Wer Boeses saet
quietschenden Reifen.
Mehrere Bilder fielen Julia auf. Der Scooter, in einem eigenartigen Winkel, der Lenker ein paar Zentimeter über dem Asphalt. François, der mit der Waffe in der Hand aus dem Auto sprang. Rundherum entgeistert blickende Passanten.
Eine Sekunde lang stand die Zeit still. Der Jugendliche stellte seine Maschine wieder auf. Er lenkte das Fahrzeug nach links ins Blumenbeet. Erde wurde hochgeschleudert, ein Regen von Blumenblättern.
Mit voll aufgedrehtem Motor machte er einen Bogen um den 306er und fuhr durch die Ringmauer.
49
Neuer Blickwinkel.
Eine Fahndung wurde eingeleitet, Straßensperren wurden errichtet, Bahnhöfe und Flughäfen überwacht.
Die Verfolgungsjagd begann.
Diese lustigen Spielchen hatte François Devaux überlassen. Erst hatte der Cowboy getobt, dann wurde ihm durch einen Anruf aus Paris ein Maulkorb verpasst. Gleich darauf ergriff Hénon die Gelegenheit beim Schopf und stellte erst einmal ein paar Dinge klar: Hier handle es sich um eine komplexe Angelegenheit, drei Morde in drei verschiedenen Städten, verübt von einem Serientäter. Der Polizeidirektor zähle nicht nur auf die Diskretion der Einheiten vor Ort, sondern auch auf deren Zusammenarbeit. Ab jetzt übernehme Marchand offiziell die Leitung der Operationen.
Der Profiler hatte den Löwenanteil aufgebrummt bekommen. Die Analyse der Anrufe, die Maxime getätigt hatte, das Abhören seines Telefonanschlusses und die Durchführung einer Hausdurchsuchung. Nachdem er die Rückverfolgung der Telefonverbindungen bei der Kripo Nanterre in Auftrag gegeben hatte, machte er sich auf den Weg zu dem Jugendlichen nach Hause. Julia begleitete ihn, keiner hatte etwas dagegen einzuwenden gehabt.
Sie parkten vor dem Einfamilienhaus. Kein Mégane in Sicht. Und ein Scooter schon gar nicht. François klingelte auf gut Glück. Keiner da. Bestimmt ging Galthier jetzt wieder zur Arbeit, nachdem man ihn aus dem Polizeigewahrsam entlassen hatte.
Sie betraten das Haus, hatten ein unangenehmes Gefühl dabei, als wäre ein Albtraum in eine Endlosschleife geraten. Drei Tage zuvor war François über dasselbe Parkett gegangen, hatte sich auf dasselbe rehbraune Sofa gesetzt und denselben Geruch nach allzu frischem Holz gerochen. Damals war er hinter dem Vater her gewesen. Alles machte ihn verdächtig, er hätte gut und gerne ein Killer sein können.
Jetzt ergab nichts davon mehr einen Sinn.
Die Fährte führte zu einem Jugendlichen, dessen Schuld unwahrscheinlich erschien. Zu viele Parameter liefen dieser Hypothese zuwider. Zunächst einmal sein Alter. Das perverse Konstrukt, das der Mörder sich ausgedacht hatte, konnte nur von einem Erwachsenen stammen. Dann der Wohnort. Ein cross killer tötet nie in der Nähe des eigenen Zuhauses, und wenigstens eines der Opfer wohnte in seiner Stadt. Außerdem hätte er niemals nach Avignon, Grenoble, Bagnolet und vielleicht auch Limoges fahren können, nur mit einem Scooter. Und noch dazu in weniger als vier Tagen! Selbst wenn er den Zug genommen hätte … wie hätte er das Material transportieren sollen?
Und dann gab es da diesen Anruf bei Lucie gegen dreiundzwanzig Uhr. Die Verbindung war über eine Prepaid-karte zustande gekommen, wahrscheinlich über die, die der Mörder gekauft hatte.
Und dennoch …
Alles, was Maxime sagte und tat, machte ihn verdächtig. Dass er nicht einmal eine Stunde vor dem Mord mit dem jungen Mädchen zusammen gewesen war, die Lügen, seine Flucht ….
Für François ließ sich das alles durch eine Hypothese erklären. Eine Hypothese, der Julia keinen Glauben schenkte, die ihm aber tragfähig erschien: Maxime war ein Komplize. Er war bei dieser Jagd vielleicht nur der Treiber, genau wie Natascha in Paris.
Sie liefen nach oben in den ersten Stock. François ging langsam, nahm die Atmosphäre in sich auf. Ruhig, sauber, gesund. Rechts hinter dem Treppenabsatz lag Maximes Zimmer. Bei ihrem Besuch hatten die Kollegen von der Regionalabteilung der Kripo sich darum überhaupt nicht gekümmert. Oder nur ganz oberflächlich. Damals hatte es noch keinen vernünftigen Grund für eine Durchsuchung gegeben.
Sie betraten die Höhle des Jungen. Es roch immer noch nach kaltem Tabak. Die Zugmodelle standen in den Regalen aufgereiht, glänzendes Plastik, silbriges Chrom. Der Profiler sah sich die Autoposter genau an. Wundervolle, wie lebendig wirkende Aufnahmen. Maxime hatte Talent, daran gab es keinen Zweifel. Da war es nicht verwunderlich, dass Lucie ihm vertraut hatte.
»Womit
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