Wer Blut vergießt
…«
Melody wollte das Band noch einmal zurückspulen, doch Gemma sagte: »Nein, lass weiterlaufen. Wir wollen mal sehen, was da sonst noch passiert. Bis jetzt wissen wir nur eines mit Sicherheit: dass Arnott das Pub zusammen mit einer zweiten Person verlassen hat, vermutlich einer Frau.«
Das Band lief weiter, und gleich darauf kam eine weitere Gruppe aus dem Lokal. Sie standen noch eine Weile herum und verstreuten sich dann in verschiedene Richtungen; manche gingen nach links in Richtung Westow Street, andere nach rechts zur Belvedere Road. Einer, vermutlich ein Mann, überquerte mit hochgeschlagener Kapuze und gesenktem Kopf die Kreuzung, doch dann verschluckte ihn der Nebel.
Dann bog eine Gestalt um die Ecke – Melody entsann sich, dass das Pub dort einen Seitenausgang hatte –, eine Gestalt, die sie sogleich wiedererkannte. Andy Monahan, bekleidet mit einer Caban-Jacke, ohne Kopfbedeckung, den Gurt des Gitarrenkoffers über die Schulter geschlungen und einen Verstärker auf einem Rollwagen hinter sich herziehend. Bei ihm war ein dünner, dunkelhaariger junger Mann, der einen längeren, schmaleren Instrumentenkasten trug und ebenfalls einen Verstärker zog.
Ein weißer Ford Transit hielt vor dem Pub, und als der untersetzte Fahrer ausstieg, wurde Melody bewusst, dass sie ihn schon in der Gruppe gesehen hatte, die in Richtung Belvedere Road gegangen war. Er unterhielt sich mit Andy und dem dunkelhaarigen Typ, ging dann um die Ecke zum Seiteneingang und kam mit einem Schlagzeug beladen zurück. Alle drei luden ihre Instrumente und die Verstärker in den Bus und schienen dann noch eine Weile über etwas zu debattieren.
Dann stieg der Mann, in dem Melody den Schlagzeuger vermutete, auf der Fahrerseite ein, der Dunkelhaarige auf der Beifahrerseite, und beide knallten mit, wie es schien, unnötiger Wucht ihre Türen zu. Der Bus raste davon, und Andy Monahan blieb mit seiner Gitarre am Bordstein zurück. Einen Augenblick später hielt ein Mini Cooper vor dem Pub. Andy beugte sich ins Fenster und sprach mit dem Fahrer. Sie sah, wie er den Kopf schüttelte und eine Geste machte, die Unwilligkeit oder Unzufriedenheit auszudrücken schien. Doch dann stieg er ein, der Mini schoss um die Ecke in die Westow Street und verschwand.
Melody lehnte sich zurück, erfüllt von einem Gefühl der Erleichterung, das sie sich selbst nicht recht erklären konnte. »Das scheint zu bestätigen, was Andy – der Gitarrist – und sein Manager mir gestern erzählt haben. Trotzdem werde ich überprüfen, was für einen Wagen der Manager fährt. Und ich würde gerne mit den anderen Bandmitgliedern sprechen. Sie haben sich wegen irgendetwas gestritten, und ich wüsste gerne, was es war.«
Kincaid klingelte an Dougs Haustür in Putney und stampfte mit den Füßen, um sich zu wärmen, denn es war ein eisig kalter und – bislang – klarer Morgen. In der Hand hielt er eine Papiertüte vom Jolly Gardeners um die Ecke, aus der ein verlockender Duft nach heißen Beefburgern aufstieg.
Er wollte eben ein zweites Mal klingeln, als er Doug rufen hörte: »Moment! Ich komme schon.« Dann klickte das Schloss, und die Tür ging auf.
Kincaid musterte seinen ehemaligen Partner – die zerrauften Haare, die schweren Lider, den Gipsfuß – und sagte: »Du siehst ja fürchterlich aus.« Er hielt die Tüte hoch. »Dachte mir, du hast vielleicht Hunger.«
»O Gott.« Doug trat humpelnd zur Seite, um Duncan hereinzulassen. »Ich bin schon halb verhungert. Es ist nichts Essbares im Haus. Melody hat heute Morgen angeboten, mir etwas zu besorgen, aber ich wusste, dass sie sich schon sämtliche Beine ausgerissen hatte, um mich aus dem Krankenhaus abholen zu können, also wollte ich sie nicht noch mehr aufhalten.«
Kincaid folgte ihm ins Wohnzimmer, wo Doug sich wieder in seinen Sessel manövrierte und seinen geschienten Knöchel auf einen Polsterhocker bettete. Im Fernseher lief ohne Ton eine alte Folge des Automagazins Top Gear , und Kincaid hatte den Verdacht, dass Doug eingenickt war. Dann entdeckte er die umgekippte Leiter und die verschüttete Farbe. »Ach du liebes bisschen!«
Doug seufzte missmutig. »Ich fürchte, ich werde mich bis ans Ende meiner Tage für meine Blödheit entschuldigen müssen. Das einzig Gute ist, wie Melody meinte, dass ich den Teppichboden sowieso rausreißen wollte. Übrigens, ich dachte, du müsstest auf die Kinder aufpassen, wo Gemma doch jetzt diesen großen Fall hat?«, fügte er hinzu, während Kincaid einen anderen
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