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Whisper (German Edition)

Whisper (German Edition)

Titel: Whisper (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandy Kien
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eine Bedeutung in Jasmins Leben?
    Kino legte zuerst die Satteldecke auf Toms Rücken, bevor er den Sattel auflegte. Jasmin rührte sich nicht. Dann trat er auf die andere Seite und löste den Gurt aus der Lasche. Dabei fiel ihm aus dem Augenwinkel heraus auf, dass Jasmin den ersten Schritt in Richtung Pferd gewagt hatte. Absichtlich hantierte er noch etwas länger an dem Sattel herum, denn wenn er zu früh aufhörte, lief er Gefahr, dass sie den Mut, den sie gerade entwickelte, wieder verlor.
    Das Mädchen machte den nächsten Schritt. Sie hob ihren Blick leicht, als würde sie ihre allernächste Umgebung absichern, blieb mit den Augen dann an dem Pferd hängen. Zart streckte sie die Hand aus, um Toms Schenkel zu berühren. Das Pferd hob leicht den Kopf, wandte ihr seinen Blick zu und war mit der Sachlage zufrieden. Normalerweise brachte Tom nichts aus der Ruhe. Selbst ein Bombenangriff wäre tonlos an ihm vorbeigezogen.
    Jasmins Hand glitt von hinten weiter nach vorne. Sie spürte die Wärme des Pferdes, das feine Fell, die Muskeln darunter. Sie kannte das Gefühl. Es war weich und angenehm. Ihr stieg Toms spezifischer Pferdegeruch in die Nase. Der Sattel. Jasmins Finger glitten vorsichtig über das Leder. Auch das war nicht neu. Ein Sattel, ein Pferd, welches wartete. Fast automatisch bückte sie sich und griff unter der Pferdebrust durch, fischte nach dem Gurt. Ihre schlanken Finger lösten das Leder, mit dem sie den Gurt verschnallen konnte. Ihre Bewegungen wirkten unsicher. Nicht, weil ihr die Handgriffe fremd waren. Die kannte sie im Schlaf. Das Pferd versprühte eine unbändige Kraft. Seine Aura hatte sie ergriffen und Jasmin war sich nicht sicher, ob sie bereit war, den Gefühlen, die dieses Tier auslöste, nachzugeben, oder ob sie es besser bleibenlassen sollte. Auf der anderen Seite des Rappen stand Kino. Sein Herz hämmerte heftig gegen seine Brust. Er hielt den Atem an, betete, es möge nicht aufhören, sondern anhalten, was sich gerade zwischen dem Mädchen und dem Pferd anbahnte. Er konnte nicht auf die andere Seite sehen, aber dafür umso mehr spüren. Ein unglaubliches Glücksgefühl überkam ihn und dies alles nur, weil ein eigentlich fremdes Mädchen nach einem Sattelgurt griff. Es gab schon komische Dinge im Leben.
    Kino beobachtete, wie sie nahezu andächtig den Gurt einschnallte und den Steigbügel vom Knauf nahm. Ihm lag viel daran, dieses bisschen an Mut, an Selbstständigkeit und an Überwindung zu erhalten. Keinesfalls wollte er jetzt eine falsche Bewegung machen oder etwas Verkehrtes sagen, wodurch sie sich veranlasst sehen könnte, sich von dem, was sie tat, wieder abhalten zu lassen. Aber was war richtig, was war falsch? Was würde sie schlecht auffassen, was ertragen? Es waren so kleine Schritte, die sie tat. Sie hatte mit ihm gesprochen, nur zwei Wörter, aber sie hatte etwas gesagt. Jetzt versuchte sie sich an einem Pferd und Kino wusste, dass es Dinge gab, die man nicht so einfach beiseite stecken konnte. Tom übte vermutlich eine gewisse Faszination auf sie aus, oder erinnerte sie an Tage, an denen noch alles okay gewesen war. Wahrscheinlich gab sie nur einem Gefühl nach … es war ein Anfang.
    Mit einem Aufatmen nahm er das Zaumzeug an sich und umrundete Tom damit. Entweder wich sie jetzt zurück, oder sie machte weiter mit. Das galt es herauszufinden.
    Mit einer selbstverständlichen Handbewegung überreichte er ihr den Zaum, wagte sie kaum anzusehen. Was würde sie tun, sich wieder verschließen, weitermachen? Es waren nur Zehntelsekunden, Momente, aber für Kino halbe Ewigkeiten. Und er glaubte zerspringen zu müssen, als sie nach der Zäumung griff, zögernd aber doch. Ihr Griff war schwach, so, als wäre ihr der Zaum zu schwer, doch Kino beobachtete, wie sie ihn nahm.
    Jasmin verhielt für einen Augenblick, haderte mit dem Ja und dem Nein, dem „soll ich“, und dem „soll ich nicht“. Was siegte, war vielleicht die Gewohnheit. Ein Pferd, welches gesattelt war, gehört auch gezäumt. Ihre schlanken Finger umfassten das Leder. Kino trat etwas zur Seite. Er beobachtete, wie sie dem Pferd zuerst das Halfter abstreifte, die Zügel überlegte, und ihm den Arm über den Nacken legte. Tom reagierte automatisch und senkte den Kopf. Jasmin ließ ihn geschickt in das Zaumzeug hineinschlüpfen und Kino hätte schwören können, dass ihr Tom dabei half. Bereitwillig nahm er die Trense auf und wartete geduldig, bis das Zaumzeug an seinem Kopf saß. Jasmins Bewegungen waren sicher und

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