Wer aaahh sagt...
Jahr zu Hause sterben, hatte ich schon gute Bekanntschaft mit Mr. Aitcheson geschlossen, dem Chef des Instituts, der mich immer mit dem Ausdruck eifriger, ehrerbietiger Hilfsbereitschaft empfing. Ich glaube, ein erstklassiger Hehler verhält sich ähnlich, wenn er seinen Lieferanten gegenübertritt.
Mr. Aitcheson war ein großer schlanker Mann mit hellen Augen und Koteletten, die so solide und dekorativ aussahen wie zwei Sarggriffe. Er saß in seinem Büro, inmitten von auf Hochglanz polierten, mit Leder bezogenen Mahagonimöbeln und Blumenschalen aus geschliffenem Glas mit weißen Rosen drin. Sogleich führte er mich in eine kleines Zimmer. An den Wänden hingen Bilder, auf denen die feierlichen Begräbnisse früherer Zeiten dargestellt waren, als bedeutende Kunden noch von schwarzen Pferden, die an Zahl ausgereicht hätten, um die Artillerie nach Mafeking zu transportieren, zur letzten Ruhe gezogen wurden.
»Kein Problem«, antwortete er lässig, als ich ihm Jeffs Wünsche darlegte. »Jedes Beerdigungsinstitut macht das. Eine Tasse Tee, Herr Doktor? Oh, ja, jedes Jahr sterben im Urlaub ein paar tausend Menschen«, klärte er mich auf. »Das ist fast schon zu erwarten, nicht wahr, Herr Doktor? Ich meine, wenn die Leute plötzlich tauchen gehen und skilaufen, ganz zu schweigen von all dem Pernod und Ouzo.« Er grinste. »Im August sind die Laderäume der Chartermaschinen manchmal zum Bersten voll mit derlei Frachtgut. Danke, meine Liebe«, sagte er zu dem hübschen blonden Mädchen im schwarzen Kleid, das Tee und eine Biskuitrolle brachte.
Ich fragte, was es mit dem Wunsch, in die Heimat zurückgebracht zu werden, auf sich habe.
»Wie Sie sich vielleicht denken können, Herr Doktor, widerstrebt es dem Sinn für Recht und Anstand der Familie des Verstorbenen, ihn an der Costa del irgendwas zurückzulassen. Ich meine, im Urlaub will man sich doch amüsieren, oder? Aber wir werden damit fertig. Heutzutage ereignen sich viele aufregende Dinge in der Bestattungsbranche«, informierte er mich. »Seltsam, aber es sind die Polen, die uns im Transport von Verstorbenen um Längen voraus sind. Haben Sie schon mal etwas von Bongo gehört?«
Ich runzelte die Stirn. »Eine Show im West End?«
»Bongo ist im Polnischen die Abkürzung für das Amt zur Erhaltung ausländischer Gräber«, erzählte er weiter. »Es untersteht der Regierung. Wie Sie wahrscheinlich wissen, sind viele Polen im Lauf der Jahre aus verschiedenen Gründen ins Ausland gegangen. Bevor sie sterben, hinterlassen sie die Anweisung, sie nach ihrem Tod in die alte Heimat zu überführen. Sie sind wunderbar patriotisch, die Polen. Ich glaube allerdings nicht, daß sie heutzutage nach Polen zurückkehren würden, wenn sie dort leben müßten. Daher ist dies die bequemste Art, ihre Heimatverbundenheit auszudrücken. Bongo fliegt jährlich fünfhundert über den Eisernen Vorhang, sie verdienen damit ein Vermögen an Dollar.«
Ich verlieh meiner Verwunderung darüber Ausdruck, daß kapitalistische Prinzipien so mühelos auf die Ex-Ex-Polen angewandt werden konnten.
»Wissen Sie, es ist in keiner Währung billig, Verstorbene in ihre Heimat zurückzubringen«, versicherte er mir. »Allein das Ausfüllen der Formulare dauert eine Woche. Jedes Land hat andere Bestimmungen. Nehmen wir zum Beispiel Spanien. Ich frage Sie, ist es nicht schon kompliziert genug, dort einen Autounfall zu haben? Und dann erst die Exportgenehmigungen!«
Würde ich Doktor Quaggy den Gefallen tun und mich in die Algarve zurückziehen, überlegte ich, dann käme ich schließlich als bürokratisches Pendant zu einem Faß Portwein nach Hause zurück.
»Es kostet alles viel Zeit«, erklärte er gequält. »Der Verstorbene muß eine Stunde vor den übrigen Passagieren an Bord gebracht werden, denn viele Leute sind ja an sich schon nervös, wenn sie ein Flugzeug besteigen. Und man muß den Toten einbalsamieren, sonst geben ihm die Gepäckträger für ein kleines Schmiergeld gleich den Rest, wie?«
Ich machte Mr. Aitcheson den Vorschlag, Jeff im St. Ethelnoth-Hospiz zu besuchen, um die organisatorischen Fragen für den Ernstfall zu regeln. Er versprach, Jeff am Nachmittag des nächsten Tages zwischen zwei Beerdigungen aufzusuchen.
Ich verabschiedete mich und dachte eingehend über einen Satz C. P. Snows nach: »Dieser Körper ist nicht, kann nicht alles sein, was ich bin - das ist der Schrei der Menschen.«
Leider - ich bin da traurigerweise derselben Meinung wie die meisten anderen Ärzte - ist
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