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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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wurden, aber alles in allem konnte man die Entführung zumindest vor den Engländern geheimhalten. Doch wie lange würde das möglich sein? Wenn die Sache ans Licht kam, würde es einer Dynamitexplosion gleichkommen und häßliche Folgen haben. Zunächst wurden noch mehr Lügen verbreitet. Um Amos nicht durch die schwere Krankheit seiner Mutter zu beunruhigen, habe man ihn umgehend nach Kirtinagar gebracht, erklärte man einleuchtend und diskret. Es gab keinen Zweifel mehr daran, daß Jai Raventhorne sich mit dem Kind, das er inzwischen als seinen Sohn erkannt haben mußte, in Assam aufhielt. So hatte er ein Pfand in die Hand bekommen, von dessen Existenz er vorher nichts ahnte. Ein Zufall hatte es ihm zugespielt, und er würde das Kind nicht wieder herausgeben. Weder Kinjal noch Estelle zweifelten daran, daß Amos nie mehr zu seiner Mutter zurückkommen würde. Sie wußten nicht, was Olivia dachte. Sie sprach nicht darüber. Aber ihr Gesundheitszustand verschlechterte sich, und das verriet nur allzu deutlich, daß auch sie sich keine Hoffnungen mehr machte.
    Nur ein einziges Mal erkundigte sie sich nach ihrem neugeborenen Sohn, so wie sie sich auch nur einmal nach Amos erkundigt hatte.
    »Geht es ihm gut …?«
    »Ja, sehr«, versicherte ihr Estelle mit wohlmeinender Begeisterung.
    »Er wird bestens versorgt und wächst jeden Tag mehr. Er hat bernsteinfarbene Augen wie du und nicht«, sie kicherte, »Freddies weichgekochte Stachelbeer …«
    »Nicht!« rief Olivia erregt. »Du darfst mir nicht mehr sagen.«
    Estelle flüchtete aus dem Zimmer. Sie konnte ihren Kummer nicht unterdrücken.
    Auf Wunsch seiner Mutter bekam das Kind den Namen Alistair.
    Noch ein anderer Vorfall warf flüchtig ein Licht auf die dunkle Tragödie, die sich im Birkhurst-Palais abspielte. Während Olivia in den schrecklichen Wehen gelegen hatte, erschien Lubbock. Er hatte mehrere Stunden am Templewood-Haus auf die Anweisung gewartet, mit den Abbrucharbeiten zu beginnen. Sollte er noch länger warten oder konnte er anfangen?
    Der Abriß! Niemand hatte Zeit gehabt, daran noch einen Gedanken zu verschwenden! Estelle wußte ohnehin nur wenig von Olivias Vereinbarungen mit Lubbock. »Nein, Mr.Lubbock, ich glaube, das hat sich erledigt«, sagte sie mit erstickter Stimme. »Die Hütten müssen nicht mehr abgerissen werden.«
    Er sah sie enttäuscht und verstimmt an. Er hatte sich auf einen anständigen Kampf mit einem ebenbürtigen Gegner eingestellt und machte seinem Ärger Luft. »Sie wollen damit sagen, der Kerl hat es sich anders überlegt und kneift? Zum Teufel noch mal! Ich hatte mich schon darauf gefreut, mit seinem Blut die Wände zu streichen!«
    »Ich kann Ihnen versichern, Mr.Lubbock«, sagte sie bedrückt, »wir hätten alle zugesehen und Beifall geklatscht. Aber Sie müssen noch nicht alle Hoffnung aufgeben, denn Mr.Raventhorne hat es sich nicht anders überlegt. Der Mann ist böse und wird sich nie ändern.«
    Aber Estelle irrte sich in ihrer pauschalen Verurteilung von Jai Raventhorne. Genau sieben Tage nach der Entführung rollte eine fremde Kutsche über die Auffahrt zum Birkhurst-Palast. Da der Kutscher nur eine Aufgabe hatte, hielt er auch nur kurz. Wortlos winkte er den Nachtwächter herbei und übergab ihm Amos, die Aja und einen verschlossenen braunen Umschlag.
    Es war zufällig an dem Morgen, an dem Amos ein Jahr alt wurde.
    *
    Im Handelshaus Farrowsham hatte man sich in der letzten Woche große Sorgen wegen des schlechten Gesundheitszustands von Lady Birkhurst gemacht. Trotzdem war die Geburt des zweiten Birkhurst-Sohnes auch Grund zur Freude. Donaldson arrangierte eine kleine, stille Feier, zu der er nur die europäischen Angestellten von Farrowsham mit ihren Frauen einlud. Die indischen Angestellten erhielten einen zusätzlichen Monatslohn, Körbe mit Obst und Süßigkeiten und Spielzeug für ihre Kinder. Man hatte eine Flasche Champagner entkorkt und dann erstaunlich schnell die ganzen Champagnervorräte verbraucht. Aber fünf Tage nach der Feier (auch das zufällig am ersten Geburtstag von Amos) sollte Willie Donaldson es bereuen, keinen Champagner mehr vorrätig zu haben. Keine einzige Flasche war zur Stelle, um die Neuigkeit zu feiern, die dieser Tag bringen sollte.
    Gegen Mittag erschien Ranjan Moitra im Kontor. Mit seiner üblichen Behutsamkeit legte er auf Donaldsons Schreibtisch einen Ordner mit mehreren Schriftstücken. Der Ordner enthielt einen unterschriftsreifen Vertragsentwurf zwischen Trident und Farrowsham

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