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Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung

Titel: Widersacher-Zyklus 04 - Erweckung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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wenn du das willst.«
    »Ich würde das sehr zu schätzen wissen, Bill.«
    Bill lächelte. »Wozu hat man denn alte Freunde? In welchem Jahr war das noch mal?«
    »1942. Ich bin im Januar 1942 hierhergekommen.«
    »Ich sehe zu, was ich finden kann. Setzt euch. Es wird nicht allzu lange dauern.«
     
    4.
     
    »Stell dir das mal vor … Bill Ryan«, hörte Jim Carol sagen, als sie allein waren.
    Er warf ihr einen Blick von der Seite zu und raunte ihr mit einem lüsternen Bühnenflüstern zu: »Immer noch heiß auf ihn?«
    Carol schlug ihm auf den Arm. Hart. Es tat weh. Sie meinte es ernst.
    »Das ist überhaupt nicht komisch. Er ist ein Priester.«
    »Aber immer noch ein gut aussehender Kerl.«
    Carol blinzelte und grinste. »Das kann man wohl sagen.«
    »Habe ich schon und einmal reicht auch.«
    Jim schloss die Augen und lauschte dem alten Gebäude um ihn herum. Das St. Francis Waisenhaus für elternlose Knaben. Das Letzte seiner Art, soweit er das wusste. Seit er erwachsen war, war er zwar sehr oft hier gewesen, aber er konnte sich nicht mehr daran erinnern, wie dieser Ort gewesen war, als er ein Kind war. Warum sollte er auch? Er hatte nur wenige Wochen hier verbracht, bis Jonah und Emma Stevens ihn adoptiert hatten. Was für ein Zufall. Nur wenige Stunden, nachdem er auf der Schwelle gefunden worden war, waren die Stevens gekommen, um einen männlichen Säugling zu adoptieren. Der Kriegsausbruch war erst sechs Wochen her, aber die Anträge auf Adoptionen waren bereits drastisch zurückgegangen. Das Findelkind bekam ein Heim und wurde zu James Stevens, bevor er zwei Monate alt war.
    Was für ein Glück.
    Und wie viel mehr Glück hatte er jetzt, weil er der Erbe eines reichen Mannes war.
    Was war mit all den anderen, die nicht so viel Glück hatten? Was war mit den anderen heimatlosen Kindern, die durch Schicksalsschläge oder Vernachlässigung keine Eltern mehr hatten, und die Jahre hier verbringen mussten, und immer wieder in fremde Familien verfrachtet wurden und zurückkamen, bis sie irgendwann einmal irgendwo hängenblieben, oder alt genug waren, dass sie auf eigenen Füßen stehen konnten? Sie taten ihm leid.
    Was für ein schreckliches Leben.
    Sicher, es konnte einem Kind auch erheblich schlechter ergehen. Die Nonnen aus dem Kloster nebenan unterrichteten die Kinder in der Gemeindeschule, wechselten die Bettbezüge und machten die Wäsche, während die Priester als Vaterfiguren fungierten. Ein stabiles, strukturiertes Umfeld mit einem Dach über dem Kopf, einem sauberen Bett und drei Mahlzeiten am Tag. Aber es war kein Zuhause.
    Irgendwie war Jim mit viel Glück 1942 diesem Schicksal entgangen. Er überlegte, wie viel Glück er wohl bei der Testamentseröffnung in der nächsten Woche haben würde.
    Wenn ich mehrere Millionen bekomme, dann adoptiere ich jedes Kind in St. F., jeden dieser armen kleinen Bastarde.
    Er konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
    Ja! Arme, kleine Bastarde. So wie ich!
    »Worüber grinst du da?«, fragte Carol.
    »Ich denke nur nach. Ich frage mich, wie viel ich aus dem Hanley-Nachlass bekommen werde. Vielleicht reicht es, damit wir mal so richtig ausspannen und uns ernsthaft an die Aufgabe machen können, dafür zu sorgen, dass Kinderfüße durch unser Haus trapsen.«
    Ein besorgter Blick zuckte über Carols Gesicht, als sie ihre Hand in seine gleiten ließ.
    »Vielleicht.«
    Er wusste, was für Sorgen sie sich machte, dass sie keine Kinder bekommen könnte. Sie waren das Thema schon hundertmal durchgegangen. Die Tatsache, dass ihre Mutter damit Probleme gehabt hatte, bedeutete nicht automatisch, dass auch Carol diese Probleme haben würde. Jeder Arzt, bei dem sie gewesen war, hatte ihr gesagt, sie solle sich keine Sorgen machen. Und trotzdem dachte sie an nichts anderes.
    Also machte er sich auch Gedanken. Alles, was Carol Sorgen bereitete, bereitete ihm noch mehr Sorgen. Er liebte sie so sehr, dass es bisweilen richtig schmerzte. Es war ein Klischee, das wusste er, aber manchmal sah er sie an, während sie las oder in der Küche hantierte, und nicht wusste, dass er sie beobachtete, und er spürte einen Schmerz tief in seinem Innern. Er wollte nichts mehr, als eines Tages in der Lage zu sein, ihr das Gefühl zu geben, dass sie mit ihm so viel Glück gehabt hatte, wie er mit ihr.
    Geld allein konnte dieses Gefühl nicht geben, aber mit der Erbschaft konnte er ihr alles kaufen, konnte ihr das Leben bieten, das sie verdiente. Was ihn selbst anging – er hatte alles, was er wollte,

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