Werke
behauptet, daß die Apostel es ebenfalls gemacht, wie es alle Gesetzgeber, alle Stifter neuer Religionen und Staaten zu machen für gut befunden. Aber das fällt dem Pöbel, für den er schreibt und prediget, nicht so recht auf. Er spricht also mit dem Pöbel die Sprache des Pöbels, und schreiet, daß mein Ungenannter die Apostel als Betrüger und Bösewichter lästere. – Das klingt! das tut Wirkung! – Vielleicht, wie gesagt, aber auch nicht. Denn auch der geringste Pöbel, wenn er nur von seiner Obrigkeit gut gelenkt wird, wird von Zeit zu Zeit erleuchteter, gesitteter, besser: anstatt, daß es bei gewissen Predigern ein Grundgesetz ist, auf dem nämlichen Punkte der Moral und Religion immer und ewig stehen zu bleiben, auf welchem ihre Vorfahren vor vielen hundert Jahren standen. Sie reißen sich nicht von dem Pöbel, – aber der Pöbel reißt sich endlich von ihnen los.
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Anti-Goeze
Sechster
Non leve est, quod mihi impingit tantae urbis pontifex.
Hieron. adv. Ruffinum
Ich habe erwiesen, (Anti-Goeze III.) daß die Vorteile, welche die Religion objective aus den Zweifeln und Einwürfen ziehet, mit welchen die noch ununterjochte Vernunft gegen sie angeht, so wesentlich und groß sind, daß aller subjektive Nachteil, der daraus mehr befürchtet wird, als daß er wirklich daraus entstehe, in keine Betrachtung zu kommen verdienet; welches auch schon daher klar ist, weil der subjektive Nachteil nur so lange dauert, bis der objektive Vorteil sich zu äußern beginnet, in welchem Augenblicke sofort objektiver Vorteil auch subjektiver Vorteil zu werden anfängt. – Ich habe erwiesen, daß sonach die Kirche, welche ihr wahres Beste verstehet, sich nicht einfallen lassen kann, die Freiheit, die Religion zu bestreiten, auf irgend eine Weise einzuschränken; weder in Ansehung der Sprache noch in Ansehung der Personen einzuschränken, von welchen allein und in welcher allein die Bestreitung geschehen dürfe. (A. G. IV.) – Ich habe erwiesen, daß am wenigsten eine Ausnahme von Punkten gemacht werden dürfe, welche die Bestreitung nicht treffen solle (A. G. V.); indem dadurch ein Verdacht entstehen würde, welcher der Religion sicherlich mehr Schaden brächte, als ihr die Bestreitung der ausgenommenen Punkte nur immer bringen könnte. –
Wenn nun hieraus erhellet, daß die Kirche auch nicht einmal das Recht muß haben wollen, die Schriften, die gegen sie geschrieben worden, von welcher Beschaffenheit sie auch sein mögen, in ihrer Geburt zu ersticken, oder zu ihrer Geburt gar nicht gelangen zu lassen; es sei denn durch die bessere Belehrung ihrer Urheber; wenn selbst diese Urheber, in welchen sie nur den Irrtum verfolget, alle die Schonung von ihr genießen, welche man denjenigen so gern widerfahren läßt, die uns wider ihren Willen, der nur auf unser Verderben geht, Gutes erzeigen: wie kann sie den für ihren Feind erkennen, in welchem sie nicht einmal den eigenen Irrtum zu verfolgen hat, welcher bloß fremde Irrtümer bekannt macht, um ihr den daraus zu erwartenden Vorteil je eher je lieber zu verschaffen? Wie kann der Herausgeber eines freigeisterischen Buches eine Ahndung von ihr zu besorgen haben, mit der sie nicht einmal den Verfasser desselben ansehen würde?
Als Hieronymus eine, seinem eignen Urteile nach, der wahren christlichen Religion höchst verderbliche Schrift aus dem Griechischen übersetzte – Es waren des Origenes Bücher περι αρχων . Man merke wohl, übersetzte! Und übersetzen ist doch wohl mehr, als bloß herausgeben – Als er diese gefährliche Schrift in der Absicht übersetzte, um sie von den Verkleisterungen und Verstümmlungen eines andern Übersetzers, des Ruffinus, zu retten, d.i. um sie ja in ihrer ganzen Stärke, mit allen ihren Verführungen, der Lateinischen Welt vorzulegen; und ihm hierüber eine gewisse schola tyrannica Vorwürfe machte, als habe er ein sehr strafbares Ärgernis auf seiner Seele: was war seine Antwort? O impudentiam singularem! Accusant medicum, quod venena prodiderit. – Nun weiß ich freilich nicht, was er mit jener schola tyrannica eigentlich sagen wollen. Und es wäre doch erstaunlich, wenn es auch damals schon unter den christlichen Lehrern Leute gegeben hätte, wie Goeze! – Aber eine ähnliche Antwort habe ich doch schon für mich auch gegeben. (10) »Weil ich das Gift, das im Finstern schleichet, dem Gesundheitsrate anzeige, soll ich die Pest in das Land gebracht haben?«
Freilich, als ich die Fragmente heraus zu geben anfing, wußte
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