Wie Fackeln im Sturm
und verließ das Gemach. Unzählige Male habe ich diesen Brief heimlich gelesen. Immer und immer wieder. Und jedes Mal, wenn ich las, dass sie an deiner statt gestorben und er dafür dankbar war, da …“ Sie verstummte, holte hörbar Luft und schüttelte dann den Kopf, als wollte sie den Zorn abschütteln. „Lord Wynekyn brach auf, um Lord Dulonget mitzuteilen, dass er der neue Earl of Hillcrest sei. Ich wollte den Brief wieder in die Herrenkammer legen, als Lord Wynekyn fort war, konnte mich aber nicht davon trennen. Dann trafen Dulonget und Lord Wynekyn auf Hillcrest ein. Ich war mit den Hochzeitsvorbereitungen beschäftigt, und jedes Mal, wenn ich die Möglichkeit hatte, kurz die Küche zu verlassen, um den Brief zurückzulegen, suchte Lord Wynekyn in der Herrenkammer nach dem Schreiben. Und dann kamst du.“ Sie rang die Hände. „An jenem Tag wurde nicht ich zu dir geschickt; es war eine junge Dienstmagd. Aber ich wies ihr eine Arbeit in der Küche zu und ging an ihrer Stelle nach oben. Zwar hatte ich viel zu viel zu tun, aber ich wollte mit eigenen Augen sehen, ob du wirklich am Leben warst. Ich glaubte nämlich, der Brief sei von einem verwirrten und kranken Mann verfasst worden.“
Ihre Augen huschten wieder zu Willa, und ihr Blick verriet eine Mischung aus Zorn, Kummer, Bedauern und Traurigkeit. „Du warst zu einer schönen jungen Frau herangewachsen … und nun solltest du den Earl heiraten. Während meine Tochter in einem kalten Grab lag. Ich …“ Sie stockte, da sie in ihrer Verzweiflung kein Wort mehr hervorbrachte. Willa konnte es nicht mehr länger aushalten. Sie trat einen Schritt vor und streckte die Hand aus, um der Köchin Trost zu spenden, doch Alsneta wich im selben Moment zurück.
„In diesem Augenblick habe ich dich gehasst“, bekannte sie schuldbewusst. „Du lebtest, und mein Kind war tot. Du warst liebreizend und glücklich und standest kurz vor deiner Hochzeit. Ich wollte dich neben meiner Luvena wissen, wo du hingehörtest. All die Jahre, in denen ich um dich getrauert habe, glaubte ich dich im Grab neben meiner Tochter. Ich musste an mich halten, um dich nicht mit meinen bloßen Händen zu erwürgen, als ich dir beim Ankleiden behilflich war. Ich zwang mich zu einem Lächeln und musste dein herrliches Gewand, dein wunderschönes Haar und dein Glück bewundern, obwohl mir die Galle hochkam. Während der Trauung und der nachfolgenden Feier nagte unbändiger Zorn an mir, bis ich es nicht mehr ertragen konnte. Ich …“ Die Stimme versagte ihr.
„Du hast einen Krug mit Met gefüllt, Gift hineingetan und den Krug auf unser Gemach bringen lassen.“ Beide Frauen erschraken heftig, als Hugh hinter ihnen genau das aussprach, was Alsneta nicht über die Lippen brachte.
„Mein Gemahl!“ rief Willa erschrocken und rang sich schließlich ein Lächeln ab. „Ich …“
„Du solltest eigentlich in deinem Gemach sein.“
Bei dem scharfen Tonfall zuckte Willa zusammen. Ihr Gemahl schien wirklich wütend auf sie zu sein. „Ja, aber ich bin hinuntergegangen, um …“
„Um die Person zur Rede zu stellen, die dir seit deiner Ankunft nach dem Leben trachtet“, unterbrach er Willa harsch und wandte sich dann an die Köchin. „Wer war der Mann, der mich auf der Lichtung angegriffen hat? Dein Geliebter?“
„Der Mann auf der Lichtung?“ fragte Alsneta verwirrt. „Ich weiß nicht …“
„Und wer hat heute die Waldhütte in Brand gesteckt? Dein Liebhaber ist tot, daher gehe ich davon aus, dass du es warst. Falls du nicht deinen Neffen in diese Angelegenheit mit hineingezogen hast.“
„Die Waldhütte in Brand gesteckt?“ Einen Moment lang schaute Alsneta ihn entsetzt an, doch schließlich fing sie sich wieder. „Ich weiß nichts von einem Angriff auf einer Lichtung oder von einem Brand in einer Waldhütte. Ich habe den Met in jener Nacht vergiftet, ja. Aber …“ Sie suchte Willas Blick. „Ich habe es in dem Moment bereut, als ich dich nach oben gehen sah.“
„Offenbar nicht genug, um hinter ihr herzulaufen und sie am Trinken zu hindern“, fuhr Hugh sie scharf an.
Doch Alsneta achtete nicht auf den Burgherrn, sondern richtete ihre Aufmerksamkeit allein auf Willa. „Ich wäre dir beinahe nachgegangen, um alles zu bekennen, aber ich hatte Angst. So blieb mir nur die Hoffnung, dass du keinen Durst verspüren und nichts davon trinken würdest. Ich verbrachte eine schreckliche Nacht.“
„Sie wird nicht so schrecklich wie meine gewesen sein“, murmelte Hugh voller
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