Wie Blüten im Wind: Roman (German Edition)
erleuchtet, was Jude überraschte. Fast alles hier war aus Edelstahl. Und es war laut hier, Apparate zischten und stampften rhythmisch. Auf einem Computerbildschirm zeigte eine grüne Linie auf schwarzem Grund aufsteigend und abfallend einen Herzschlag.
»Gott sei Dank«, flüsterte Jude. Sie hatte sich geirrt. Im Rauschen nach dem Es tut mir leid hatte sie wohl etwas missverstanden. Mia war nicht fort. Sie war hier, direkt vor ihr, und sah so wunderschön aus wie immer. Ihre Brust hob und senkte sich. »Ihr geht es gut.«
Die Frau mit dem Klemmbrett trat zu ihr. »Leider nein. Es tut mir leid. Man nennt dies klinisch tot, und ich kann …«
»Stopp«, sagte Miles so schroff, dass die arme Frau bleich wurde. »Ich weiß, warum Sie hier sind und dass wir nicht viel Zeit haben. Ich habe mit Dr. Adams gesprochen. Wir sind einverstanden. Lassen Sie uns jetzt einfach allein.«
Die Frau nickte.
»Womit sind wir einverstanden?« Jude sah Miles fragend an. »Sie sieht vollkommen in Ordnung aus. Hier und da ein paar blaue Flecken, aber … sieh doch, wie sie atmet. Und ihre Hautfarbe ist auch normal.«
Miles’ Augen füllten sich mit Tränen. »Das sind die Apparate«, sagte er sanft. »Die halten ihren Körper am Leben, aber ihr Geist … unsere Mia … ist nicht mehr hier.«
»Sie sieht …«
»Vertrau mir, Jude. Du weißt, dass ich um sie kämpfen würde, wenn … unser Mädchen noch da wäre.«
Sie konnte ihm nicht glauben. Alles in ihr schrie, dass das nicht gerecht war, nicht richtig, dass dies ein Irrtum war. Sie schüttelte den Kopf und wollte sich von Miles lösen, aber er hielt sie fest. Er zog sie an seine Brust und drückte sie so fest an sich, dass sie sich nicht rühren konnte.
»Sie ist fort«, flüsterte er ihr ins Ohr.
Da schrie sie laut auf, wand sich in seinen Armen und sagte immer wieder nein, nein, nein, aber er drückte sie weiterhin an sich. Sie weinte, bis ihr ganzer Körper sich leer und schlaff anfühlte. Erst da ließ er sie los.
Steif bewegte sie sich zum Bett ihrer Tochter.
Mia war umgeben von Apparaten, Kabeln und Schläuchen. Sie sah so gesund aus, als könnte sie jeden Augenblick aufwachen und Hola, madre sagen.
»Hey, Püppchen«, sagte Jude und hörte wütend, wie ihre Stimme bei dem vertrauten Kosenamen brach. »Sie braucht ihr Stofftier. Warum haben wir es nicht mitgenommen?«
Miles trat zu ihr. »Hey, meine Kleine«, setzte er an, dann verlor er die Fassung.
Jude hätte ihn gern getröstet, aber sie konnte es nicht.
»Als Letztes habe ich zu ihr gesagt, ich würde ihr nicht verzeihen. O mein Gott, Miles …«
»Nicht«, sagte er nur.
Wenn Miles nicht bei ihr gewesen wäre und sie gestützt hätte, wäre sie neben diesem Mädchen zusammengebrochen, das so friedlich zu schlafen schien. Jude wusste noch, wie es sich angefühlt hatte, mit ihr schwanger zu sein, sie sich vorzustellen, sie zu lieben, bevor sie sie überhaupt gesehen hatte; wie sie mit ihren ungeborenen Zwillingen gesprochen hatte, die in ihrem dicken Bauch geschwommen waren wie zwei winzige Fische, die unzertrennlich waren, immer zusammen …
Jetzt würde Zach allein sein. Ein Einzelkind.
Wie sollte sie ihm das beibringen?
Jude kam sich vor wie in Watte, ganz weit weg von allem anderen. Sie konzentrierte sich nur auf ihre Tochter. In der nächsten Stunde wurden Verwandte und Freunde angerufen. Miles übernahm das. Dann drangen Worte zu Jude vor, die zuvor keine Bedeutung für sie gehabt hatten. Organe. Herz. Netzhaut. Haut. Das Leben anderer retten. Sie nickte und unterschrieb, ohne etwas zu sagen, ohne jemanden anzublicken. Menschen drängten sich neben sie, stießen sie an, während sie Tests an Mia durchführten. Mehr als einmal zischte Jude sie an, sie sollten vorsichtig mit ihrer Tochter umgehen. Mehr konnte sie jetzt nicht tun. Sie erklärte ihnen, dass Mia kitzelig war, dass sie ständig summte, aber keinen Ton halten konnte, und dass sie Kälte hasste.
Niemand schien ihr zuzuhören. Alle wirkten unglaublich traurig und flüsterten nur. Irgendwann kam der Geistliche zu ihr, zog sie vom Bett weg und versuchte, sie mit einstudierten Worten zu trösten. Sie stieß ihn mit dem Ellbogen beiseite und eilte zu Mia zurück. »Ich bin hier, Püppchen«, sagte sie. »Du bist nicht allein.«
Sie stand dort, solange sie sie ließen: Vollkommen unbeweglich flüsterte sie ihr Koseworte und Geschichten aus der Kindheit zu und versuchte, sich an jede Einzelheit über Mia zu erinnern.
Schließlich – als sie
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