Wer den Tod ruft: Thriller (German Edition)
Lücke zum Parken.
»Findest du, das ist der richtige Platz zum …«
»Ja.« Er beugte sich zu ihr rüber, öffnete das Handschuhfach und holte eine Pistole heraus, die er in den Bund seiner Jeans steckte.
Ob er einen Waffenschein besaß, wollte sie nicht wissen. Nachdem er ausgestiegen war, zog sie ihre Schuhe aus, streifte Gürtel samt Pistolenhalfter ab und wand sich aus der Hose. Die Shorts, die er gekauft hatte, waren grässlich, aber wenigstens hatten sie eine Gürtelschlaufe, in die sie ihre Glock stecken konnte. Ein Extramagazin Munition steckte sie in die Tasche neben ihr Handy.
Beim Aussteigen traf sie die hohe Luftfeuchtigkeit wie ein Schock. Elaina schnappte nach Luft. Sie hatten im Schatten von ein paar Büschen geparkt, aber das gesamte Umland hatte die Nachmittagssonne fest im Griff. Überall waren Wassertümpel. In der Ferne erkannte man verschwommen eine blaugraue Linie. Das musste Laguna Madre sein.
»Vielleicht wären wir mit einem Boot besser dran«, sagte Elaina.
Troy sah von seiner digitalen Landkarte auf. »Hiernach nicht. Außerdem ist das Wasser extrem flach.«
»Wie weit noch?«
»Drei Meilen, Richtung Süden.«
»Klingt nicht so schlimm.«
Der Blick, den er ihr zuwarf, war eindeutig: Mädchen, du weißt nicht, wovon du redest. Die Wasserflaschen verstaute er in einer Sporttasche und rieb sich mit der Sonnencreme ein.
»Die ist mit Insektenschutz. Verteil sie auf dem ganzen Körper.«
Sie rieb Beine, Gesicht und Nacken ein, dann sah sie auf ihre Uhr. »Kurz nach fünf«, sagte sie.
»Drei Stunden brauchen wir.« Er sah zum Horizont. »Halte deine Pistole griffbereit.«
»Du meinst, er ist hier irgendwo?«, fragte sie. Vielleicht wartete er auf sie in einem Hinterhalt.
»Ich denke eher an Alligatoren«, sagte er.
»Alligatoren?«
»Die Schlangen nicht zu vergessen.«
Er marschierte los, Richtung Süden. Elaina kontrollierte noch einmal ihre Waffe und folgte ihm.
Laguna-Madre-Nationalpark
26° 13.681 Nord, 097° 20.005 West
18.25 Uhr Central Standard Time
Den Blick auf ihre Füße gerichtet, stapfte sie über das unebene Terrain. Der Untergrund war sandig, die Grashalme teilweise so scharf, dass man sich an ihnen schneiden konnte. Überall waren Kletten, die sie immer wieder zwischen ihren Zehen entfernen musste.
Troy legte ein ordentliches Tempo vor. Am sichersten ging sie, wenn sie in die großen Abdrücke seiner Stiefel trat. Das hatte sie nach einer Weile herausgefunden. Doch dazu musste sie große Schritte machen, und nach einer halben Stunde schnaubte sie wie ein Pferd.
Ein. Aus. Langsam. Schnell. Sie versuchte ihrer Lunge den Rhythmus ihres Ganges aufzuzwingen.
Schweiß und Sonnencreme liefen ihr in die Augen. Das Grünzeug, das ihre Waden zerkratzte, ignorierte sie. Die Moskitos, die Ohren und Nase umschwirrten, ignorierte sie. Sie sah nur auf den Boden und warf ab und zu einen flüchtigen Blick in die Landschaft.
»Siehst du was?«, fragte sie.
»Rein gar nichts.«
Auch sie sah nichts. Sie hatte aber auch weniger Gelegenheit dazu.
Schweiß rann ihr den Rücken und die Beine hinab. Die Bluse klebte auf der Haut. Das Gras wurde höher, der Sand feuchter. Bald ging der Sand in Schlamm über, dicker warmer Schlamm, der sich zwischen ihre Zehen drückte. Bei jedem Schritt bestand die Gefahr, dass die Schuhe im Morast steckenblieben.
Sie sah sich um. Die Anhöhe, auf der sie den Wagen geparkt hatten, war nur noch ein dunkler grüner Punkt. Sie zogen durch ein Meer von Gras und Dreck.
»Brauchst du was zum Trinken?« Troy sah kurz nach hinten.
»Ich bin okay.«
Sie war nicht okay. Sie war außer Atem und erschöpft. Diese schlechte stehende Luft war nichts für ihre Lunge. Sie verstand die Welt nicht mehr. Seit ihrer Collegezeit in Georgetown war sie eine passionierte Läuferin. Der Joggingpfad durch den Rock Creek Park mit seinen Steigungen war nie ein Problem für sie gewesen. Und seitdem sie in Texas wohnte, steigerte sie beharrlich ihr Laufpensum, um mit all den Sportcracks um sie herum mithalten zu können. Ein Geländemarsch wie dieser – und sie war in Schweiß gebadet?
Ein. Aus. Ein. Aus.
Gut, sie lief jeden Morgen vor sieben ihre Runde. An diese drückende Hitze, die einem die Kraft zum Atmen nahm, war sie nicht gewöhnt.
Sie wischte sich den Schweiß von den Augenlidern und schaute sich um. Sie war hier wegen einer Ermittlung. Aber sie entdeckte nichts Außergewöhnliches. Es gab nur sie, Troy und ihre beiden langen Schatten, die durch den Sumpf
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