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Wer liest, kommt weiter

Wer liest, kommt weiter

Titel: Wer liest, kommt weiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Denk
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beschäftigen, können wir mit dem Autor in ein Gespräch kommen: die sechste Stufe.
    Als siebten und letzten Schritt (wobei die Reihenfolge nicht immer die gleiche ist) möchte ich das Lernen bezeichnen, vielleicht auch die Erkenntnis: hier zum Beispiel die Einsicht in die Bedeutung des rechtzeitigen Sprechens, aber auch Zuhörens: Denn die goldenen Äpfel müssen auch angenommen werden.

    Wer liest, lernt Buchstaben sehen und erkennen
    Jedes Lesen beginnt damit, daß wir auf einer Seite 1000 bis 3000, auf dieser Seite 1541 Buchstaben sehen und mit den Augen die aus diesen Buchstaben bestehenden 294 Wörter erkennen, dazu 13 Zahlen aus 44 Ziffern und 39 Satzzeichen. Da aber das Denken beim Lesen die zentrale Tätigkeit ist, stand diese Tatsache am Anfang dieses Buches.
    Für die Kognitionspsychologen hingegen ist das Sehen beim Lesen besonders interessant, vielleicht auch deshalb, weil sie im Auftrag von Werbefirmen immer wieder untersuchen, was die potentiellen Kunden auf Zeitungs- oder Webseiten anschauen, wobei ihre Blicke in Sprüngen über die Zeilen gleiten, in sog. Sakkaden, die der französische Augenarzt Emile Javal 1906 erstmals beschrieben hat. In dem von Alan Kennedy herausgegebenen Lehrbuch über Reading as a Perceptual Process (2000) sind mehr als 400 Seiten dem Sehen gewidmet, etwa 100 dem Hören und nicht einmal 200 dem Verstehen des Gelesenen. Und vom Denken und Lernen ist kaum die Rede.
    Auch wüßte man gern, ob und wie das genaue Sehen, das wir beim Lesen üben, auch eine Übung für unsere Augen ist. Anders gesagt: Wenn Herr Müller am Tag zwei Stunden fernsieht und Frau Maier statt dessen eine Stunde liest und sich dann vielleicht ausruht: Wie wirkt sich das auf ihre jeweilige Sehfähigkeit im Freien aus? Denn auch wenn zwei Menschen dasselbe vor sich haben, sieht doch jeder etwas anderes.
    An dieser Stelle sei ein Experiment erwähnt, das Heinz Buddemeier mit seinen Studenten durchgeführt hat: Sie schauten in einem Wald die Natur an, dann sahen sie im Seminarraum etwa 15 Minuten Fernsehnachrichten und kehrten in den Wald zurück: Nichts von dem, was sie vorher erlebt hatten und was ihnen eine Freude gewesen war, wollte sich wieder einstellen . Darüber mehr im nächsten Teil dieses Buches, in dem gefragt wird, ob und wie das Lesen unsere Sinneswahrnehmungen beeinflußt. Ref 14

    Wer Texte in Fraktur liest, lernt noch mehr

     
    In Marie von Ebner-Eschenbachs (1830–1916) letztem Buch Meine Erinnerungen an Grillparzer. Aus einem zeitlosen Tagebuch (1916) findet sich auf Seite 163 ein Lob des Lesens, dessen erste Sätze hier in der damals üblichen Fraktur abgedruckt sind. Leider sind viele von uns heute nicht mehr dazu in der Lage, dieses Lob zu lesen. Warum nicht? Weil es, wie heute gern gesagt wird, in »altdeutscher Schrift« gedruckt ist. Dabei sind nur drei Buchstaben schwierig: das große, das kleineund vor allem das »lange«am Anfang und in der Mitte der Wörter, das fast wie dasaussieht, das sieht man in dem Wort– während das »runde«am Wortende gut lesbar ist. Aber gerade deshalb bieten Bücher in Fraktur zwei Chancen:
    Erstens kann es nur gut für unsere Augen sein, wenn wir verschiedene Schriften erkennen können, weil jede neue Schrift eine optische und zudem geistige Herausforderung ist.
    Und zweitens sind alle Bücher in »altdeutscher« Schrift überall und überaus leicht zu bekommen. Wer solche Bücher sammelt, ist nahezu konkurrenzlos.
    Dabei ist es ein besonderes Vergnügen, in Büchern zu lesen, bei denen schon die Schrift das Alter verrät. Je älter das Buch, desto weiter reicht unser Blick in die Vergangenheit. Dabei können wir oft etwas Neues lernen. Von Marie von Ebner-Eschenbach erfahren wir, daß wir zuerst die Buchstaben sehen und daß sie sich dann in klingende Worte verwandeln , daß man das Geschriebene beim Lesen also hört. Und dann erfahren wir, daß die Literatur erzählt oder belehrt oder beides zugleich. Von beidem später noch mehr.

    Wer Handgeschriebenes liest, sieht mehr als die Schrift
    Meine liebe Großmutter Hilde Neumeyer hat immer darunter gelitten, daß sie ihren Enkelkindern nicht so schreiben konnte, wie wir es gern gelesen hätten: in »lateinischer« Schrift.
    Denn nicht nur die Fraktur, die in Deutschland seit dem 16. Jahrhundert, vor allem seit Martin Luthers Bibelübersetzung, die übliche Druckschrift war, sondern auch die deutsche Schreibschrift wurde per Erlaß abgeschafft. Am 3. Januar 1941 teilte Martin Bormann im Auftrage des

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