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Wer Boeses saet

Wer Boeses saet

Titel: Wer Boeses saet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivier Descosse
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als Kreisbogen konstruierten Laufgang. François ging voraus und folgte der angegebenen Richtung. Alle zehn Meter gab es eine Tür, ein bisschen wie im Hotel. Am Ende des Gangs lag die von Marcel, eine der wenigen, von denen man nicht das Namensschild abgerissen hatte.
    François klingelte. Ein Typ öffnete: Jeans und schwarzes T-Shirt, Motorradstiefel mit eckigen Spitzen und an mehreren Fingern Silberringe. Nicht sehr groß, aber untersetzt. In jedem Fall kräftig genug, um einen Jugendlichen auf dem Rücken zu tragen. Sein Gesicht war gezeichnet. Tiefe Falten, Schatten unter den Augen, schrundige Haut. Eine Haarmatte bis auf die Schultern. Auf der Brust, wie als einziges Licht in der Dämmerung, ein kleines, quecksilbrig schimmerndes Kreuz.
    »Pater Marcel?«
    »Ja?«
    »Wir sind von der Polizei.«
    »Schon wieder! Verdammt, das ist jetzt das vierte Mal die Woche. Wenn es um die Kids geht, die in der Eingangshalle rumhängen, lassen Sie mich mit denen in Frieden. Da bin ich machtlos.«
    Die Stimme klang gebrochen, aber herrisch. Der Typ hatte ein bewegtes Leben hinter sich.
    »Nein. Mit Ihnen wollten wir sprechen.«
    Der Pfarrer stutzte einen Moment.
    »Mit mir?«
    »Können wir hereinkommen?«
    Er trat zur Seite und bat sie mit einer ausholenden Geste hinein.
    Drinnen war es ordentlicher als im Gemeinschaftsbereich. Eine saubere Wohnung, frische Wandfarbe, wenige, dafür aber ordentliche Möbel. Und das unvermeidliche Kruzifix. Der Ort erinnerte an eine Durchgangsstation, einen unpersönlichen Zufluchtsort für einen Wanderprediger.
    Er forderte die Polizisten auf, sich zu setzen. François kam sofort auf den Punkt.
    »Pierre Jacquet. Wissen Sie Bescheid?«
    Ein bedächtiges Nicken.
    »Ich habe davon gehört.«
    »Sie haben ihn offenbar gekannt?«
    »Ja.«
    »Erzählen Sie uns.«
    »Was denn?«
    »Alles, was Sie über ihn wissen. Wir suchen uns dann schon das Richtige aus.«
    Der Priester zog ein Päckchen Marlboro aus einer der Taschen seiner Jeans. Aus der anderen holte er ein Feuerzeug, dann steckte er sich eine Zigarette an. Langsame, bedächtige Gesten, er war vollkommen entspannt.
    »Ich habe ihn im Balto getroffen, einer Bar in der Nähe seines Gymnasiums. Er wirkte verloren. Ich habe ihn angesprochen, und wir haben uns unterhalten.«
    »Worüber?«
    »Über die Gründe, warum er dort war.«
    »Das heißt?«
    »Über Mädchen, übers Bumsen, über all das, worauf es in seinem Alter ankommt.«
    »Hat er Ihnen erzählt, dass er praktizierender Katholik ist?«
    »Ja.«
    »Und die Katholische Jugend, hat er Ihnen davon erzählt?«
    »Auch.«
    Pater Marcel hielt nichts zurück. François nahm bei ihm keines der Anzeichen wahr, an denen man üblicherweise erkennen kann, dass jemand lügt.
    »Wussten Sie, dass er zweimal die Woche in seine Pfarrei ging?«
    »Das wusste ich. Wir hatten des Öfteren Gelegenheit, über sein religiöses Engagement zu sprechen.«
    »Dann wissen Sie vielleicht auch, dass der Mörder ihn gleich im Anschluss mitgenommen hat.«
    »Nein. Das wusste ich nicht.«
    Jetzt hörte man aus seinem Tonfall ein wenig Misstrauen heraus. Der Biker Christi hatte offenbar begriffen, dass er hier auf der Anklagebank saß. Der Kommissar nutzte seinen Vorteil.
    »Was haben Sie letzten Montag zwischen neunzehn Uhr dreißig und ein Uhr morgens gemacht?«
    Die Reaktion kam unmittelbar.
    »Warum? Denken Sie etwa, ich habe ihn umgebracht?«
    »Antworten Sie.«
    »Ich war zu Hause.«
    »Allein?«
    »Ich bin niemals allein. Der Herr ist bei mir.«
    Kein Alibi. Es gab aber auch keine Beweise. Marchand betrachtete die Motorradstiefel und dachte an die Abdrücke, die vor der Fabrik gefunden worden waren. Schade, dass sie noch keine Laborergebnisse hatten …
    »Und Sonntagabend? Wo waren Sie da?«
    Julia staunte. Seit ihrer Ankunft in Grenoble hatte François den ersten Mord in ihren Vernehmungen nicht angesprochen. Aber dieser Pfarrer war ihre einzige wirkliche Spur. Mobil, charismatisch, mit direktem Draht zu den Jugendlichen. Zum ersten Mal wirkte Pater Marcel unsicher.
    »Ist das wichtig?«
    »Sehr.«
    »Ich sehe nicht, warum.«
    Der Polizist deckte die Karten auf und sah ihm dabei in die Augen.
    »Eine Jugendliche wurde in der Nähe von Avignon getötet. Wahrscheinlich von demselben Verrückten. Einem Mann, der seine Opfer gut kannte. Dem sie vertrauten.«
    Der Geistliche drückte seine Kippe aus.
    »Ein bisschen so wie ich …«
    »Genau.«
    »Wird meine Aussage schriftlich protokolliert?«
    »Das kommt ganz

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