Wie Fackeln im Sturm
Zügen des Ritters an und vertiefte die Linien, die die Jahre in seinem harten Gesicht hinterlassen hatten. Hugh beschlich der Verdacht, dass die Heiterkeit des Mannes womöglich Schadenfreude war.
„Nun, das ist nicht einfach zu beantworten, Mylord. Sie ist anders als die meisten Damen.“ Er sah an Hugh vorbei, und seine Stimme klang nachdenklich. „Ihr könntet es mit Geschenken versuchen. Mit kleinen Schmuckstücken und dergleichen. Meiner Frau hat das stets gefallen. Wenn Ihr erlaubt, Mylord.“
Zu Hughs großem Erstaunen trieb Baldulf sein Pferd an und war bereits um die Ecke der Hütte gebogen, ohne die Erlaubnis seines Herrn abzuwarten. Hugh blickte ihm fassungslos nach und fragte sich, ob es ihm vielleicht an Furcht gebietender Ausstrahlung mangelte. Zuerst hatte die Hexe sich wie eine Königin aufgeführt und ihn wie einen einfachen Bauern behandelt, und jetzt entfernte sich einer seiner neuen Kämpfer, bevor er, der Lehnsherr, die Unterhaltung für beendet erklärt hatte.
Dabei hatte er noch einige Fragen an den Mann und wollte nicht nur wissen, womit man Willa eine Freude machen konnte. Nach dem Gespräch mit Lord Wynekyn hatte Hugh den früheren Wächter, Howel, über eine Stunde ausgefragt. Unglücklicherweise hatte der Mann, dem jetzt die Verwaltung von Hillcrest oblag, auch nicht mehr gewusst als Wynekyn selbst. Zu manchen Dingen hatte er sogar noch weniger sagen können. Daher war es unwahrscheinlich, dass Baldulf mehr wusste als Howel, aber dennoch …
Hugh starrte immer noch unverwandt auf die Stelle, wo Ross und Reiter verschwunden waren, als er Lucan und Jollivet herannahen hörte. Ihre Stimmen und ihr Lachen waren schon zu vernehmen, ehe sie überhaupt die Lichtung erreicht hatten. Offensichtlich machten sie sich nicht die Mühe, heimlich durch den Wald zu reiten. Hugh achtete nicht weiter auf seine steif gefrorenen Glieder, strich sich das nach wie vor feuchte Haar aus der Stirn und setzte sich kerzengerade im Sattel auf. Mit grimmiger Miene erwartete er die Ankunft der beiden Reiter. In diesem Augenblick wäre er beinahe der Versuchung erlegen, mit Schwert und Lanze auf die beiden loszugehen, bevor er in Erwägung zog, sie zumindest seine Fäuste spüren zu lassen. Denn immerhin waren sie der Grund für die Widrigkeiten, die er die ganze Nacht hatte aushalten müssen und die ihm auch weiterhin bevorstanden.
„Guten Morgen!“ rief Lucan gut aufgelegt, als er durch das Dickicht am Rande der Lichtung brach.
Er wirkt ausgeschlafen und verflucht fröhlich, dachte Hugh verstimmt, als sein Freund auf ihn zugeritten kam. Als er den Gruß mit einem eher unwirschen Laut erwiderte, zog Lucan eine Braue hoch und holte rasch einen Beutel aus seiner Satteltasche hervor.
Ohne abzuwarten, entriss Hugh seinem Gefährten den Beutel wie ein ausgehungertes Tier. Selbst als er den Lederbeutel aufriss, nahm er die Blicke wahr, die sein Freund mit Jollivet tauschte, der ebenfalls bis zu Hugh geritten war.
„Eigentlich hatten wir nicht mehr damit gerechnet, dich hier noch anzutreffen. Es hat vergangene Nacht geregnet.“ Jollivet tat so, als seien Hugh womöglich die Unbilden des Wetters entgangen. Sein Vetter hatte großes Glück, dass Hugh im Augenblick so hungrig war, denn sonst hätte er den Narren nur zu gern mit einem gezielten Faustschlag aus dem Sattel gehoben. Daher beließ Hugh es lediglich bei einem vernichtenden Blick und einem trockenen „Das habe ich bemerkt“ und fuhr dann fort, den Beutel auf der Suche nach etwas Essbarem weiter zu durchwühlen.
Lucan zuckte sichtlich zusammen. „Du bist doch nicht wirklich die ganze Nacht hier draußen geblieben? Bei dem Regen?“
„Was sollte ich denn tun?“ entgegnete er barsch und holte ein Stück Brot und einen Ziegenbalg mit Ale hervor. „Ihr habt in dem verfluchten Brief geschrieben, dass ich hier so lange bleibe, bis sie in mein Werben einwilligt … oder irgend so einen Unsinn. Ich habe das verfluchte Schreiben unterzeichnet, und ich stehe zu meinem Wort.“
Lucan schnitt eine Grimasse. „Ja. Vielleicht war das nicht gerade die beste Idee. Entschuldige, Hugh. Ich nehme an, bislang hat sie noch nicht eingewilligt?“
Hughs hasserfüllter Blick war Antwort genug, während er auf dem trockenen Brot herumkaute.
„Nun, vielleicht lässt sie sich ja erweichen, wenn sie sieht, dass du sie die ganze Nacht im strömenden Regen beschützt hast.“
„Sie hat sich nicht erweichen lassen, nachdem ich den ganzen gestrigen Tag im Regen gestanden
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