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Wetterleuchten

Wetterleuchten

Titel: Wetterleuchten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bestätigten sich, als Courtney an der Reihe war: »Jesus Christus«, sagte sie mit geschlossenen Augen und gesenktem Kopf, »du weißt, dass Derric und ich miteinander Geschlechtsverkehr haben wollen. Du weißt, wir haben alles ausprobiert außer den eigentlichen Akt, und ich fühle mich ... ich fühle mich deswegen schlecht. Ich fühle mich hin- und hergerissen und gelobe, dass ich, wenn ich mit ihm zusammen bin, meine Hände nicht auf sein ...«
    Derric sprang auf. Seine Bewegung war so abrupt, dass die Schüler rechts und links von ihm hochschreckten. Alle hoben den Kopf, und als er sie nacheinander ansah, fühlte er sich nackter, als er sich je zuvor gefühlt hatte. Er wusste, er musste hier weg.
    Er hörte, wie sie seinen Namen rief. Zu allem Übel lief ausgerechnet Becca King gerade am Klassenzimmer vorbei. Zweitunterhosen-Schuman lief ihr hinterher und höhnte: »Hey, du wolltest doch das Sagen haben, Kuhfladen«, worauf Becca erwiderte: »Auf welchem Stern lebst du eigentlich, Tod?« So wütend hatte Derric sie noch nie reden hören. Sie sah ihn und wurde rot wie eine Tomate. Derric sah sie und wollte weglaufen. In der Zwischenzeit war Courtney aus dem Klassenzimmer gekommen und schrie: »Ich dachte, du wüsstest, worum es beim Gebetskreis geht! Wenn man betet, muss man ehrlich sein. Sonst ist es kein Gebet.« In dem Moment wäre er am liebsten im Boden versunken.
    Becca schluckte, sah von Derric zu Courtney und eilte davon. Tod ging ihr nach und rief: »Du kannst dich nicht drücken.« Courtneys blaue Augen füllten sich mit Tränen. Derric sagte: »Scheiß drauf. Ich muss einfach nachdenken.«
    Ausgerechnet an diesem Abend beschloss sein Dad, das Gespräch zu führen, auf dem Rhonda beharrt hatte. Derric war in seinem Zimmer und versuchte, an seinem gemeinsamen Geschichtsreferat mit EmilyJoy Hall zu arbeiten, als Dave Mathieson hereinkam. Als er sich auf seine typische Dad-Art räusperte, mit der er ernste Gespräche einleitete, wusste Derric, was gleich kommen würde.
    Dave setzte sich aufs Bett. Derric drehte sich von seinem Schreibtisch um. Dave betrachtete seine Schuhe. Schließlich begann er: »Mädchen, mein Sohn ...«, worauf Derric erwiderte: »Ich weiß, worüber du reden willst.«
    »Ja? Worüber?«
    »Mom macht sich wegen mir und Courtney Sorgen. Aber da läuft nichts.«
    Dave Mathieson blickte skeptisch. Derric kannte die Geschichte seines Vaters: Er hatte mit neunzehn geheiratet aus dem einzigen Grund, warum man als Neunzehnjähriger heiraten würde. »Das Dümmste, was ich je getan habe«, wie es Dave meistens ausdrückte. Und dann fügte er immer hinzu: »Das Allerdümmste«, für den Fall, dass Derric es nicht begriffen hatte.
    Derric fuhr fort. Er hielt es für das Beste, seinem Dad von dem Gelübde und dem Gebetskreis zu erzählen. Dave Mathieson saß auf Derrics Bettkante und hörte zu, so wie er es immer tat, den Blick fest auf Derrics Gesicht gerichtet, aber das bedeutete nicht, dass er das, was Derric zu sagen hatte, besonders überzeugend fand. Er brachte dies mehr oder weniger deutlich zum Ausdruck, als Derric fertig erzählt hatte.
    Er sagte: »Wenn es richtig zur Sache geht, Junge, hat ein Gelübde nicht viel Bedeutung. Man kann alles Mögliche hoch und heilig geloben und sich dann am Ende doch nicht dran halten.«
    »Diesmal schon«, versicherte ihm Derric. »Sie meint es wirklich ernst.« Und um es zu beweisen, erzählte er seinem Dad, was an dem Tag im Gebetskreis genau vorgefallen war.
    Sein Dad fragte: »Was hältst du davon?«
    »Wovon? Vom Gebetskreis oder davon, was sie gesagt hat?«
    »Beides.«
    »Uncool. Ich meine, ich bin sowieso nicht der Gebetskreistyp. Aber ... na ja, zumindest versucht sie es.«
    »Versucht was?«
    »Du weißt schon. Es nicht zu tun. Du weißt schon. Und ich glaube, ich will es sowieso nicht. Aber ich weiß nicht, warum.«
    »Hat das was mit Becca King zu tun?«
    Derric schüttelte den Kopf. »Mit ihr war es anders. Ich meine, es war nicht so ... Es ging nicht alles so schnell wie mit Courtney. Ich weiß nicht, Dad. Vielleicht ging da gar nichts.«
    Dave nickte und sagte: »Manchmal weiß man einfach nicht so recht, was echt ist und was nicht.«
    »Das stimmt«, gab Derric zu. Nur dass sich Courtney natürlich mit jeder sinnlichen Faser ihres Körpers sehr echt anfühlte.
    Aus irgendeinem Grund sah Dave von Derric zu dem Sitzsack. Derric verkrampfte sich, als er es bemerkte. Aber Dave erwähnte den Sitzsack nicht, und als er schließlich

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