Wenn tausend Sterne fallen: Roman (German Edition)
Presley und den Beatles, auf die Tierbilder, die sie als Kinder aufgehängt hatten. Doch dann dachte sie daran, wie Ellen sie im Stich gelassen hatte, als sie sie am meisten gebraucht hätte, und der sentimentale Moment ging vorüber. Sie gab ihr einen Kuss auf die Wange und verließ das Zimmer.
Zuerst schaltete sie in der Küche eine Kochplatte ein, stellte den Teewärmer darauf und legte ein Geschirrtuch daneben, dessen Zipfel über einem Kanister mit Heizöl hing.
Im Wohnzimmer verstreute sie ein paar Zeitungen, öffnete einen zweiten Heizölkanister, platzierte ein brennendes Holzscheit so, dass der Teppich vor dem Kamin Feuer fing, und rückte dann das Sofa näher heran.
Sie warf Ellens Mantel über, schlang sich ihr Tuch um den Hals und schnappte sich ihre Handtasche. Zu guter Letzt schraubte sie den Deckel von dem Heizölkanister neben dem Herd ab und löschte das Licht. Der Teewärmer auf der heißen Herdplatte qualmte schon.
Draußen blieb sie in der Dunkelheit stehen und wartete, zitternd vor Kälte. Sie betrachtete ihr Auto und dachte wehmütig daran zurück, wie stolz sie darauf gewesen war, als sie es neu gekauft hatte. Doch inzwischen rostete es und war unzuverlässig, und sie war froh, Ellens gepflegten Ford nehmen zu können.
Ein heller Schein glomm hinter den Wohnzimmerfenstern. Das Feuer hatte auf das Sofa übergegriffen. Es war Zeit zu gehen.
Auf halbem Weg zur Straße vernahm sie hinter sich ein gewaltiges, puffendes Zischen. Das musste der erste Heizölkanister gewesen sein. Es wurde plötzlich sehr hell, und sie fürchtete, man würde den Feuerschein meilenweit sehen können, deshalb rannte sie das letzte Stück bis zu Ellens Auto.
Josie fühlte sich beobachtet. Ein Mann starrte durchs Seitenfenster herein.
»Alles in Ordnung mit Ihnen?«, rief er. Es goss immer noch in Strömen, und er hatte die Kapuze seiner wasserdichten Jacke hochgezogen.
Sie drehte das Fenster einen Spaltbreit herunter. »Ich mach nur eine kleine Pause«, behauptete sie.
»Mir kams so vor, als weinten Sie.« Er trat näher heran. »Lust auf einen Tee und einen kleinen Plausch?«
Sie schüttelte den Kopf und drehte die Scheibe wieder hoch. Nur ein freundlicher Fernfahrer, hätte Ellen gesagt. Aber Josie wusste, er war nichts als ein dreckiger Mistkerl auf der Suche nach schnellem Sex.
Als sie die Raststätte betrat, geschah etwas Seltsames. Die Beleuchtung war viel zu grell, und der Lärm der Spielautomaten und die Musik aus den Lautsprechern waren viel zu laut. Alle schienen sie anzustarren.
Panisch lief sie zur Toilette und warf einen prüfenden Blick in den Spiegel. Sie war blass und hatte gerötete Augen, aber sonst fiel ihr nichts Ungewöhnliches auf. Doch die Beklommenheit wollte nicht weichen. Sie kaufte sich einen Becher Kaffee zum Mitnehmen und eine Schachtel Zigaretten und flüchtete in die Geborgenheit ihres Autos.
Schließlich fuhr sie weiter. Plötzlich fiel ihr ein, dass sie sich überlegen musste, wie es weitergehen sollte. Wohin wollte sie überhaupt? Sie war unfähig, eine Entscheidung zu treffen – sie wusste nur eins: Nach der Erfahrung in der Raststätte würde sie unmöglich in ein Hotel oder eine Pension gehen können.
Während sie immer weiter durch den Regen fuhr, wirbelten ihr unheimliche, bruchstückhafte Bilder durch den Kopf. Sie sah Daisy auf der Couch liegen. Das Rot ihrer herabhängenden Haare hob sich gegen das Hellblau ihres Kleides ab. Plötzlich schien sich Daisy in Ellen zu verwandeln. Dann tauchte das Gesicht ihrer Mutter vor ihr auf, die Zähne gefletscht wie ein wildes Tier. Gesichter von Männern aus ihrer Vergangenheit zogen an ihr vorbei: Mark, Beetle und unzählige andere, deren Namen sie längst vergessen hatte.
Als sie Exeter schon ein ganzes Stück hinter sich gelassen hatte, war sie so aufgewühlt, dass sie am Straßenrand hielt und erwog, umzukehren und nach Hause zu fahren. Sie konnte sich nicht einmal mehr erinnern, was sie hierher geführt hatte. Doch in der Straßenmitte verlief eine Leitplanke – sie konnte nicht umdrehen.
Also fuhr sie weiter. Am Armaturenbrett leuchtete ein rotes Licht auf. Sie starrte immer und immer wieder darauf, bis sie endlich begriff, dass es die Benzinuhr war. Sie musste tanken.
Sie war ganz allein unterwegs; ihre Scheinwerfer waren die einzigen, die den Regen ausleuchteten. Da streifte sie auf einmal der Gedanke, sie würde die Lichter überholen, wenn sie zu schnell fuhr, also drosselte sie das Tempo. Aber je langsamer sie
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