Wer nach den Sternen greift
und vielleicht in Sibirien gäbe. Sollte sie von nun an so leben? Mit einem Nachttopf in einem dunklen Zimmer?
Fast genau den gleichen Brief schrieb sie an ihre Eltern. Mit irgendetwas musste sie sich schließlich die Zeit vertreiben.
Sie fragte sich, ob Oliver seinen Eltern wohl mittlerweile mitgeteilt hatte, dass sie Großeltern wurden. Und über diesem Gedanken schlief sie ein, zusammengerollt in ihren Kleidern auf ihrem Bett.
Oliver klopfte an ihre Tür und weckte sie, um zu verkünden, es sei Zeit für Cocktails. Als sie erklärte, sie müsse sich nur noch rasch frisch machen, erwiderte er: »Ich gehe schon mal nach unten ins Wohnzimmer.«
An der Unterhaltung merkte Alex, dass Oliver noch nichts von ihrer Schwangerschaft gesagt hatte. Sie warf ihrem Mann einen fragenden Blick zu und sagte zögernd: »Wir haben Neuigkeiten für euch.«
Oliver nickte.
»Ich bin in anderen Umständen«, sagte Alex.
Die Augen der Herzogin leuchteten vor Freude auf, und der Herzog blickte seinen Sohn anerkennend an. »Gut gemacht!«
Oliver nickte.
Alex hatte ihren Mann den ganzen Nachmittag über nicht gesehen. Und am nächsten Tag sah sie ihn auch erst wieder zum Mittagessen, wo er verkündete, er wolle für einige Tage nach London fahren. Er verabschiedete sich noch nicht einmal von ihr.
Sie stand in ihrem Zimmer und blickte aus dem Fenster. In der Ferne ballten sich dunkle Wolken. Bald würde es November sein.
Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich einsamer gefühlt.
19
O liver lächelte. Er hatte Alex geschwängert und damit seine Pflicht erfüllt, zumindest für die nächste Zeit. Natürlich würden sie noch einen weiteren Erben brauchen, falls dem ersten Kind etwas zustieß, aber damit konnte er sich noch mindestens ein Jahr lang Zeit lassen.
Er fuhr mit dem Auto nach London, und während er am Steuer saß, stellte er sich vor, wie seine Hand über Rebeccas seidige Schenkel glitt. Danach hatte er sich nicht am meisten gesehnt, aber ihm hatte das gefehlt, was sie sonst noch miteinander teilten.
Wenn sie zusammen waren, redeten sie über alles Mögliche. Sie lagen nebeneinander in dem großen Bett, in dem sie sich geliebt hatten, sprachen über Bücher oder Politik. Wenn ihr Mann nicht zu Hause war, aßen sie vor dem Kamin in ihrem Schlafzimmer. War George zufällig doch einmal zu Hause, aßen sie in irgendeinem abgelegenen Restaurant im West End, wo Restaurants für die Theaterbesucher lange geöffnet hatten.
Heute würde sie in seine Wohnung kommen (oder vielleicht war sie ja auch schon da und wartete auf ihn), und sie würden den Nachmittag im Bett verbringen. Heute Abend würden sie in einem ihrer Lieblingslokale essen, und sie würden sich unterhalten. Er fragte sich manchmal, ob wohl alle Liebespaare so viel miteinander redeten wie Rebecca und er. Natürlich war es ein Glück, dass sie nicht über Probleme mit den Kindern sprechen mussten, und auch Haushaltsangelegenheiten waren kein Thema, aber eigentlich würde ihm das sogar gefallen, dachte er. Wenn Rebecca mit ihrem Mann im Februar in die Schweiz führe, würde er vielleicht ein wenig Zeit zu Hause verbringen. Schließlich konnte er ja jetzt Geld ausgeben. Er würde gerne Fuchsjagden veranstalten und auch ein großer Silvesterball wäre schön. Den letzten Ball hatten sie gegeben, als er noch ein Kind war, und er konnte sich noch gut erinnern, wie stolz er damals auf das Schloss und die Umgebung gewesen war. Ja, jetzt konnte er alles wieder in Ordnung bringen lassen.
Er musste zugeben, dass es ihm Spaß gemacht hatte, Alex die Freuden des Geschlechtsverkehrs nahezubringen, aber er fragte sich wirklich, was so reizvoll daran sein sollte, eine Jungfrau im Bett zu haben. Sie hatte keine Ahnung, wie man einem Mann Lust bereitete. Er musste ihr alles sagen, und das raubte ihm ein wenig das Vergnügen. Natürlich hatte sie einen jungen, begehrenswerten Körper, aber als er ihre Brüste küsste, stöhnte sie nicht wie Rebecca; sie bewegte sich unter ihm auch nicht, wie Rebecca es tat, und sie besorgte es ihm nicht mit dem Mund. Sicher war sie fügsam gewesen, aber sie hatte ihn nicht erregt. Sie flirtete nie mit ihm und brachte ihn auch nicht zum Lachen. Sie war ein Kind. Rebecca war eine Frau. Und ein Kind zu lieben war nicht besonders erfüllend.
Er trat auf das Gaspedal, weil er hoffte, dass Rebecca in seiner Wohnung auf ihn wartete. Sie hatte einen Schlüssel, und er hatte sie angerufen, um ihr Bescheid zu sagen, dass er heute Nachmittag in die Stadt
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