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Wer Schuld War

Titel: Wer Schuld War Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christa Bernuth
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wichtig.
     »Wir sprechen zwei verschiedene Sprachen«, sagt sie zu Gina. Gina sieht sie an wie ein verletztes Tier, und auch das nimmt
     Pilar ihr nicht ab; alles an dieser Szene war beabsichtigt, vielleicht sogar das Treffen an sich. Es ist demütigend und infam
     wie ein Fußtritt des Schicksals, dem Pilar nicht rechtzeitig ausweichen konnte.
    »Es tut mir leid«, sagt Gina, und es klingt hilflos und fast ehrlich, aber es ist zu spät.
    »Da bin ich mir sicher«, sagt Pilar und steht auf; Paul hat ein doppeltes Spiel gespielt, er hat mit anderen über ihre Beziehung
     gesprochen. Das ist er nun, der Vertrauensbruch, der entwertet, was zwischen ihnen war. Eine Erleichterung. Sie ist Paul nichts
     mehr schuldig.
    Dann weiß sie, dass das eine schreckliche Lüge ist, und sie senkt den Kopf, fühlt sich wieder ganz weit weg, viel näher bei
     Paul als bei den Lebenden, denn in diesem Moment denkt sie, sie hat den Tod verdient. Was sie getan hat, ist unverzeihlich.
    »Paul hat nur dich geliebt«, sagt Gina, als Pilar schonam Gehen ist, und Pilar dreht sich noch einmal um, platziert sorgsam ihren Stich, nicht tödlich, aber schmerzhaft. »Ich weiß
     nicht, ob Paul nur mich geliebt hat. Aber wen auch immer Paul geliebt hat, du warst es nicht. Du hast ihm nur leidgetan.«

GINA
    In dieser Nacht schläft Gina schlecht, denn es ist die Nacht vor ihrer Vernissage. Wieder einmal träumt sie, dass sie die
     Galerie betritt und feststellt, dass die Galeristin sich nicht an ihre Abmachung gehalten hat, dass ihre Bilder nicht, wie
     besprochen, im großen Raum mit dem Schaufenster zur Straße hinaus hängen, sondern in einem kleinen niedrigen, überhitzten
     Kabuff neben der Toilette untergebracht sind, während im großen Raum zwei Objekte von Anselm Kiefer stehen und an den Wänden
     mehrere Werke von Gerhard Richter prangen, zwei Künstler, die sie auch im Wachzustand nicht mag. Und so versucht sie, wie
     schon mehrere Nächte davor, die Gäste davon zu überzeugen, dass Kiefer und Richter überschätzt seien, aber niemand hört ihr
     zu, niemand interessiert sich für Ginas Sachen, und zum Schluss will sie sie selbst nicht mehr ansehen, scheint ihr jeder
     Pinselstrich schief und missglückt, alles falsch und verlogen.
    Als sie wie gerädert aufwacht, ist sie einen Moment lang so erleichtert, dass sie beinahe auflacht, obwohl ihr Herz noch immer
     klopft und ein leichter Schweißfilm auf ihrer Stirn liegt. Auch Nacken und Kopfhaut sind feucht, sogar die Laken fühlen sich
     klamm an. Gina liegt ein paar Minuten lang still und hört auf den Regen, der gegen das Schlafzimmerfenster trommelt, dann
     hört sie ein melodisches Geräusch irgendwo in ihrer Wohnung, steht auf und begibt sich gähnend und mit trägen Schritten auf
     die Suche nach ihrem Telefon.
    Es liegt in der Küche neben dem Herd. Gina drückt auf das Knöpfchen, das die Verbindung herstellt, und hofft, dass es ihre
     Galeristin ist. Dieser sich bis in die Einzelheiten wiederholende Traum beschäftigt sie. Aber es ist nicht die Galeristin,
     natürlich nicht, das wäre ja zu einfach, sondern ihre Mutter. Gina fischt wie auf Kommando ein Knäckebrot aus der angebrochenen
     Verpackung auf dem Fensterbrett und knabbert daran herum, während ihre Mutter fragt, ob sie gerade störe.
    Gina öffnet den Kühlschrank und dann das Kühlfach, aber der Wodka ist alle. Sie stützt sich aufs Fensterbrett und schaut,
     den Hörer schief zwischen Schulter und Ohr geklemmt, in einer ziemlich unbequemen Position auf die nass glänzende Straße hinunter.
     Auf dem Bürgersteig gegenüber kann sie ein Paar erkennen, halb verdeckt von einem Regenschirm, was sich offensichtlich streitet,
     jedenfalls gestikuliert sie heftig und ausladend, während er, soweit das Gina sehen kann, mehr oder weniger regungslos den
     Schirm über beide hält, schon wegen dieser nicht übertragbaren Aufgabe als Sparringpartner benachteiligt. »Würdest du mich
     stören, hätte ich nicht abgehoben«, sagt Gina schließlich in den Hörer, dreht sich um, weg von dem Anblick des Pärchens, und
     nimmt sich ein neues Knäckebrot, während mehlige Krümel von ihren Lippen auf den Küchenboden fallen und ein interessantes
     Muster auf den schwarz-weißen Fliesen bilden.
    »Habe ich dich aufgeweckt?«
    »Das fragst du jedes Mal. Nein.«
    Ihre Mutter lebt mit ihrem zweiten Mann in Ginas Heimatstadt und meldet sich hauptsächlich, um schlechte Neuigkeiten weiterzugeben.
     Auch jetzt sagt sie, dass alles so

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