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Wer Liebe verspricht

Wer Liebe verspricht

Titel: Wer Liebe verspricht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Ryman
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ihr Estelles Aja mitzugeben. Auf Sir Joshuas Befehl begleiteten sie außerdem zwei Khidmatgars, ein Botenjunge und zwei bewaffnete Vorreiter, da Räuberbanden, besonders die gefürchteten Thugs, gelegentlich auch in dieser Gegend auftauchten. Dazu kamen natürlich die Kutscher und ihre Helfer für den Zug der drei Kutschen. Offenbar war es in Indien Sitte, daß Gäste ihr eigenes Personal mitbrachten. Olivia erschien der ganze Aufwand unnötig, aber sie hatte sich widerspruchslos den Regeln gebeugt.
    Olivias Zimmer lagen im Erdgeschoß und führten auf einen ummauerten Innenhof mit vielen duftenden Pflanzen. Sie waren sehr hübsch. Wie die anderen Räume im Palast hatten sie Wände aus weißem Marmor, geschnitzte Holzdecken und Bogenfenster mit filigranem Marmorgitterwerk. Die roten Samtvorhänge trugen goldene Quasten, und in glänzenden Messingvasen standen Zweige mit ihr bekannten und unbekannten Blüten. Alles verriet gastfreundschaftliche Fürsorglichkeit. Sogar das Moskitonetz über dem Himmelbett wirkte durch Seidenstickereien weniger häßlich. Vor dem Bett standen Damastpantoffeln, in einem Schrank hingen mehrere hübsche Hausmäntel. Es gab dicke Frottiertücher und im Bad eine Reihe englischer Toilettenartikel. In einer Kristallschale neben dem Bett lagen französische Bonbons.
    Olivia war entzückt. Ihre Kleider hingen bereits in einem Almirah mit Glastüren. In einer versenkten Wanne aus geädertem Marmor wartete warmes, nach Sandelholz duftendes Wasser, auf dem Rosenblätter schwammen. Sie wußte von Sir Joshua, daß die Gastfreundschaft der indischen Fürsten verschwenderisch war. Man hatte Olivia mehr als freundlich empfangen, und natürlich war sie tief beeindruckt. Aber gleichzeitig fragte sie sich: Gilt diese Freundlichkeit mir oder nur Sir Joshuas Vertreterin?
    Eine halbe Stunde später hatte Olivia gebadet, sich frisch gemacht und das Reisekostüm aus Leinen mit einem luftigen, chartreusegrünen Musselinkleid vertauscht. Man geleitete sie in das Wohnzimmer der Maharani. Der Raum war im westlichen Stil mit französischen Möbeln, belgischen Glasleuchtern und einem üppigen pflaumenfarbenen Aubussonteppich eingerichtet. Wieder lag ein Hauch Förmlichkeit in der Luft. Als Erfrischung wurde Limonade in hohen Gläsern gereicht, in denen das Eis klirrte.
    »Wenn Sie Kalkutta heute zum ersten Mal verlassen haben, muß ich mich für den schlechten Zustand der Straßen entschuldigen, Miss O’Rourke«, sagte die Maharani. »Der Regen hat wie jedes Jahr wieder schwere Zerstörungen verursacht.«
    »Oh, dort, wo ich herkomme, gibt es weit schlimmere Straßen«, wehrte Olivia fröhlich ab. »Tatsächlich habe ich mich beinahe wie zu Hause gefühlt.«
    Sie erkundigte sich nach einigen Sehenswürdigkeiten, die ihr unterwegs aufgefallen waren, und während die Maharani ihre Fragen beantwortete, betrachtete Olivia sie aufmerksam. Die Züge des glatten, milchkaffeefarbigen Gesichts waren wie gemeißelt und die Linien in klassischer Klarheit herausgearbeitet. Allerdings erhielt das Gesicht der Maharani eine besondere Note durch die lebendigen Augen. Hin und wieder schien etwas darin aufzublitzen, was nichts mit Intelligenz oder Interesse zu tun hatte – war es Wachsamkeit? Mit leichtem Unbehagen stellte Olivia fest, daß die Maharani sich ein ebenso genaues Bild von ihr machte wie sie sich von ihr. Olivia fragte sich beunruhigt, weshalb ihre Gastgeberin sie mit solcher Konzentration beobachtete. Das Mittagessen wurde angekündigt.
    »Ich kenne Ihren Geschmack nicht, Miss O’Rourke, und deshalb habe ich mich für ein rein indisches Essen entschieden.« Sie gingen in das angrenzende Zimmer. »Ist Ihnen das recht oder würden Sie etwas vorziehen, das Ihrem Gaumen vertrauter ist? Ich versichere Ihnen, ich fühle mich nicht gekränkt, wenn Sie sich dafür entscheiden.«
    »Indische Gerichte – wie schön!« rief Olivia. »Bis jetzt habe ich nur Curries gegessen, wie sie in englischen Häusern zubereitet werden.« Sie mußte unwillkürlich an das Frühstück bei Jai Raventhorne denken und errötete.
    »Wenn es so ist, freue ich mich«, sagte die Maharani und nickte.
    »Wollen wir essen?« Auf eine Geste von ihr eilten ein Dutzend Dienerinnen davon. Sie erschienen sofort wieder mit großen runden Tabletts, auf denen sich eine erstaunliche Vielfalt von Gerichten befand.
    Sie aßen im traditionellen Stil und saßen dabei mit gekreuzten Beinen auf dicken Polsterkissen vor niedrigen kleinen Tischen. Wie Olivia es in

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