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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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ein Wort zu sagen. Wirklich merkwürdig !« Sie griff nach einem Palmblattfächer und fächelte sich heftig Luft zu. Die verklebten Augen funkelten nicht nur vor Neid, sondern auch vor Mißtrauen. »Aber ich dachte, ihr Vater hat es strikt abgelehnt, sie nach Hause fahren zu lassen, ehe sie verheiratet ist! Das hat Estelle zumindest immer gesagt.«
    »Ja, das stimmt, Mrs.Drummond. Onkel Josh ließ in diesem Punkt nie mit sich reden. Sie wissen ja, er hat es nicht einmal über sich gebracht, sie nach England auf ein Internat zu schicken. Aber verstehen Sie, es kam alles ganz plötzlich. Vor kurzem lernte er diesen Kapitän kennen, den seine Schwester begleitet. Tante Bridget mochte die Frau auf Anhieb, und als Estelle ihre Mutter bestürmte, sie mit einer so untadeligen Anstandsdame reisen zu lassen, gelang es meiner Tante, Onkel Josh zum Einlenken zu bewegen. Das geschah von einem Tag auf den anderen.« Mit einem vielsagenden Lächeln fügte sie hinzu: »Wissen Sie, da John Sturges auch in England ist, hat mein Onkel vermutlich die Waffen gestreckt.«
    »Ach … ja.« Mrs.Drummonds durchtriebene kleine Augen musterten Olivia argwöhnisch. »Mit welchem Schiff ist sie denn gefahren?«
    Auf diese Frage war Olivia vorbereitet, denn sie wußte nur zu gut, wie viele Kapitäne, Marineoffiziere und Hafenbeamte zu Mrs. Drummonds Bekanntenkreis zählten. »Ich weiß nicht genau, Mrs.Drummond. Es wurde alles besprochen, während ich krank war. Ich hatte mit Estelles Reisevorbereitungen nichts zu tun.« Das wenigstens, dachte Olivia bitter, ist die reine Wahrheit! »Ich glaube, es war ein holländisches Schiff – vielleicht auch ein schwedisches. Jedenfalls bin ich mir beinahe sicher, es war ein europäisches Schiff, vielleicht sogar ein englisches.«
    Der Palmblattfächer trat wieder in Aktion. »Also, ich bin völlig sprachlos! Wirklich einfach sprachlos!« Sie schien im Augenblick keine Fragen mehr zu haben. »Polly wird grün vor Neid, grün, wenn sie das erfährt – ich gebe zu, ich bin es auch.« Sie stieß ein schrilles, unzufriedenes Lachen aus. »Natürlich könnte ich jederzeit packen und abreisen … Jederzeit! Aber eine Frau muß sich gut überlegen, mit wem !«
    Olivia stand schnell auf. Sie staunte, wie mühelos und einfach ihre Mission erfüllt war. Sie wußte jetzt, daß Estelle weder die Drummond-Tochter noch die Mutter ins Vertrauen gezogen hatte. Außerdem würde die Klatschbase Mrs.Drummond dafür sorgen, daß Olivias Version von Estelles Abreise bald allgemein in Umlauf kam. Es würde natürlich Gerede geben, aber für den Augenblick war ein Riesenskandal abgewehrt – das hoffte Olivia zumindest. Sie mußte natürlich noch weitere Erkundigungen einziehen, noch mehr undichte Stellen stopfen, noch viele Lügen erfinden. Aber zunächst einmal mußte sie herausfinden, welche ihrer Freundinnen Estelle ins Vertrauen gezogen hatte.
    Die Antwort ließ sie zusammenzucken. Olivia blieb wie angewurzelt auf der kleinen, geschäftigen Straße vor Mrs.Drummonds Haus stehen. Natürlich! Wie konnte ihr das Naheliegende entgangen sein? Was Jai Raventhorne auch sein mochte, er war kein Dummkopf. Er mußte Estelles zwanghafte Geschwätzigkeit sehr schnell erkannt und dafür gesorgt haben, daß Estelle nichts Genaues über seine Pläne erfuhr. Und gab es einen besseren Platz als das Haus in Chitpur, um ihr Schweigen zu gewährleisten? Es war klug von Estelle gewesen, die Pringles vorzuschieben, denn sie wohnten zu weit weg, um direkte Erkundigungen befürchten zu müssen. Und so gesehen, war das auch ein guter Grund dafür gewesen, Sujata in den entscheidenden Tagen wegzuschicken! Während sie Jai Raventhorne auf der Ganga in seinem Bett und in seinen Armen ihren Körper, ihre Seele und ihr Leben geschenkt hatte, wartete Estelle im Haus in Chitpur auf seinen Ruf, an Bord zu kommen, um in seinen Armen und seinem Bett ihren Platz einzunehmen!
    Kalte Wut erfaßte Olivia, die sie aber sofort erstickte. Sie konnte sich den Luxus von Gefühlen noch nicht erlauben. Es gab noch so viel zu tun! Im Haus der Templewoods lag eine Antwort von Arthur Ransome. Der treue, zuverlässige Freund versprach, nach Erledigung dringender Arbeiten im Kontor so schnell wie möglich zu kommen. Er äußerte sich besorgt über die plötzliche ›Indisponiertheit‹ von Sir Joshua und Lady Bridget. Olivia zweifelte nicht daran, daß er zwischen den Zeilen lesen und die Dringlichkeit ihrer Bitte begreifen würde, ohne die Lage genau zu kennen.

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