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Wer aaahh sagt...

Wer aaahh sagt...

Titel: Wer aaahh sagt... Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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los?« fragte Mr. Wooljohn spöttisch. »Ich habe bei der Krönung des Königs barfuß Zeitungen verkauft.«
    »Wirklich?« fragte ich interessiert. »Welcher König war das?«
    »Er hatte einen Bart.« Hustend stieß er eine Rauchwolke aus und fügte bescheiden hinzu: »Freitag in einer Woche werde ich hundert.«
    »Allerhand! Das sieht man Ihnen wirklich nicht an«, erklärte ich nachdrücklich. »Ihnen wird die außerordentliche Ehre eines Telegramms der Königin zuteil werden.«
    »Ein Küssogramm von einer flotten Biene mit Netzstrümpfen wäre mir lieber.«
    »Ich bin sicher, daß sich auch das arrangieren ließe. Worauf führen Sie Ihr gesegnetes Alter zurück?«
    Er zuckte die massigen Schultern.
    »Auf ein natürliches Leben, glaube ich«, stellte er fest. »Ich esse immer das, worauf ich Appetit habe. Es ist eine Schande, daß die Schweinsfüße nicht mehr das sind, was sie früher einmal waren, ganz zu schweigen von den Fleischpasteten - der Bratensaft war wie Sirup. Jeden Tag ein paar Bier, das spült die Nieren durch, nicht wahr?«
    »Das tut es«, stimmte ich zu.
    Er betrachtete den zerknitterten, feuchten Zigarettenstummel.
    »Diese Glimmstengel können einen ins Grab bringen«, meinte er, »aber mich nicht. Und ansonsten mache ich mir keine Sorgen.«
    Ich fand es unhöflich, ihm zu widersprechen, und fragte: »Sind Sie verheiratet?«
    Er nickte. »Ja, oft, aber nie auf dem Papier.«
    Er zog eine halbe Minute lang an seiner Zigarette. Dann wischte er sich mit dem Ärmel über die knollenartigen Augen und überlegte: »Ich glaub, regelmäßig eine Mieze zu haben, hält einen Burschen jung und bringt ihn auf keine dummen Gedanken. Was meinen Sie, Doktor?«
    »Das ist die Kernaussage vieler moderner Sexhandbücher.«
    »Ich mußte das allerdings vor ein paar Jahren aufgeben, weil ich nicht mehr so beweglich war.«
    Ich drückte mein Bedauern aus.
    »Jemand hatte mein Fahrrad geklaut«, erklärte er mißmutig.
    Ich gab ihm die Anweisung, zu einer Blutuntersuchung ins Krankenhaus zu fahren.
    »Das mit dem Fahrrad war wirklich zu ärgerlich«, spann er seine Gedanken melancholisch weiter. »Ich meine, jeder Mann möchte noch ein bißchen Spaß haben, bevor es zu spät ist, auch nur einen Gedanken mehr daran zu verschwenden.«
    Ich nickte. »Das nennt man Torschlußpanik.«
    »Ich dachte mir, daß es das sein müßte«, stimmte er zu.
    Als ich zum Golfclub fuhr, überlegte ich, daß jeder von uns, trotz aller Wunder der modernen Medizin, eine innere Uhr hat - und bei einigen wenigen tickt diese Uhr aus unerklärlichen Gründen ein ganzes Jahrhundert lang. Diesen Aphorismus hatte ich der Ärztezeitung bei Emeritus Regius, Professor der Medizin in Oxford, gelesen, dessen Uhr gewiß noch eine stattliche Zahl von Jahren zu ticken hat.
    An der Clubbar traf ich Arthur Crevin, einen kleinen dicken Mann mit rosiger Gesichtsfarbe, grauen Haaren und einem borstigen Schnurrbart. Er war der Herausgeber des Churchford Echo. Ich erwähnte, daß zwei meiner Patienten aus Churchford, die ich in den letzten beiden Tagen behandelt hatte, demnächst die interessante Zahl von je hundert Lebensjahren erreichen würden.
    Er wurde plötzlich ganz aufgeregt und verschüttete seinen Pink Gin.
    »Hier stehe ich und jammere, daß wir seit der Affäre mit dem Schuldirektor im Busdepot keine anständigen
    Neuigkeiten mehr gehabt haben, und Sie kommen daher und schütteln die Schlagzeilen nur so aus dem Ärmel. Gleich zwei unserer Mitbürger werden am selben Wochenende die ältesten Einwohner von Churchford? Wissen Sie, was ich tun werde? Ich werde eine nette kleine Party veranstalten, mit Sekt und Brötchen im Churchford Arms Hotel. Oh, die Story wird super. Voll Stolz werde ich die gesündeste Stadt unseres Landes präsentieren. Einmalige Publicity! Die Handelskammer läßt sicherlich ein paar tausend Pfund für die Werbung springen.«
    Ich murmelte, daß es den beiden alten Leuten vielleicht lieber wäre, wenn der Tag ein Geheimnis zwischen ihnen und der Königin bliebe.
    »Würden Sie das wollen?« fragte Arthur und zog sein Notizbuch hervor. »Man wird nur einmal hundert, wissen Sie. Oh, sie sind Freaks, aber geehrte Freaks. Das ist unmittelbare Ahnenverehrung.«
    Das Echo erschien zwei Tage später. Die Bilder von Rosie und Harold bedeckten die halbe Titelseite unter der Schlagzeile: Wir sind zweihundert! In dem Artikel, der den Rest der Seite füllte, wurde ich als der Arzt der beiden erwähnt. Ich empfand das als nützliche

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