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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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schrie in heller Aufregung: »Esst mich nicht, großer König. Ich bin vergiftet. Eure Diener haben mir Gift eingeflößt.« Verblüfft hielt der König inne. Konnte es möglich sein, dass ein solches Tier sprach? Er sah zu den Dienern hinüber, die ihn aus einiger Entfernung beobachteten. Jetzt erst bemerkte er das lauernde Funkeln in ihren Augen. Nein, er würde den Goldfisch nicht essen. »Ich werde mich jetzt in mein Schlafgemach begeben. Den Fisch werde ich heute Abend essen«, verkündete er. Dann klemmte er sich das Wasserglas unter den Arm und schritt schwerfällig davon.
In seinem Zimmer stellte er es auf den Nachttisch. »Nun«, brummte er, »was soll ich jetzt mit dir anfangen? Ich kann dich unmöglich essen. Schadet das Gift dir nicht?« »Nein, nein, o Herr«, piepste der Fisch, »mir kann das Gift nichts ausmachen, aber für Menschen ist es lebensgefährlich. Aber das ist jetzt nicht so wichtig. Eure Diener trachten Euch nach dem Leben. Nur Eure Frauen halten noch zu Euch. Holt sie schnell her.« »Woher weißt du das alles?«, fragte der König. »Die Diener haben sich darüber unterhalten, während sie mich fütterten«, antwortete der Goldfisch. »Gut. Ich glaube dir. Ich hole jetzt meinen Harem.« Ref 13
Gesagt, getan. Wenig später waren alle zwölf Frauen des Königs da. Eine davon war sehr besorgt, denn sie hatte gehört, wie einer der Verschwörer zu einem anderen sagte, er wolle den König noch heute mit einem Messer töten. Sie überlegten gemeinsam, was sie tun könnten. Schließlich hatten sie einen Plan.
Alle schliefen tief und fest, als der Diener zur Tat schreiten wollte. Oder besser gesagt, sie taten nur so. Keiner schlief wirklich. Alle hörten, wie die Tür leise knarrend aufging und jemand mit leisen Schritten zum Bett des Königs huschte. Dieser hielt den Atem an. Noch nie war er so aufgeregt gewesen. Er öffnete die Augen einen Spalt weit. Der Diener stand über ihm, einen Dolch im Anschlag. Die Hand des Königs schoss hoch und umklammerte die des Dieners, der einen überraschten Schrei ausstieß. Sofort fielen die Frauen über ihn her und fesselten ihn. Die anderen Diener kamen herbeigelaufen, doch alle fielen den Frauen zum Opfer.
Schließlich standen vierundzwanzig der Verräter vor dem König und es wurde beschlossen, alle außer Landes zu jagen. Der dicke König ernannte viele arbeitslose Männer aus der Stadt zu seinen neuen Dienern und den Fisch zu seinem ersten Berater. So regierte er wieder gut über sein Land und wurde ein hochangesehener König. Der Fisch lebte weiter bei ihm. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.
    Als der Literatur- und Musikkritiker Joachim Kaiser bei einer Sitzung der Bayerischen Akademie der Schönen Künste dieses Märchen hörte, rief er aus: »Einen so brillanten Aufsatz kann kein Schüler geschrieben haben!« In der Tat – wie ist es möglich, daß ein zwölfjähriges Mädchen so gut schreiben kann?
    Sie hat, wie sie uns sagte, viel gelesen, u.a. Andersens Märchen und die Märchen aus 1001 Nacht. Sie hat »natürlich« auch viel geschrieben: Märchen und Geschichten, die sie sich nach der Lektüre dieser Vorbilder ausgedacht hat. Daß sie außerdem begabt sein muß, versteht sich von selbst. Doch auch weniger Begabte kommen durch das Lesen im Denken, Sprechen und Schreiben weiter, auch im Rechtschreiben.

    Wer liest, lernt rechtschreiben
    Selten in meinem Leben habe ich mich so geärgert wie in den Sommerferien 1996. In der Juli-Konferenz am Gymnasium Weilheim hatten wir Lehrer die mehr als 200 Seiten dicke, am 1. Juli 96 in Wien beschlossene »Amtliche Regelung zur Deutschen Rechtschreibung« erhalten, dazu die Aufforderung, die »Neuregelung« ab dem Herbst zu unterrichten.
    Im August machten wir einen Ausflug zum Jochberg am Walchensee – und was tat ich? Während der ganzen Wanderung ärgerte ich mich und meine Familie mit der Idee, daß unsere Schüler ab sofort die Schreibung »Gämse« lernen sollten, obwohl die meisten noch nie in ihrem Leben eine Gams gesehen und deshalb noch nie das Wort Gemse geschrieben hätten!
    Da sagte unser Sohn, ich hätte doch Erfahrungen mit Öffentlichkeitsarbeit, ich solle doch auf der Buchmesse etwas gegen die Rechtschreibreform unternehmen!
    Also entwarf ich das Flugblatt Stoppt die überflüssige, aber milliardenteure Rechtschreibreform!, schrieb an alle Autoren und Professoren, die schon in Weilheim gewesen waren, und bat sie um Unterstützung der Frankfurter Erklärung zur

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