wir auf einer Bank und warten wie zwei flugbegeisterte Piloten, die auf einer Wolke im Nichts gestrandet sind, weil ihr Tank leer ist. Die Stunden vergehen, die Leute sehen uns an, heben bedauernd die Hände und sagen: Er wird schon kommen, der Benzinmann kommt immer. Irgendwann denke ich, dass er sein Benzin vermutlich getrunken hat, oder er ist in die Wüste gefahren und hat ein verschwenderisches Freudenfeuer damit veranstaltet. Verstehe einer die Mexikaner!
    Doch plötzlich taucht ein klappriger alter Lieferwagen mit einem halben Dutzend Kanister auf, die noch aus dem Zweiten Weltkrieg stammen. Am Steuer ein schweigsames Männlein. Er hört uns an, überlegt, nennt einen Preis und wendet sich wieder seiner Arbeit zu, ohne die Antwort abzuwarten. Er verstaut die Kanister unter einem Schutzdach aus Wellblech und Pfählen, das wahrscheinlich seine Wohnung ist. Der Preis ist mehr als doppelt so hoch wie üblich. Sogar fast das Dreifache. Ich möchte gern verhandeln.
    »Señor, das Benzin ist zu teuer.«
    »Wenn es nicht

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