Wer braucht schon Zauberworte? (German Edition)
zu ziehen. Als er nicht mal vor meiner Brust haltmacht, versuche ich nach ihm zu treten. Das Bein fängt er ab und fixiert es mit seinem Knie.
„Schreie, die durch die Gezeiten hallen.“ Ich spüre etwas in meinem Inneren, das wie ein Sturm über mich hinwegfegt. Hitze und Kälte gleichermaßen durchfluten mich so abrupt. Ich glaube fast, den Verstand zu verlieren. Der Schmerz ist so gewaltig, dass meine Selbstbeherrschung wie ein Bann bricht. Im nächsten Augenblick schreie ich mir die Seele aus dem Leib. Meine Laute schaffen es nicht aus Beliars Hand, die er nun fester an meinen Mund presst.
„Was passiert mit ihr?“, will Beliar aufgebracht wissen.
„Ihre Kräfte kehren zurück, Herr.“ Ich weiß nicht, was das bedeutet. Alles, was ich weiß ist, dass ich diese Schmerzen nicht mehr lange aushalte. Mein Körper bäumt sich auf. Auf meiner Haut beginnen sich die Zeichen wie Schlangen zu bewegen. Sie winden sich an meine rechte Körperhälfte und brennen sich in meine Haut. Erneut schreie ich, aber es treten nur erstickte Laute aus Beliars Pranke.
„Stopp das auf der Stelle“, brüllt Beliar wütend.
„Hope hat es gleich überstanden“, beschwichtigt er, während sich die Tribals meiner Drachentätowierung bewegen und wie Ranken emporwachsen. Sie bewegen sich, wie Beliars Tattoo.
„Was um alles in der Welt“, haucht Beliar atemlos in mein Ohr.
„Erinnerungen, bewahrt in einer Kugel aus Glas.“ Junus holt eine Kette unter seinem Hemd heraus. Daran hängt eine leuchtende Murmel. „Ich habe sie mit meinem Leben beschützt, so, wie ich es geschworen hatte“, erklärt er. Schmerz durchzuckt mich, als mein Handgelenk zu brennen beginnt.
Erneut brülle ich. Ich fühle schon die ersten Anzeichen einer Ohnmacht. Schwarze Punkte flimmern in meinem Sichtfeld.
„Du hast es gleich geschafft Hope“, redet mir Junus zu, bevor er mir die Murmel an die Stirn drückt. Ein Stich fährt mir durch den Kopf.
Wie in einem Film, spulen sich die Erinnerungen ab – katapultieren mich in die Zeit zurück, bevor ich zu meinem Onkel nach Irland geschickt wurde.
Ich bin im Haus meiner Eltern und höre die Stimme meines Vaters, die aus dem Schlafzimmer dringt, dessen Türe einen Spalt weit offensteht.
Es ist die Erinnerung, die ich verloren habe. Ich werd verrückt.
Meine Hand drückt dagegen, um sie zu öffnen, doch sie rührt sich nicht vom Fleck. Irgendetwas im Inneren des Raumes muss die Tür verbarrikadiert haben.
Die Stimme eines Mannes hallt durch den Raum: „Zum letzten Mal. Wo ist sie?“ Niemand antwortet ihm. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich.
„
ANTWORTE oder ich schlachte sie vor deinen Augen ab.“ Ich schlage mir die Hand vor den Mund, um nicht zu schreien. Meine Mutter stößt ein verzweifeltes Wimmern aus.
„
Was willst du von meiner Tochter?“, zischt mein Vater atemlos. Der Mann ändert seine Position im Raum. Durch den Türspalt kann ich ihn deutlich erkennen. Meine zitternde Hand holt mein Telefon aus meiner Jeanstasche und ich fotografiere ihn, damit ich der Polizei ein Gesicht liefern kann, wenn sie nach ihm fahnden.
Der fremde Mann lacht laut auf und erklärt: „Sie ist nicht deine Tochter. Ihr habt sie bei euch aufgenommen, nichts weiter. Wenn sie
die
ist, die ich suche, habe ich große Pläne mit ihr. Wenn nicht, dann soll es mir auch recht sein. Ich brauche immer genügend Pferdchen in meinem Stall, die ich reiten kann.
Die Kleine hat eine besonders seltene Gabe. Dort, wo ich herkomme, gibt es keine Frauen mehr, die so sind, wie sie. Keine Angst. Wenn sie die Richtige ist, wird sie einen reichen Mann heiraten und mir als Werkzeug dienen, meine Pläne zu realisieren. Späher haben mir berichtet, bei ihrer Schönheit hätte es ihnen die Sprache verschlagen. Wenn nur die Hälfte davon wahr ist, ist das Mädchen sein Gewicht in Gold wert. Der Mann, für den sie vorgesehen ist, wird ihr aus der Hand fressen und alles tun, wonach sie verlangt. Wie man einen Mann dazu bringt, wird sie von mir lernen. Und jetzt sag mir, wo sie ist oder du wirst mitansehen, wie deine Frau stirbt.“ Vor Angst drücke ich mich an die Wand.
Mit bebendem Körper, wähle ich den Notruf.
Hinter mir stößt die blöde Nachbarskatze, die es immer irgendwie schafft, hier reinzukommen, das Trockengesteck meiner Mutter um.
Mein Herz pocht stark. „Sieh nach, was das war“, befiehlt der Mann jemanden, den ich nicht sehen kann. Es muss sein Komplize sein.
Panisch schwenkt mein Blick im Flur umher. Ich suche
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