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Wickelkontakt - Roman

Titel: Wickelkontakt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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rannte und keuchte, hustete und prustete, schnaufte und schwitzte, und als ich endlich nach gefühlten siebenundzwanzig Minuten beim Auto ankam, wäre ich am liebsten direkt wieder nach Hause gefahren, um zu duschen. Der Rock war mir beim Laufen fast über die Hüften gerutscht, das T-Shirt hing mir unter den Achseln und ich hoffte, meine Atmung beruhigte sich zumindest, bis ich beim Termin war.
    Der Verkehr war einigermaßen normal, ich raste wie eine Irre durch die Stadt, überholte links und rechts, hupte, fluchte, bremste und wechselte Spuren, ohne zu blinken. Jaja, schon klar, ich hätte hier kein Fahrsicherheitstraining bestanden, aber ich hatte mir dermaßen in den Kopf gesetzt, diesen Job jetzt zu bekommen, dass ich wenigstens einigermaßen pünktlich auftauchen wollte. Also Platz da! Jetzt komm ich! Hui!
    Um Punkt zehn hielt ich schließlich vor einem grauen, völlig unattraktiv aussehenden Klotz von Bürogebäude, fand sogar schnell einen Parkplatz, nahm mir dann aber noch mal eine halbe Minute Zeit, um mich nachzupudern und die Schwitzspuren zu entfernen, strich meinen Rock glatt, und ging– jawohl, ging!– in Richtung Eingangstür. Nichts macht einen schlechteren Eindruck, als zu einem Bewerbungsgespräch zu rennen! Das konnte ich mir also gerade noch verkneifen. Mein Täschchen an mich gedrückt, betrat ich die klimatisierte Vorhalle von Hamburg aktuell und anderen Hamburger Firmen, die mir aber alle nichts sagten. Anwaltskanzleien und Grafikdesigner hatten sich hier eingemietet, und von den oberen Etagen hatte man bestimmt einen tollen Blick auf die Elbe. Ich steuerte, hoffentlich ohne hektisch zu wirken, auf den Empfang zu. Dort saß eine ganz normale Empfangsdame mit einer strengen Nana-Mouskouri-Brille, die mich bestimmt gleich wieder vergessen würde, wenn ich gesagt hatte, wer ich war und was ich wollte.
    » Hallo, ich bin Sophie Sonnenberg und habe um zehn ein Vorstellungsgespräch bei Hamburg aktuell«, sagte ich so freundlich und ruhig wie möglich.
    Die Empfangsdame musterte mich kurz, griff zu einem ihrer vielen Telefonhörer, wählte eine kurze Nummer und sagte: » Sie wäre dann jetzt da.« Dann funkelte sie mich böse an und deutete mahnend auf die große Uhr, die über den Fahrstühlen hing und zehn Minuten nach zehn zeigte.
    » Ja, ist gut, ich schick sie hoch.« Sie legte den Telefonhörer auf. » Fünfter Stock, bitte. Sie sind aber ganz schön spät!«, meckerte sie mich an. Huch, so viel zu spät war ich ja nun nicht. Ich wurde etwas kleinlaut und sah sie unschuldig an.
    » Ich wusste nicht, was ich anziehen sollte«, versuchte ich ihr meine missliche Lage zu erklären. » Ich meine, sehen Sie nur, ich musste schließlich diesen scheußlichen Rock und das schwarze T-Shirt anziehen, ich hatte nichts anderes. Das liegt nämlich daran, dass ich gerade keinen Job und kein Geld habe und mir nichts Neues kaufen kann, und deshalb bin ich ja hier, um wieder zu arbeiten, damit ich mich neu einkleiden kann.«
    Schade, » ehrlich währt am längsten« zog hier anscheinend nicht. Dass ich den Termin fast komplett verpasst hätte, brauchte sie nun wirklich nicht unbedingt zu wissen.
    Die Dame rollte mit den Augen und deutete mit einem langen manikürten Zeigefingernagel auf den Fahrstuhl.
    » Fünfter Stock bitte, Martin Marciewski erwartet sie in K 214. «
    Ich fuhr mit klopfendem Herzen hoch– irgendwie immer noch außer Atem von der Rennerei zum Wagen und der stressigen Autofahrt hierher– und stand dann in einem langen Flur, vor der Tür mit einem kleinen Schild: Hamburg aktuell – K 214 . Hier würde sich meine Zukunft entscheiden.
    Jetzt war ich doch richtig nervös und bereute, dass ich mir die letzten zwei Wochen keine richtige Rede für das Bewerbungsgespräch überlegt habe. Ganz abgesehen davon, dass ich mich zudem in Sachen Politik, Wirtschaft oder Sport auch nicht vorbereitet hatte. Klar hatte ich jeden Tag Zeitung gelesen und im Internet gesurft, die Zeit dafür hatte ich ja nun– aber da ich eher auf Klatsch und Tratsch stand, hatte ich doch lieber gelesen, was Robbie Williams so machte und wie es David Beckham ging.
    Mutig klopfte ich nun an und betrat dann die Höhle des Löwen. Martin Marciewski sah aber nun gar nicht aus wie ein Löwe, bis auf die blonde, aber recht kurze Mähne– ansonsten machte er den Eindruck eines ganz normalen Typs Mitte dreißig, mit heller Haut, die im Sommer bestimmt eher rot als braun wurde, leichten Sommersprossen und einem sommerlichen Hemd.

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