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Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)

Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition)

Titel: Wer nicht küsst, der nicht gewinnt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karen Clarke
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heiß?«, fragte ich, zog meine Strickjacke aus und knotete sie mir um die Hüften. »Und sollte es nicht langsam dunkel werden?«
    »Klimawandel«, sagte er. »Es ist insgesamt sehr viel wärmer. Und dunkel wird es erst nach zehn.«
    Er schaute in den Himmel und sprang beiseite, um einer Radfahrerin auszuweichen, die auf dem Bürgersteig fuhr und zu einem inneren Rhythmus mit dem Kopf wippte.
    »Eye Piece«, sagte Elliot, als er merkte, dass ich ihr nachschaute.
    »Wie bitte?«
    »Hieß früher iPod.«
    »Ah, iPiece.«
    Er nickte. »Heutzutage schiebt man sich einen Transmitter ins Ohr, ähnlich wie bei einem Hörgerät. Alles drahtlos.«
    »Verrückt.«
    »Verrückt, in der Tat.«
    Er schaute mich an und grinste. »Die Technik ist ein bisschen durchgeknallt.«
    »Ich komme schon kaum mit meinem Computer zurecht«, gab ich zu.
    »Es wird Ihnen sicher gefallen, wo wir hingehen«, sagte er, als wir an einer Reihe pastellfarbener Häuser und der berühmten »Hummingbird«-Bäckerei mit ihrer rosa Markise vorbeikamen. Im Innern wimmelte es von Kunden, und ich blieb instinktiv stehen und drückte mein Gesicht an die Fensterscheibe. Sofort sammelte sich Spucke in meinem Mund.
    »Wahnsinn, wie groß die sind«, wunderte ich mich, als ich die Reihen gigantischer Cupcakes mit Zuckergussschnörkeln und bergeweise kandierten Früchten oben drauf sah. »Ein einzelner würde schon reichen, um mir den Rest zu geben«, sagte ich und beäugte einen Brownie-Kuchen mit drei Schichten aus verschiedenen Schokoladensorten, dekoriert mit Erdbeeren und Minicupcakes.
    »Das ist alles kalorienfrei«, sagte Elliot mit einem Achselzucken. Ein solcher Geniestreich ließ ihn sichtlich kalt. »Hat jede Menge Preise gewonnen.«
    »Das wundert mich nicht«, flüsterte ich und fragte mich, ob sie mir wohl das Rezept geben würden. »Vielleicht könnte ich einen kaufen, wenn du kurz …«
    Doch Elliot war schon weitergegangen, trat gerade einige Meter vor mir durch einen Torbogen und streckte dann seinen Kopf noch einmal auf die Straße heraus. »Beeil dich«, sagte er, und ich folgte ihm schnell ein paar Stufen hinab in etwas, das wie das Gewölbe einer mittelalterlichen Folterkammer aussah.
    Schummriges Licht fiel auf einen gummierten Boden. Die Theke war bestückt mit hohen Gläsern, die mit etwas Blauem, leicht Dampfendem gefüllt waren. Überall liefen Männer in kurzen Lederhosen und Damen in Korsetts herum. In der Mitte des Raums standen etliche schräg nach hinten gekippte Lederstühle. Die Personen, die dort saßen, waren angeschnallt und trugen eine Art Augenbinde. Ein Mann hatte eine Peitsche in der Hand und ließ sie mit einem Knall auf den Boden niedersausen.
    »Das ist ja wohl ein schlechter Scherz«, sagte ich und wich zurück. »Ich stehe nicht auf … Sie wissen schon.« Ich senkte die Stimme und ließ meine Augen durch den Raum huschen. »S & M.«
    »Ach nein?« Er warf einen Blick auf die Jacke, die ich mir umgeknotet hatte. »Ihre Sache ist wohl eher H & M, was?« Sein Mund zuckte.
    »Sehr richtig. Ich verschwinde«, sagte ich und drehte mich entschlossen um, da legte er mir eine Hand auf den Arm. Sofort beschleunigte sich mein Puls.
    »Es ist nicht so, wie Sie denken«, sagte er mit einem spöttischen Grinsen. »Wofür halten Sie mich denn? Das hier ist ›Virtual Dating‹. Im Moment ist das groß in Mode.«
    »Und was soll das dann?« Ich nickte zu dem Mann mit der Peitsche hinüber.
    »Pferderennen vielleicht?«
    »Oh.« Ich schaute mich um, und meine Schultern entspannten sich ein wenig. »Haben Sie das vorher schon mal gemacht?«
    Er schaute mir tief in die Augen. »Nie.«
    »O-okay.«
    Er nickte einer Frau zu, die in der Nähe herumstand, und sie kam mit sanften Bewegungen und einem Lächeln, das so seidig war wie ihr Haar, zu uns herübergeschwebt. Ihr biegsamer Körper war in Leder gehüllt. »Erst Drink, dann die beiden Stühle am Ende«, sagte sie wie ein Roboter. Ich betrachtete sie näher und fragte mich, ob sie vielleicht ein Roboter war . Sie blinzelte und trat einen Schritt zurück.
    »Was soll das?«, fragte ich und schaute in das Glas, das mir der Barkeeper hingeschoben hatte. »Das ist … leer.«
    »Nicht wirklich«, sagte Elliot und hob sein Glas. »Trinken Sie.«
    Normalerweise würde ich das nie tun, weil ich mich ausschließlich an Rotwein hielt, aber was hatte ich noch zu verlieren? Ich nahm das Glas, das sich eiskalt anfühlte, und hielt es an den Mund. Es schien mit irisierendem Licht gefüllt zu sein

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