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Wie ein Blütenblatt im Sturm

Wie ein Blütenblatt im Sturm

Titel: Wie ein Blütenblatt im Sturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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und Maggie hatte das Talent, diese zu überzeugen, sich ihr anzuvertrauen.
    Europa war voller Frauen, die in Bonapartes Kriegen ihre Väter, Ehemänner, Söhne und Geliebte verloren hatten. Viele gaben nur allzu gerne Informationen weiter, die zum Frieden beitragen würden. Manche wollten Rache wie Maggie, andere waren verarmt und benötigten dringend Geld. Zusammen waren sie das, was Robin immer Maggies Miliz< nannte.
    Wichtige Dokumente konnten aus den Papierfetzen in den Abfallkörben zusammengesetzt werden; manchmal steckten hochinteressante Papiere in den Taschen der Kleider, die zum Waschen geschickt wurden; Männer prahlten bei ihren Eroberungen gerne von ihren Taten.
    Maggie pflegte die Beziehungen zu den Frauen, die Zugang zu solchem Wissen hatten, lauschte ihren Sorgen, Nöten und Freuden und gab ihnen manchmal Geld, damit sie ihre Kinder ernähren konnten, selbst wenn sie nichts Wissenswertes zu verkaufen hatten.
    Im Gegenzug schenkten diese Frauen ihr ihre Treue, die mehr wert war als alles, was man kaufen konnte. Keine von ihnen hatte Maggie jemals betrogen, viele waren zu Freundinnen geworden.
    Seit dem Verlust ihres Vaters hatte Maggie die meiste Zeit in Paris verbracht, zuerst in bescheidener Witwen-tracht, das Haar unter einer Haube verborgen. Doch als der Wiener Kongreß zusammengerufen wurde, hatte sie ihr normales Aussehen wiederhergestellt und war als Grä-
    fin Janos nach Wien gegangen, wo sie sich innerhalb ihres gesellschaftlichen Standes unter den Diplomaten bewegte.
    Als Napoleon von Elba floh und die Krone zurückfor-derte, war Maggie augenblicklich nach Paris zurückgekehrt, um ihren Platz wieder einzunehmen und Informationen nach London zu schicken. Nach Waterloo fanden sich die meisten Diplomaten und das ganze Gefolge des Wiener Kongresses in Paris ein, also hatte sie sich einmal mehr in die Gräfin verwandelt und ein Haus, das ihrem Rang entsprach, gemietet. Doch langsam hatte sie es satt, jemand anderer zu sein als sie selbst.
    In der langen Zeit hatte Robert Anderson in ihrem Leben verschiedene Rollen gespielt. Er hatte ihr geholfen, sich als Spionin zu etablieren, und das Geld herange-schafft, das sie brauchte, um bequem zu leben und ihre Informanten bezahlen zu können. Er hatte ihr ebenso Kom-munikationswege erschlossen, was nicht einfach gewesen war, als Napoleons Kontinentalsperre fast alle europäischen Häfen nach England geschlossen hatte. Gelegentlich waren die Informationen über Spanien, Schweden, Dänemark, sogar über Konstantinopel geflossen.
    Notwendigerweise war Robin oft auf ausgedehnten Reisen. Maggie vermutete, daß er selbst manchmal Informationen nach England lieferte, indem er den Kanal heimlich mit Schmugglern überquerte. Etwa ein Drittel des Jahres verbrachte er mit Maggie, wobei zwischen ihren Treffen oft Monate lagen. Seine Arbeit war weit gefährlicher als ihre, und sie war stets froh, wenn er wieder gesund und munter vor ihr stand.
    Viele Jahre waren sie ein Liebespaar gewesen. Aber selbst zu Beginn, als sie seine Zärtlichkeit noch so dringend gebraucht hatte, war sie sich darüber im klaren gewesen, daß sie für ihn nicht leidenschaftliche Liebe, sondern vor allem Freundschaft und Dankbarkeit empfand.
    Doch sie hatte sich treiben lassen, hatte die Wärme, die körperliche Befriedigung genossen, die sie beide sich gegenseitig verschafft hatten. Er war ihr bester Freund, dem sie absolut vertraute, der Bruder, den sie nie gehabt hatte.
    Eines Morgens, es war vor drei Jahren gewesen, war sie mit der inneren Überzeugung aufgewacht, daß Freundschaft nicht genug und die Zeit gekommen war, ihre sexuelle Beziehung zu beenden. Sie verdankte Robin so viel und empfand eine solche Zuneigung zu ihm, daß es ihr verdammt schwergefallen war, ihm beizubringen, sie wolle sein Bett nicht mehr teilen.
    Doch er war immer ein höchst rücksichtsvoller Liebhaber gewesen und hatte es ihr leichtgemacht. Nachdem sie ihr Anliegen stockend vorgebracht hatte, war er einen Moment sehr still geworden. Dann hatte er ruhig geantwor-tet, daß er sie natürlich nicht zu etwas drängen wolle, was ihr Unbehagen bereite.
    So waren sie Freunde geblieben, hatten die Zusammenarbeit fortgeführt, und er hatte weiterhin bei ihr gelebt, wenn er in Paris weilte. Der einzige Unterschied hatte darin bestanden, daß er dann ein eigenes Zimmer bewohnte.
    Die Tatsache, daß Robin ihre veränderte Beziehung so einfach akzeptiert hatte, bestätigte ihr, daß auch er sie eher als Freundin denn als

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