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Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen

Titel: Wer ins kalte Wasser springt, muss sich warm anziehen
Autoren: Julia Baehr , Christian Boehm
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Genug Badezimmer hat das Haus ja. Aber könnten wir auch zwei Küchen einrichten?«
    »Klar«, meint Lilly. »Ihr könnt die große haben. Wir kochen sowieso fast nie.«
    »Euer armes, unterernährtes Kind bekommt dann ab und zu bei uns Spaghetti«, zieht Mark sie auf.
    »Das Zweite wäre: Wir sind uns schon einig, dass diese schlimme Holzdecke rausmuss?«
    »Du weißt so eine Großraumsauna einfach nicht zu schätzen, Luisa«, sagt Lilly.
    »Stimmt. Und drittens, das richtet sich nur an euch, Jungs: Wenn ihr einen Fußball in die Rosenstöcke schießt, mach ich euch kalt.«
    »Welche Rosenstöcke?«
    »Die Rosenstöcke, die ich da draußen pflanzen werde.«
    Mark
    Love mit Happy End ist im Fernsehen meistens langweilig. Ich mag Liebesgeschichten, bei denen zum Schluss alles in Schutt und Asche liegt, die Männer tot sind, die Frauen ins Kloster verbannt oder zurück zu ihren Eltern geschickt werden. Blut, Schweiß und Tränen in Roland-Emmerich-würdigen Dimensionen. Klotzen statt kleckern. Das ist, was große Kunst von unterfinanzierten Stoffen unterscheidet. Trotzdem muss ich sagen, ich bin mehr als glücklich, dass unsere Liebe über all den Irrungen, Wirrungen gehalten hat und mit der Hochzeit nun ihren hoffentlich nur vorläufigen Höhepunkt findet. Zwischenzeitlich war ich mir dessen nicht sicher. Aber Luisa und ich haben die kleine Krise gemeistert, das Problem nicht einfach nur entsorgt, sondern eliminiert. Deckel drauf und gut ist.
    Wir reden auch mehr als früher, nicht nur meine Verlobte, auch ich. Luisa hat mir erklärt, warum der Aufstieg in der Firmenhierarchie so wichtig für sie ist. Ihren Traum vom Sitz im Vorstand hat sie nicht aufgegeben, nur zurückgestellt. Luisa sagt, dass man manchmal einen Schritt zurückgehen müsse, um zwei nach vorne zu kommen. Da ist was dran.
    Das Fundament muss halten, sonst fällt auch das schönste Bauwerk eines Tages wie ein Wolkenkuckucksheim in sich zusammen. Obwohl Luisa und ich nun schon ein paar Jährchen zusammen sind, und ich weiß, dass ich nur mit ihr und niemandem sonst zusammen sein möchte, am besten für den Rest des Lebens, arbeiten wir noch am Fundament unserer Beziehung, um noch kurz im Handwerkerjargon zu bleiben. Die Helme aber können wir langsam abnehmen.
    Apropos handwerken. Meinen Junggesellenabschied verbringe ich mit Barnie und Carlo auf der Baustelle, während Luisa mit ihren Freundinnen einen draufmacht. Wenn es nach Barnie gegangen wäre, würden wir jetzt im Flieger nach Las Vegas sitzen. »Wir arbeiten an unserem Haus«, bestimmte ich aber und beendete die Diskussion.
    Außerdem will ich auf dem Standesamt im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte sein. Das hört man ja oft, dass die Braut dem Bräutigam den Kugelschreiber bei der Unterschrift führen muss. Nein, danke. Darauf verzichte ich gern. Und am Montag nach Standesamt und Kirche starten Luisa und ich in die Flitterwochen, egal, was auch passieren mag.
    Wenn wir zurück sind, beginnt in diesem Haus bald ein neuer Lebensabschnitt. Die eine Haushälfte habe ich Barnie mittlerweile abgekauft. Eine Hälfte von meiner Hälfte ist mein Hochzeitsgeschenk für Luisa. Noch sieht es aber nach nicht viel aus. Weil die Handwerker nicht kommen, wenn man sie erwartet, beziehungsweise kommen, wenn man sie gerade nicht brauchen kann, verzögert sich die Renovierung. Bis Weihnachten wollten wir eigentlich eingezogen sein. Ich hoffe, dass die verbleibenden Monate reichen. Zum Jahreswechsel müssen Luisa und ich jedenfalls aus unserer Wohnung raus sein.
    Lilly arbeitet schon seit einem Monat nicht mehr. In zwei Wochen soll der Junior auf die Welt kommen. Barnie wird von Tag zu Tag nervöser und dicker. Er hat selbst schon eine kleine Plauze. Sein rechtes Auge zuckt ständig, in einer Tour kratzt er sich am Hinterkopf. Einfach mal nichts tun, einfach mal dasitzen ist für ihn ein Ding der Unmöglichkeit. Ganz verstehe ich nicht, warum er sich so viele Sorgen macht. Lilly wird das Kind schon schaukeln, da habe ich überhaupt keinen Zweifel. Auf die Welt bringen wird sie es erst recht. Schließlich hat sie zwei Prädikatsexamina und sich auch sonst intensiv auf die Geburt vorbereitet. Im Gegensatz zu Barnie. Der war nur zweimal beim Kurs dabei, hat geschnauft und gehechelt und sich aufgeführt, als wäre er die Mutter, wie man hört. Danach beschloss Lilly, dass sie da nur noch allein hingeht. Ohne Barnie. Ihm war das, denke ich, nicht unrecht, obwohl er sich jetzt natürlich nicht ausreichend qualifiziert
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