Wie ein Blütenblatt im Sturm
Lebens helles Licht gar nicht vertragen könnten.«
»Was ist mit Varenne und seinem ach so romantischen Schloß?« fragte Rafe, der seinen Sarkasmus gar nicht unterdrücken wollte.
Sie lächelte ein wenig. »Ich würde dem Mann nicht bis zu seiner Zugbrücke trauen. Ich vermute, er ist vom Wesen her schon so verschlagen, daß man unmöglich bestimmen kann, ob er in einer Verschwörung steckt oder aus Prinzip alles vernebelt.«
Ohne auf ihren lockeren Tonfall einzugehen, meinte Rafe düster: »Ich fühle mich so, wie man sich vor einem Sturm fühlt, wenn man zusehen muß, wie sich die Wolken am Himmel türmen. Ich wünschte bloß, wir wüßten, aus welcher Richtung der Wind kommen wird.«
»Wissen ist nicht das, was einen in einem Sturm rettet, sondern Flexibilität. Es werden nur die umgeris-sen, die sich nicht beugen können.«
Seine dunklen Brauen hoben sich. »Ist das eine indirekte Kritik an so steife Gesellen wie mich? Denk daran: Auch Blumen biegen sich im Wind und werden in einem Sturm dennoch zerfetzt.«
»Sie müssen die Analogie ja nicht bis zum äußersten treiben, Euer Hoheit«, erwiderte sie trocken. »Vielleicht sehe ich aus wie eine zerzauste Rose, aber ich habe schon grausamere Stürme überlebt.«
Die Kutsche erreichte Maggies Haus, und sie stiegen aus. Da das verfrühte Ende ihres Museumsbesuches sie Stunden eher als geplant nach Hause zurückgebracht hatte, folgte Rafe ihr ins Haus.
Rafes Stimmung kam ihr etwas seltsam vor, also schlug sie vor: »Wir haben lange kein Schach mehr gespielt. Sollen wir unsere Partie beenden?«
Er willigte ein, aber beide waren so zerstreut, daß man nicht hätte sagen können, wer schlechter spielte.
Maggie bemerkte kaum, welche Züge sie machte, bis er schließlich »Schach« sagte.
Jetzt sah sie, daß ein schwarzer Läufer ihren König bedrohte, und so stellte sie einen weißen Springer in seinen Weg. Rafe konnte den Springer schlagen, aber dann würde Maggie seinen Läufer nehmen und hätte damit sowohl ihren König gerettet als auch das Gleichgewicht wiederhergestellt.
»Ich mag Springer«, sagte sie lächelnd. »Sie bewegen sich auf eine Art, die andere täuschen kann.«
»Wie du, Gräfin?«
Überrascht von der Schärfe in seiner Stimme, erwiderte sie: »Wahrscheinlich ja. Spionieren ist schließlich die Kunst der Täuschung.«
»Wird sich die weiße Dame für den weißen König opfern?«
Rafes graue Augen bohrten sich in sie, und sie erkannte, daß er nicht mehr über Schach sprach. Seine Gesichtszüge waren hart geworden, und sein ganzer Körper strahlte Anspannung aus.
Ihre Lippen preßten sich zusammen. Sie hatte geahnt, daß es mit ihm irgendwann Schwierigkeiten geben würde, und offenbar war der Punkt nun gekommen.
»Rafe, was willst du damit sagen?«
Statt zu antworten, führte er seinen schwarzen König über das Brett, um die weiße Dame zu bedrohen.
»Du weißt sehr gut, daß dieser Zug nicht legitim ist«, sagte sie verärgert. »Was zum Teufel willst du mir klar-machen?«
Rafe nahm die weiße Dame und den schwarzen König vom Brett. »Nur dies, Maggie: Ich lasse nicht zu, daß du dich für den weißen König opferst. Mit oder ohne deine Zustimmung werde ich dich aus dem Spiel nehmen!«
Kapitel 13
AGGIE STARRTE RAFE an. Was war denn nur in ihn M gefahren? »Mich aus dem Spiel nehmen?« sagte sie kühl. »Du wirst dich schon etwas klarer ausdrücken müssen.«
Mit einer zornigen Bewegung des Armes wischte Rafe die emaillierten Schachfiguren vom Brett. Sie plump-sten auf den orientalischen Teppich und sprangen, an-einanderklickend, in alle Richtungen davon.
»Wir sprechen über Robert Anderson«, fauchte er.
»Deinen Liebhaber, der ein Spion und Verräter ist.«
Maggie stand so abrupt auf, daß ihr Stuhl umfiel. »Du weißt ja nicht, wovon du redest.«
Rafe stand ebenfalls auf und baute sich vor ihr auf. Der kultivierte, unbeteiligte Gentleman war fort, und er sprühte vor Zorn. »0 doch, das weiß ich, mein damenhaftes Flittchen. Ich weiß, daß er gestern spät in der Nacht hergekommen ist, obwohl Lucien angeordnet hat, daß du mit niemandem aus der britischen Delegation kommunizieren sollst.«
Maggie dachte nicht daran, seinem flammenden Blick auszuweichen. Ihre Stimme war sanft, als sie antwortete.
»Ich spiele diese gefährlichen Spiele schon etwas länger als Sie, Euer Hoheit. Und ich arbeite mit denen zusammen, denen ich vertraue.«
»Auch wenn sie Verräter sind? Dein Liebhaber ist gesehen worden, wie er sich
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