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Wie ein Flügelschlag

Wie ein Flügelschlag

Titel: Wie ein Flügelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Wilke
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Schultern.
    Ich hole einen Zettel aus der Hosentasche und lege ihn Mika
auf den Schoß.
    »Was soll das sein?« Neugierig schaut er darauf.
    »Hast du diesen Namen schon mal irgendwo gehört?«
    » Construnit? Nein. Noch nie. Was ist das?«
    »Bist du dir ganz sicher? Bitte, es ist sehr wichtig, dass du dich
erinnerst. Hat Melanie diesen Namen jemals erwähnt? Hat dein
Vater irgendetwas darüber gesagt?« Ich nehme den Zettel in die
Hand und halte ihn Mika vors Gesicht. »Denk nach«, sage ich.
»Es ist so verdammt wichtig.«
    Mika starrt auf den Zettel, liest stumm den Namen und schüttelt
den Kopf. »Ich habe das wirklich noch nie gehört oder gesehen.
Was ist das?«
    »Ein Medikament.«
    Mit hochgezogenen Augenbrauen sieht er mich an. »Ein Medikament?
«
    Eine Frau läuft an uns vorbei. Sie rennt fast. Als ob sie es eilig
hätte, schnell wieder aus dem Park herauszukommen. Mika verstummt
und schaut ihr nach. Schließlich sieht er mich herausfordernd
an. »Was ist mit dem Medikament? Wozu soll es gut
sein?«
    Ich gebe ihm eine kurze Zusammenfassung dessen, was ich
im Internet über Construnit herausgefunden habe. An seinem
Blick sehe ich, dass er keine Ahnung hat, warum ich ihm das
alles erzähle.
    »Ja und? Was hat Melanie damit zu tun?« Er lehnt sich zurück.
Fast wirkt er arrogant, als er mich so betrachtet.
    »Deine Schwester hat zwei Schachteln von diesem Zeug
durch die Gegend geschleppt«, antworte ich und bemerke, wie
sein Blick sich weitet. Gleich darauf gewinnt er die Fassung zurück
und sein Gesicht wird zu einer Maske.
    »Woher willst du das wissen?«, presst er hervor.
    Ich erzähle ihm von unserer Auseinandersetzung in der Umkleide
und davon, wie die Schachteln vor meine Füße gefallen
sind.
    Einen Augenblick sieht Mika verwirrt aus.
    »Na gut, Melanie hat dieses Medikament dabeigehabt«, erwidert
er dann. »Aber sie ist ja auch die Tochter eines Arztes.
Das muss erst mal noch gar nichts heißen!« Seine Stimme wird
lauter. Endlich hat er seine Maske abgelegt.
    Ich nicke. »Da hast du recht. Aber glaub mir, ich habe mir Tag
und Nacht den Kopf darüber zerbrochen. Melanie stand unter
gewaltigem Druck, das hast du mir selbst erzählt. Vor allem, seit
euer Vater ihr die Theater-AG verboten hat, ging es ihr verdammt
schlecht. Sie wollte schauspielern, die Bühne war der Ort, an
dem sie glücklich war … Das glaube ich zumindest«, setze ich
etwas leiser hinzu. Mein Blick bleibt an einem Mann hängen, der
langsam durch den Park schlendert und seinen Hund ausführt.
    Ich senke meine Stimme zu einem Flüstern. »Dann der Erpressungsversuch
von Drexler, das Gespräch zwischen Drexler
und eurem Vater beim Freundschaftsturnier, ein Medikament,
das zu Dopingzwecken eingesetzt werden kann, bei falscher Dosierung
aber tödlich ist. Wenn du mich fragst, sind das etwas zu
viele Puzzleteilchen, die ineinanderpassen, oder?«
    Ich schaue zu Mika und stelle betroffen fest, wie seine Finger
zittern. Ich lege meine Hände auf seine und halte sie fest.
Keine Ahnung, warum ich das auf einmal mache, aber es fühlt
sich richtig an. Kurz wundere ich mich darüber, wie warm seine
Haut trotz der Kälte hier draußen ist, dann geht die Wärme auch
schon auf mich über, und es ist, als ob mein Körper unter Strom
stünde.
    Er schüttelt den Kopf, Tränen fließen über seine Wangen und
tropfen auf meine Hände.
    »Melanie hat nicht gedopt. Niemals«, flüstert er.
    Ich erwidere nichts. Eine Weile ist es still zwischen uns, dann
hebt er den Kopf. »Melanie hasste das Schwimmen. Sie war gut
darin, schon immer, und als kleines Kind hat es ihr vielleicht
sogar Spaß gemacht. Doch spätestens seitdem unser Vater den
Entschluss gefasst hatte, dass sie seine Karriere fortsetzen sollte,
hat sie den Sport gehasst.«
    »Aber sie hat manchmal trainiert wie eine Besessene. Wenn
sie den Sport gehasst hat, warum hat sie dann so viel dafür getan?
Und so viel anderes dafür aufgegeben?«
    Mika schaut mich an. Er muss sich räuspern, um weitersprechen
zu können. »Ich weiß es nicht. Ich habe es nie verstanden,
was zwischen den beiden war. Er war oft so kalt zu ihr, so abweisend.
Und trotzdem hat sie alles getan, um ihm zu gefallen.«
    Ich muss an das Abendessen bei Mel zu Hause denken.
    »Vielleicht war es das«, murmele ich, »vielleicht war es ihre
Art, um die Liebe eures Vaters zu kämpfen.«
    Er starrt vor sich auf den gefrorenen Boden. Als er wieder zu
mir aufschaut, ist das Meer in seinen Augen grau und dunkel geworden
wie vor einem

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