Wer liest, kommt weiter
gemeinsam der Glaube an den einen Gott, der die Welt und die Menschen erschaffen hat, wie es am Anfang der Bibel heißt (s.o. S. 114f.).
Auch die 1. Sure, die von den Moslems fünfmal täglich gebetet wird, richtet sich an den Herrn und Schöpfer der Welt:
Sure 1 (Die Eröffnende – al-fātiha)
Im Namen Gottes, des barmherzigen Erbarmers.
Gelobt sei Gott, der Herr der Weltbewohner!
Er, der barmherzige Erbarmer,
Der König des Gerichtstags!
Dir dienen wir, dich rufen wir um Hilfe an.
Leite uns den rechten Weg,
Den Weg derer, denen du gnädig bist,
Nicht derer, denen Zorn gebührt,
Noch derer, welche irregehn.
Diese 1. Sure erinnert ein wenig an den 1. Psalm (Wohl dem Mann, der nicht dem Rat der Frevler folgt), der ebenfalls zwischen den Gläubigen und den anderen unterscheidet. Das erinnert an die früher oft gehörte Formel Extra ecclesiam nulla salus. Außerhalb der Kirche kein Heil.
Doch statt die Unterschiede zu betonen, sollte man mit Lessings Nathan das Gemeinsame sehen, das Gemeinsame des Glaubens an den einen Gott, der die Menschen erschaffen hat.
Aus diesem Glauben ergibt sich einerseits die gleiche Würde für alle Menschen, andererseits die Hoffnung, auch sie ein Geschenk, daß Gott sich diese Mühe nicht vergeblich gemacht habe. Warum sollte er, könnte man fragen, den Menschen »nach seinem Bild« erschaffen haben, ohne etwas mit ihm zu planen?
Die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod, die zweite »göttliche« Tugend, ist im Judentum erst spät entstanden, am deutlichsten im nichtkanonischen 2. Buch der Makkabäer: Gott hat uns die Hoffnung gegeben, daß er uns wieder auferweckt. (7,14)
Diese Hoffnung auf das Paradies gibt es auch im Koran, zum Beispiel in der 26. Sure (Die Dichter), wo Mose spricht: Ref 60
... der Herr der Weltbewohner,
der mich erschaffen hat, denn er ist es, der mich leitet,
der mir Nahrung gibt und mich tränkt,
der mich, wenn ich erkranke, heilt,
der mich sterben läßt und dann wieder lebendig macht
und von dem ich hoffe, daß er mir meine Sünde am Tag
des Gerichts vergibt.
Vor allem aber ist die Hoffnung christlich. Jesus beginnt seine Verkündigung mit der Botschaft Kehrt um! Denn das Himmelreich ist nahe. (Mt 4,17) Und sieben der neun Seligpreisungen der Bergpredigt meinen die Zukunft im »Himmelreich«, u.a.:
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden. ... Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen. ... Euer Lohn im Himmel wird groß sein. (Mt 5,4 ff. , Einheitsübersetzung
Noch mehr ist nach Jesu Tod von der Hoffnung die Rede:
Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. (1. Kor 15,14)
Denn ich bin überzeugt, daß dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. ... Denn wir sind zwar gerettet, doch auf Hoffnung. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? (Römer 8,18,24)
In der Tat: Wir können nicht sehen, was wir hoffen. Wir sehen, auch in der christlichen Kunst, das Leid und das Kreuz. Die Auferstehung und den Himmel aber kann man nicht sehen.
Auch die Naturwissenschaftler können nur das Sichtbare bzw. wissenschaftlich Erkennbare erforschen, weshalb Gott in ihren Büchern normalerweise nicht vorkommt, nicht selten sogar explizit ausgeschlossen wird. Auch deshalb haben nicht wenige Christen den Glauben an Gott, den Vater den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde, wie es im Credo heißt, verloren und sind von einer Evolution überzeugt, die ohne Gott auskommt. Wenn aber die Welt mehr oder weniger von selbst entstanden ist, kann es keine Hoffnung auf ein Jenseits geben. Wenn Gott nicht am Anfang steht, dann auch nicht am Ende.
Die wichtigste Botschaft des Christentums jedoch ist die Liebe.
Von der Liebe sprach Jesus nach Auskunft der synoptischen Evangelien bei zwei Gelegenheiten: In der Bergpredigt forderte er zur Feindesliebe auf. Und wenn er gefragt wurde: Welches ist das höchste Gebot von allen?, zitierte er das »Schma Jisrael« mit dem Gebot der Gottesliebe und fügte hinzu: Das andre ist dies: ›Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‹. Es ist kein anderes Gebot größer als diese. (Mk 12, 28ff.)
In der Lutherübersetzung des Alten Testaments kommt der »Nächste« 104mal vor, aber die Nächstenliebe nur einmal: in einer langen Liste von ganz unterschiedlichen Geboten im 3. Buch Mose: Du
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