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Wer Mit Schuld Beladen Ist

Wer Mit Schuld Beladen Ist

Titel: Wer Mit Schuld Beladen Ist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Ausdruck schwankte zwischen Schmerz und Hoffnung. »Glaubst du, er könnte ein Verdächtiger sein? Dieser Lyle?«
    Einen langen Moment antwortete Russ nicht. Clare umfasste seinen Arm und drückte ihn fest. Zur Hölle mit dem, was Debbie dachte.
    »Ich weiß nicht«, flüsterte Russ. »Ich weiß überhaupt nichts mehr.«

22
    C lare begleitete Debbie Wolecski nach draußen. Genauer gesagt stolzierten die beiden durch die Kirchentür wie zwei Katzen, die sich ein Revier teilen mussten; steif Abstand haltend und äußerst angespannt.
    »Es ist noch nicht vorbei«, sagte Debbie an der Tür.
    »Das hatte ich auch nicht angenommen.« Clare hatte die Tiefen ihres priesterlichen guten Willens ausgelotet und dessen Grenzen entdeckt. Sie klang zickig, und es war ihr egal.
    Sie wünschte, sie könnte die Narthextür hinter Debbie zuknallen, statt zuzusehen, wie sie sich sanft und hydraulisch gebremst schloss.
    Russ. O Gott.
    Er stand noch immer im Korridor, wo sie ihn verlassen hatte, wie eine Eisskulptur, die lebensecht wirkte, weil das Eis ringsum sie aufrecht hielt. Wie der fünftausend Jahre alte Mann aus der Bronzezeit, in dessen Beutel man noch immer frische Blumen gefunden hatte. Sie hatte vor kurzem gelesen, dass er ermordet worden war. Verraten und dann der Kälte überlassen.
    Als sie Russ so erstarrt dort stehen sah, hatte sie eine plötzliche Eingebung. Wenn sie nachgab und ihn umarmte und weinte und ihr Mitgefühl zeigte, wie sie es am liebsten täte, würde er zerbrechen. Er würde zerbrechen, und es lag nicht in ihrer Macht, ihn wieder zusammenzusetzen. Sie wusste nicht, ob das überhaupt jemand vermochte.
    Sie wies zur Tür. »In mein Büro«, sagte sie.
    Er erwachte zum Leben. Mit einem Blick auf die Uhr schloss sie die Tür hinter ihnen. Neun Uhr. Lois musste jede Minute eintreffen. Sie zeigte auf das durchgesessene Sofa. »Setz dich.«
    Sie ging zu ihrem Schreibtisch und schraubte die Thermoskanne mit Kaffee auf, schenkte ihm einen Becher voll und rührte drei Löffel Zucker aus ihrem Privatvorrat hinein. »Warum bist du gekommen?«
    Er nahm den Kaffeebecher, ohne angesichts des TOD AUS DEN WOLKEN-Aufdrucks auch nur mit der Wimper zu zucken.
    »Ich …« Er klopfte mit der Hand auf seine Taschen. »Ich brauche einen ruhigen Ort, wo ich mir die hier ansehen kann.« Er zog einige Hüllen hervor und ließ sie desinteressiert auf das Sofa fallen.
    Sie hob eine auf. Eine unbeschriftete CD. »Was ist das?«
    »Der Inhalt von Lindas PC. Der größte Teil davon.«
    »Warum kannst du die nicht einfach mit ins Büro nehmen?«
    Er schüttelte den Kopf. Es war die erste freiwillige Bewegung seit Debbies hasserfüllten Enthüllungen. »Ich kann nicht. Die State Police hat eine Ermittlerin geschickt, um den Fall zu übernehmen. Momentan will sie ›mit mir reden‹. Im besten Fall bedeutet das, dass sie mich wegen Interessenkonflikt von dem Fall abziehen will. Im schlimmsten Fall könnte sie mich festnehmen.«
    Sie musste nicht fragen, warum. »Wieso kann die State Police einfach kommen und den Fall an sich reißen? Gibt es da nicht irgendwelche Zuständigkeiten?«
    »Sie sind zuständig, wenn die Polizisten, die den Laden schmeißen, korrupt sind.«
    Irrsinnig, völlig irrsinnig. Sie hielt ihre Zunge im Zaum. »Wie kann ich dir helfen?«
    Er winkte in Richtung der CDs. »Verschaff mir einen ruhigen Ort und einen PC.« Er blickte in seinen Kaffeebecher. »Ich erwarte einen Anruf von – einen Anruf wegen des Autos, das der Junge der Traceys in der Zufahrt gesehen haben will. Ich werde versuchen, den Halter ausfindig zu machen.«
    »Geh in mein Büro.«
    Er begann sich zu erheben. »Nein, ich kann nicht …«
    »Doch, du kannst.« Sie legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte ihn wieder nach unten aufs Sofa. »Ich habe heute keine Gesprächstermine.« Sie schnappte sich ihren Terminkalender vom Schreibtisch und verstaute ihre Schlüssel in der Tasche. »Die Tür schließt von innen. Die einzigen Schlüssel haben ich und Mr. Hadley, der Küster.« Sie nahm ihren Mantel vom Haken. »Ich werde Lois erzählen, ich hätte die Heizung abgestellt und die Tür geschlossen, um Öl zu sparen.« Sie zog eine Grimasse. »Unglücklicherweise ist das nur allzu glaubwürdig.«
    »Wird sich niemand wundern, dass die Tür verschlossen ist?«
    Sie zuckte die Schultern. »Falls jemand neugierig genug ist, es zu probieren, wird er glauben, es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme gegen neugierige Menschen.« Sie spürte, wie ein

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