Wer Boeses saet
Kennzeichen?«
François reichte ihr die Liste. Sie warf einen kurzen Blick darauf und sagte mit geschäftstüchtiger Miene:
»Das haben wir gleich.«
Sie beugte sich über ihren Schreibtisch und überflog das Durcheinander. Papiere flogen in alle Richtungen, während sie vor sich hin murmelnd die Stapel durchwühlte.
»Ich hab sie heute Morgen noch gesehen. Da bin ich mir ganz sicher. Ich hatte doch alle Breaks auf einen Stapel gepackt …«
Sie fuhr mit der Sucherei fort, während die Polizisten einander besorgt ansahen. Schließlich zog sie wider Erwarten einen Packen aus dem Chaos heraus.
»Ah! Wusste ich’s doch, dass sie da sind.«
Sie ließ sich auf ihren Stuhl fallen und sah sich die Akten eine nach der anderen an. Dann wählte sie drei aus und hielt sie ihnen stolz hin.
»Weißer Mégane, Modell Break. Alle innerhalb der letzten zwölf Monate bei der Polizei im Departement Vaucluse angemeldet.«
François nickte, er hatte sich schon ans Werk gemacht. Das erste Fahrzeug war von einer Frau gekauft worden. Rathausangestellte, kreditfinanzierter Kauf. Passte nicht recht zum Täterprofil. Das zweite war ein Geschäftswagen und schien auch nicht zu passen. Blieb das dritte. Der Käufer hieß Gérard Galthier, zweiundfünfzig Jahre alt, Führungskraft in einem großen IT -Unternehmen, wohnhaft in Avignon: 12, Rue du Petit-Rhône. Er hatte bar bezahlt für ein Modell, das im Juni 2008 bestellt und drei Wochen später geliefert worden war.
Der Kommissar geriet ins Träumen. Sollte das Léo sein? Plötzlich kam ihm das zu einfach vor. Er bat Josie, ihm ein paar Kopien zu machen, und nahm Julia beiseite.
»Wir müssen zwei Dinge überprüfen lassen. Einmal die Datenbank der gestohlenen Fahrzeuge und dann die der polizeilich gemeldeten Neuzulassungen. Könnten Sie sich darum kümmern?«
»Ich rufe sofort dort an.«
Sie ging zu einem der Sofas. Der Kommissar drehte sich zu der Verwaltungsangestellten um und versuchte, ihr noch ein paar Informationen zu entlocken.
»Gérard Galthier. Der Fahrzeugschein wurde im Juli 2008 ausgestellt. Erinnern Sie sich an ihn?«
»Kann ich gar nicht. Ich bekomme die Kunden nicht zu Gesicht. Man gibt mir den Papierkram, und ich regele das mit dem Fahrzeugschein. Was den Kundenkontakt angeht, da müssen Sie sich mit den Verkäufern kurzschließen.«
»Wer hat dieses Auto verkauft?«
Sie kramte ein bisschen in der Akte herum.
»Michel.«
»Und wer ist das?«
Sie machte noch einen internen Anruf. François fühlte sich wie eine Flipperkugel, die von einer Bande zur anderen geschossen wird. Josie legte wieder auf, ohne ein Wort gesagt zu haben.
»Seine Leitung ist besetzt.«
»Wo ist sein Schreibtisch?«
»Vor der Theke der Werkstatt. Sie werden ihn leicht erkennen. Er sieht aus wie Al Pacino.«
François nahm die Fotokopien und bedankte sich. Er kehrte in das Aquarium zurück und sah Julia mit dem Handy am Ohr im Entspannungsbereich sitzen. Er machte ihr kurz ein Zeichen und steuerte auf den Herrn namens Michel zu.
Der Verkäufer sprach gerade mit einem jungen Paar und hatte ein gewinnendes Lächeln aufgesetzt. Er war dunkelhaarig, hatte ein recht markantes Gesicht und sah in seinem Nadelstreifenanzug aus wie aus dem Ei gepellt. Al Pacino für die Armen …
»Kann ich Sie sprechen?«
»Also ich bin gerade …«
François flüsterte ihm in Ohr:
»Polizei … Wird nicht lange dauern.«
Der Angestellte murmelte eine Entschuldigung und folgte der Aufforderung. Die Kunden musterten den Polizisten und wussten nicht recht, was sie davon halten sollten. Weil er einen so autoritären Ton angeschlagen hatte, dachten sie wohl, er habe Vorrang.
»Sie vermasseln mir noch meinen Verkauf mit Ihren Geschichten.«
»Die kommen wieder. Und jetzt hören Sie mir zu, und versuchen Sie sich zu erinnern. Sie haben im Juni letzten Jahres einen weißen Mégane Break verkauft. Ihr Kunde heißt Galthier. Er ist etwa fünfzig Jahre alt und …«
»Ja, ich erinnere mich sehr gut.«
»Beschreiben Sie ihn mir.«
»Ein großer Kerl mit Glatze. So vom Typ harter Geschäftsmann. Er hat mir vier Rabattpunkte abgehandelt und einen Radio- CD -Player von Blaupunkt.«
Die Beschreibung passte. Kahlköpfig, kräftig. Genau wie die alte Dame beobachtet hatte. Sie brauchten sich nicht mehr die Mühe zu machen herauszufinden, ob das Auto gestohlen oder weiterverkauft worden war. Hier hatten sie den Fahrer.
François packte Julia am Ärmel und zog sie zum Ausgang.
»Sie brauchen nicht weiter
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