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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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Beamtin entgegen. Unter dem vorschriftsmäßigen Helm lugte ein Pferdeschwanz hervor.
    »Was machen Sie denn da?«
    »Kommissar François Marchand.«
    Sie stammelte:
    »Entschuldigen Sie, Monsieur. Das konnte ich nicht wissen.«
    »Wer ist der zuständige Beamte?«
    »Er steht dahinten. Beim Ofen.«
    Sie deutete auf einen großen, mageren Mann, der eine Bomberjacke mit Fellkragen trug. Der Profiler bedankte sich bei ihr mit einem Nicken und ging auf den Beamten zu.
    »Marchand. Von der Zentrale zur Bekämpfung von Gewalt gegen Personen. Mir wurde gesagt, Sie seien hier zuständig?«
    Sein Gegenüber war schlecht rasiert, das Haar war zu lang, und im Mundwinkel hing eine Zigarette. Er sah aus wie ein echter Junkie, was ideal ist, wenn man in verrufenen Gegenden ermitteln muss. Er machte die Kippe aus und reichte François die Hand.
    »Leutnant Aubert. Freut mich, Sie zu sehen, Kommissar. Kellermann hat Sie mir schon angekündigt.«
    François stellte ihm schnell noch Julia vor und kam dann gleich zur Sache.
    »Wie weit sind Sie?«
    »Noch bei der Ernte.«
    Marchand warf einen Blick auf den Tatort. Die Techniker von der Spurensicherung waren noch immer konzentriert damit beschäftigt, das Gelände zu durchsuchen. Sie prüften die kalte Erde, stellten hier und da kleine Fähnchen auf, entnahmen Proben und steckten sie in Plastiktüten. Keiner hatte auch nur den Kopf gehoben.
    »Ist es hier passiert?«
    »Drinnen.«
    »Könnten wir uns das ansehen?«
    Aubert öffnete eine Tür aus mattem Stahl, an der ein kleines Schild mit Totenkopf angebracht war. Darüber stand in Rot: Zutritt nur für Befugte.
    »Sie brauchen nicht aufzupassen, der Bereich ist schon untersucht worden. Und ich versichere Ihnen, wir haben nichts gefunden.«
    Ein Ofen.
    Das Feuer.
    Wie ein symbolisches Augenzwinkern.
    Der Grenobler Polizist knipste eine Taschenlampe an und ging voraus. François folgte, Julia im Schlepptau. Es roch nach alten Mülltonnen. Dämmerlicht. Sie liefen über einen schmalen Metallsteg, der sich in den Eingeweiden des Monsters verlor. Die mit schwarzer Farbe bemalten Fenster ließen ein bleiches Licht ins Innere fallen. Man konnte nicht alles mit einem Blick überschauen, spürte aber, dass es sich um eine komplexe Anordnung aus Röhren, Kabeln und Leitungen handeln musste.
    Schon bald blieb der Polizist stehen. Sie befanden sich auf einer bequemen Plattform, einem Kreis von etwa drei Metern Durchmesser mit einem soliden Sicherheitsgeländer.
    »Ist es hier passiert?«
    »Da unten.«
    François beugte sich vor. Leere. Ein über zwanzig Meter tiefes Loch, eine Art Grube, die bis auf die Grundmauern des Gebäudekomplexes hinabführte.
    »Was ist das?«
    »Das ist der Lagerbereich«, erklärte Aubert. »Die Abfälle wurden hier zwischengelagert. Mit Hilfe eines hydraulischen Schraubenwindensystems konnte man …«
    »Können wir runtergehen?«
    »Natürlich.«
    Er entriegelte ein Schnappschloss. Ein Teil der Schranke schwang zurück und gab den Durchgang frei. Dann tauchten im Strahl der Lampe Metallstangen auf. Sie waren schmal, in den Beton eingegossen und bildeten eine rudimentäre Leiter, die in der Nacht verschwand.
    »Es ist ein bisschen halsbrecherisch. Warten Sie, bis ich unten bin. Ich werde Ihnen leuchten.«
    Aubert klemmte sich die Taschenlampe zwischen die Zähne und tauchte in den Schlund hinab. François beobachtete seinen Abstieg und suchte gleichzeitig die Dunkelheit ab, in der die Lampe einen zitternden Lichtstrahl warf. Eine Minute später schallte die Stimme des Kripobeamten aus dem tiefen Loch herauf.
    »Los, kommen Sie!«
    François ging als Erster runter. Trotz des Lichtstrahls hatte er Mühe, die Metallsprossen zu erkennen. Er tastete sich mit dem Fuß voran, fand auf einer Sprosse Halt und stieg hinunter. Zwei Meter. Drei. Julia war direkt über ihm. Er spürte, dass sie auf ihn wartete, dass sie ihr Tempo drosselte, um ihm nicht auf die Finger zu treten.
    Der Abstieg war mühsam. Die Leiter war von einer glitschigen Moosschicht bedeckt. Man sah fast nichts. Schließlich bekam der Profiler festen Boden unter die Füße. Aus dem Geräusch seiner Absätze schloss er darauf, dass es ein Metallboden sein musste.
    »Alles in Ordnung, Kommissar?«
    Aubert nahm ihn wie eine zerbrechliche Fracht in Empfang. Er hatte offensichtlich bemerkt, dass François sich bei diesem unvorhergesehenen Kunststück nicht ganz wohl gefühlt hatte. Marchand tat es ironisch ab.
    »War doch ein Kinderspiel.«
    Julia war jetzt auch

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