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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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Julia da anführte, aber sollte man gleich Beweise daraus machen? Und Maxime war bestimmt nicht an dem Gemetzel beteiligt gewesen.
    Er spürte eine Welle in seinem Rücken. Als habe das Metall des Autos plötzlich eine andere Spannung bekommen. In dem Moment riss Julia die Augen auf.
    »O Mist! Der macht sich vom Acker!«
    Der Kommissar fuhr herum.
    Maxime rannte zu seinem Scooter.
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    »Nimm das Auto! Schalte dein Navi ein! Er wird versuchen, über die Porte de la Ligne abzuhauen!«
    Ohne die Antwort abzuwarten brüllte Julia:
    »Maxime! Bleib stehen!«
    Völlig sinnlos. Der Jugendliche hatte bereits seinen Helm aufgesetzt und legte einen Blitzstart hin.
    Die Polizistin rannte los. Sie trug Sportschuhe und war top in Form, daher standen ihre Chancen besser als die eines müden Mittvierzigers. Und sie hatte noch einen Vorteil vor François: Sie kannte die Gegend.
    Schnell peilte sie die Lage.
    Nachteil: Dreißig Meter trennten sie noch von dem Flüchtenden, kein Läufer konnte es mit einem Roller aufnehmen.
    Vorteil: Viele Leute in der Stadt. Der Scooter würde Probleme haben, sich zwischen den Passanten hindurchzuschlängeln.
    Oberste Pflicht: Ihn auf keinen Fall aus den Augen lassen.
    Maxime bog nach rechts ab. Fünf, sechs Sekunden lang hatte sie ihn nicht mehr im Blick. Ihr einziger Anhaltspunkt war das scheppernde Geräusch des Auspuffs. Julia stürmte in die Rue de l’Amelier. Läden, Verkaufsstände, schwarz vor Menschen. Sie suchte die Menge ab. Nichts. Dann ein gelber Punkt, etwa fünfzig Meter weiter. Der Helm.
    Sie rannte los, rempelte gegen Schultern, stieß mit anderen zusammen, wich ihnen aus. Die Verfolgungsjagd bekam etwas von einem Hindernislauf. Ihr Zielpunkt war der Farbfleck, der sich im Zickzack durch den Sturm bewegte.
    Dann plötzlich nichts mehr. Eine Woge anonymer Blicke, die sie besorgt anstarrten. Sie rannte weiter. Ihr Herz pumpte, sie keuchte.
    Eine Kreuzung. Drei Möglichkeiten. Mist! Sie spitzte die Ohren. Da vorn. Ja. Er nahm den einzig möglichen Weg. Er fuhr nach Norden auf die Porte de la Ligne zu.
    Die junge Frau rannte wieder los. Holte weit aus, hielt den Rücken gerade, kontrollierte ihre Atmung. Sie begann die Situation aufregend zu finden. Ihre Schläfen pochten, das Jagdfieber ließ sie erschaudern.
    Eine neue Straße. Lächeln. Keine zehn Meter vor ihr ein Menschenauflauf. Jemand lag am Boden. Maxime, der seinen Scooter nur mit Mühe wieder auf die Räder bekam.
    Julia streckte ihren Ausweis vor und schrie:
    »Polizei! Haltet ihn!«
    Zwei Männer stürmten los. Nicht schnell genug. Der Flüchtende war ihnen schon entwischt.
    Sie rannte wieder los. Der Roller startete voll durch, die Leute sprangen auseinander. Rue Vieuneuve. Rue de la Forêt. Rue Saint-Joseph. Vor ihr das Motorengeknatter, immer leiser.
    Ohnmachtsgefühle. Wut. In weniger als zwei Minuten würde er die Autobahn erreichen.
    Keine Panik. Maxime fuhr direkt in die Falle. Die Polizistin holte ihr Handy heraus.
    »François! Wo bist du?«
    »Ich weiß nicht. Auf einer großen Avenue.«
    »Hast du dein Navi nicht eingeschaltet?«
    »Doch, aber das hat mich in die falsche Richtung geschickt.«
    »Siehst du den Fluss?«
    »Nein. Ich habe die Festungsmauern auf der Linken.«
    Elendes Scheißteil. Der Satellit hatte ihn offenbar außen herum geschickt, auf die Ringstraße.
    »Fahr weiter geradeaus. Dann kommst du zur Porte de la Ligne. Fahr in den Festungsmauerring hinein. Ich treibe ihn in deine Richtung.«
    Handy zugeklappt. Weit vor ihr, sehr weit, das schrille Aufjaulen des Rollers.
    Beschleunigung. Julia spürte, wie sie Flügel bekam.
    Letzte Kreuzung. Letzte Zielgerade. Eine schöne, von massiven Gebäuden gesäumte Straße, und am Horizont ein Steinbogen aus der galloromanischen Epoche. Auf der Linie die Gestalt des über seinen Lenker gebeugten Jugendlichen. Maxime war als Geisterfahrer unterwegs. Wie ein Akrobat fuhr er im Slalom durch die Autoreihen. Noch über zwanzig Meter, dann lockte die Freiheit. Und es war immer noch kein Autoscheinwerfer in Sicht.
    In einem Anfall von Wut legte Julia einen Sprint hin. Ihre Muskeln brannten wie Feuer. Sie spürte, dass ihre Lunge nicht mehr lange durchhalten würde.
    Zehn Meter. Der Roller würde ihr entkommen. Dann wäre alles vergebens gewesen …
    In dem Augenblick, als er die Porte erreichte, wurde die Landschaft von blauen Lichtblitzen zerhackt. Wie ein Echo hallte die Polizeisirene von den Wänden des Bogens zurück. Der 306er tauchte auf und bremste mit

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