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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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müssen wir auch schon wieder gehen. Schließlich wartet draußen bereits das nächste Paar.
    »Besonders romantisch war das ja jetzt nicht«, meint Mark, als wir gemeinsam zu einem italienischen Restaurant schlendern, in dem wir einen Tisch für unsere kleine Hochzeitsgesellschaft reserviert haben.
    »Bist du eher erleichtert oder eher enttäuscht?«
    »Tja … irgendwie beides.«
    »Keine Sorge, in der Kirche wird es erschreckend romantisch.«
    »Und auch so witzig?«, fragt Mark hoffnungsvoll grinsend.
    »Na ja, ganz so witzig wahrscheinlich nicht«, räume ich ein. »Die Fackeln der Erotik haben da schon Maßstäbe gesetzt.«
    »Gott, war das schlimm. Ich dachte, gleich kommt seine Frau halb nackt durch eine Tapetentür und führt auch noch einen Bauchtanz vor.«
    »Wir hatten uns doch einen unvergesslichen Tag gewünscht, oder?«
    »Ja, man kann wohl behaupten, dass wir den hatten. In mehrfacher Hinsicht.«
    »Und weißt du, was toll ist?«
    »Was denn?«
    »Morgen heiraten wir gleich noch mal.« Zärtlich und überglücklich drücke ich Marks Hand.
    Mark
    Um acht reißt mich der Wecker aus dem Schlaf. Die kleine Feier nach der standesamtlichen Trauung war ohne Katastrophen, Anzüglichkeiten oder Zerwürfnisse über die Bühne gegangen. Nur essen, lachen, trinken. Nun beginnt er aber wirklich: der schönste Tag des Lebens. Um halb neun kreuzt Barnie bereits auf. Er hat Semmeln dabei. Die fünf Kilo, die er zugenommen hat, seit Lilly schwanger ist, stehen ihm gut. Barnie kann das tragen. Er ist eh immer viel zu dünn gewesen. Jetzt braucht man wenigstens nicht mehr ständig Angst zu haben, die nächste Windböe könnte ihn wegwehen. Wir umarmen uns hölzern. Barnie klopft mir auf die Schulter. »Wird schon«, beruhigt er mich.
    »Scheint wenigstens die Sonne?«
    »Fritz-Walter-Wetter!«
    Ich glaube mich zu erinnern, dass Regen für unsere Hochzeit nicht gut wäre. Wegen des Sektempfangs draußen.
    »Wie fühlst du dich?« Barnie blickt mich mit seinem Sorgenblick an, den er sich seit Lillys Schwangerschaft zugelegt hat. Früher blitzte nur der Schalk aus seinen Augen.
    »Nervös«, gebe ich zu. Ich bin sogar sehr nervös. Meine Beine fühlen sich irgendwie taub an.
    Zur Feier des Tages deckt Barnie den Tisch. Männlich, praktisch, ohne Schnickschnack wie Servietten, Blumen oder Untersetzer für die Kaffeetassen. Luisas Frühstückstisch wirkt im Vergleich zu unserem wie eine spätrömisch-dekadente Tafel. Meine Frau hat die Nacht bei ihren Eltern verbracht. Wie es die Sitten und Gebräuche vorschreiben.
    Ich habe eigentlich noch gar keinen Hunger. Lustlos beiße ich in das Marmeladenbrötchen. Schmeckt nach nichts. Barnie schmiert sich unterdessen Nutella auf Krawatte und Kragen. »Scheiße!«
    »Bringt Glück«, lüge ich und muss an Luisa denken. Meine Frau zieht Nutella- oder Rotwein-Unglücke förmlich an. Ich vermisse sie ein bisschen.
    Wir beenden abrupt unser Frühstück. Barnie zieht sein Hemd aus und macht über der Spüle mit einer Kombination aus Seife und Topfreiniger alles nur noch schlimmer. Ein perfekter Fleck. Luisas Mutter würde ihn rausbekommen, wir nicht. Ich beobachte meinen Freund noch eine ganze Weile, wie er kämpft, wie er alles gibt und sich trotzdem langsam die Gewissheit breitmacht, dass er den Kampf gegen den Fleckenteufel verloren hat.
    »Ich stell mich mal unter die Dusche«, sage ich und lasse ihn mit dem Problem allein. »Bitte fackle nicht die Wohnung ab. Wenn’s geht.«
    »Ja, ja. Ich versuch’s.«
    Barnies Oberkörper hat in diesem Jahr noch nicht viel Sonne gesehen, fällt mir bei dieser Gelegenheit auf. Bräune war gestern. Aber was weiß ich schon. Vielleicht ist blass das neue Braun.
    Ich nehme mir richtig viel Zeit fürs Duschen. Es gibt kaum einen entspannenderen Ort als unsere Duschkabine. Duschen ist Freizeit, außer am Morgen, wenn man schnell machen muss, weil man schon im Moment des Aufwachens viel zu spät dran ist.
    Nach dem Abtrocknen schaue ich in den Spiegel. Im Großen und Ganzen bin ich zufrieden. Dank meines Fitness- und Luisas Diätprogramms habe ich ein paar Muskeln auf- und sogar ein bisschen Fett abgebaut. Ich bin zwar nur unwesentlich leichter als vor drei Monaten, dafür deutlich proportionierter. Der Bauch ist beinahe weg. Am Waschbrett muss ich allerdings noch feilen. Gleich nach den Flitterwochen. Oder vielleicht nicht gleich, aber bald.
    Zur Feier des Tages creme ich mich mit Körperlotion ein. Dann noch das gute Aftershave auf Wangen und Hals,
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