Whisper (German Edition)
Messer, versuchen. Manchmal lassen sie sich auch aufhebeln. Manche Schlösser geben nach.“
„Es ist kein gewöhnliches Schloss“, erklärte Patrick ärgerlich, „sondern so ein Sicherheitsschloss, glaube ich. Es steht „burglarproof“ drauf.“
„Shit!“ hörte er von drinnen. „Die kriegst du nicht auf. Bei denen habe auch ich meine Probleme. Wir sitzen hier drinnen also erst mal fest. Na toll.“
Jasmin hatte die Hütte umrundet. Die Fensterläden waren alle verschlossen und mit Vorhangschlössern gesichert. Sie hatte keine Ahnung, wie die Dinger zu knacken waren, weswegen sie es gar nicht erst versuchte. Es gab an der ganzen Hütte weder eine Schwachstelle noch ein Schlupfloch. Kunststück, man hatte sie wildtiersicher gebaut, um einem Bären von fünfhundert Kilo die Möglichkeit zu nehmen, einzudringen. Wie sollte sie dann da reinkommen?
„Und was machen wir jetzt“, hörte sie drinnen jemanden rufen, während Patrick nochmals heftig gegen die Tür trat und sich wütend umdrehte.
„Jasmin. Bist du da?“
Jasmin war wieder in der Nähe der Tür und konnte Kinos Stimme deutlich hören.
„Ich bin hier, Kino“, antwortete sie laut und konzentrierte sich, um den jungen Indianer besser verstehen zu können.
„Habt ihr Pferde, Jasmin?“
Jasmin schüttelte den Kopf, kam aber erst Sekunden später dahinter, dass das Kino nicht sehen konnte.
„Nein. Tom hat sich losgerissen und ist in den Wald gelaufen. Die beiden anderen Pferde haben sie mitgenommen. Es ist von einem Auto die Rede gewesen, das fast voll sein soll, und dass ihnen der Boden unter den Füßen zu heiß wird. Also wollen sie über die Grenze in die USA. Sie haben euch eingeschlossen und die Tiere mitgenommen, damit niemand Hilfe rufen kann und sie genug Vorsprung haben. Von uns wissen sie nichts.“
Wieder hörte sie Gemurmel hinter der Tür. Kurz darauf ertönte Stefans Stimme.
„Es ist nicht mehr weit zur Ranch, Jasmin. Glaubst du, dass du es zu Fuß schaffen kannst?“
Jasmin musste lächeln.
„Der Weg ist nicht das Problem, Stefan. Ich kenne nur die Richtung nicht. Ich weiß nicht, wohin ich gehen muss.“
Stille.
Patrick musterte sie eindringlich.
„Aber gestern wusstest du es doch auch“, bemerkte er leise, wobei er sich gegen die Wand der Hütte lehnte. Abermals schüttelte Jasmin den Kopf.
„Tom wusste es, nicht ich. Ich habe auf seinen Instinkt vertraut. Ich selbst hatte keine Ahnung.“
Patrick hob den Kopf und sah sie mit gerunzelter Stirn an.
„Wir sind hinter dir hergegangen, haben dir vertraut, obwohl du keine Ahnung hattest? Kein bisschen?“
„Wir sind Tom hinterhergegangen. Und der hatte Ahnung.“
„Jasmin!“
Das Mädchen wurde wieder abgelenkt.
„Ja!“
„Weißt du wo Südwesten ist?“
„In etwa.“
„Nicht in etwa. Genau!“
„Nein!“
Wieder wurde es ruhig. Patrick rutschte an der Hüttenwand runter und ging in die Hocke. Mit den Händen fuhr er sich durch die Haare.
„Langsam habe ich die Schnauze voll von solchen Abenteuern. Mir geht der Kak mit der Wildnis jetzt schon mächtig auf den Geist.“
Jasmin sah ihn von der Seite her an.
„Willst du aufgeben?“, fragte sie etwas ärgerlich, da er sich dafür wohl den schlechtesten Zeitpunkt ausgedacht hatte.
„Hast du eine bessere Idee?“
Jasmin stieß mit der Schuhspitze in den Boden.
„Na, zumindest nicht aufgeben. Wir haben es bis hierher geschafft, wir kriegen das auch weiterhin auf die Reihe. Was wir brauchen, ist eben nur eine Idee. Es wird uns schon was einfallen.“
Patrick nahm seine Hände aus dem Gesicht und wandte sich ihr zu.
„Dein Optimismus ist bemerkenswert. Wer sagt dir, dass wir hier nicht verschimmeln?“
„Ich sage das!“
Patrick lachte laut auf.
„So! Du! Scheinst dich ja dahingehend bestens auszukennen.“
Jasmin wurde langsam wütend.
„Nein, ich kenne mich nicht aus. Ich habe mich bisher auch nicht ausgekannt. Auch nicht gestern in der Nacht, als ich im Stockdunklen durch den Wald geritten bin, um euch zu helfen. Ich will hier nicht verschimmeln und werde nicht verschimmeln. Es wird uns etwas einfallen, damit wir alle dieses Abenteuer beenden können. Und dazu braucht man Optimismus. Sich hinzusetzen und aufs Abkratzen zu warten, ist bestimmt nicht der beste Weg.“
„Hört auf zu streiten!“
Es war Stefans Stimme und Jasmin hätte am liebsten gegen die Tür getreten, als sie plötzlich Patricks Gesicht sah. Er riss die Augen mächtig weit auf, öffnete den Mund ohne etwas zu
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