Wie Fackeln im Sturm
heruntergefallen und lag nun auf der Bettkante. Törichter Mann, wie sollte die Stelle heilen, wenn er den Umschlag nicht wirken ließ? Willa stieß die Pelzdecken zur Seite und griff nach dem Wickel. Rasch drückte sie ihn wieder auf die arg in Mitleidenschaft gezogene Gesäßhälfte.
Die Maßnahme zeigte im selben Augenblick Wirkung, denn Willa hatte sich kaum wieder hingelegt, da brach das leise Schnarchen ab, und Hugh fuhr mit einem lauten Schrei aus dem Schlaf hoch. „Autsch!“
„Schlecht geträumt?“ fragte sie unschuldig, als er sie aus verschlafenen Augen anschaute.
Mit einem Grunzen sank Hugh wieder auf den Bauch. Willa bedachte ihn mit einem wütenden Blick, zwang sich dann jedoch zu einem Lächeln, als er ihr den Kopf zudrehte. Er runzelte die Stirn. „Du müsstest schlafen.“
„Ja, müsste ich“, stimmte sie gehorsam zu.
„Und warum tust du es nicht?“
„Ich kann nicht schlafen. Ich fühle mich nicht gut, und außerdem ist mir kalt.“
Tiefe Falten zeichneten sich auf seiner Stirn ab, als er über ihre Worte nachdachte, dann streckte er einen Arm nach ihr aus, umfasste ihre Taille und zog sie zu sich. Ehe sie sich versah, lag ihr Gemahl halb über ihr und legte ein Bein über ihre Beine. Dann zog er die Pelzdecken bis unter ihr Kinn und schlang den Arm um ihren Körper.
„Dein Breiwickel!“ rief sie.
„Ist inzwischen getrocknet“, sagte er mit einem Gähnen. Dann legte er den Kopf auf ihre Brust und schloss zufrieden seufzend die Augen.
Willa lag reglos da und begriff, dass er ihr mit seiner Nähe Wärme spenden wollte. Und er war in der Tat warm, wie sie feststellte, als die Kälte allmählich aus ihren Knochen wich. Sie entspannte sich ein wenig und blickte vorsichtig in sein Gesicht. Seine Lider waren wieder geschlossen, doch sie glaubte nicht, dass er schlief.
„Hab Dank.“ Sie lächelte ihn schüchtern an, als er ein Auge öffnete.
„Du brauchst dich nicht zu bedanken. Du bist meine Gemahlin, und es ist meine Aufgabe, dich zu wärmen, wenn dir kalt ist. Es ist meine Pflicht, dir das zu geben, was du brauchst. Wenn du etwas haben möchtest, musst du mich nur fragen.“ Er schloss die Augen wieder, und Willa schnitt eine Grimasse. Einen Moment lang lag sie still neben ihm, bis sie fragte: „Und Lord Hillcrest war wirklich dein Onkel?“
Hugh blinzelte und war sichtlich überrascht. „Ja.“
Dann schlossen sich seine Lider wieder, und Willa schaute sich in dem Gemach um. Nein, dort gab es nichts Interessantes für sie. Abermals betrachtete sie sein Gesicht. „Ich kann mich nicht erinnern, dass du uns je besucht hast, weder hier noch auf Claymorgan.“
Er öffnete die Augen, doch diesmal wirkte er verärgert. „Stimmt.“
„Und warum nicht?“
Er bewegte sich, und sein Bein glitt über ihre Schenkel. „Mein Onkel hatte nicht viel für Besucher übrig.“
„Das lag vermutlich an mir“, erwiderte Willa unglücklich. „Wahrscheinlich hat er nur versucht, mich zu beschützen. Lord Wynekyn war der einzige Besucher, den er willkommen hieß.“
Sie sah, dass sich Hughs Miene verfinsterte, und wandte den Blick reumütig von ihm. Doch er legte eine Hand unter ihr Kinn und drehte ihr Gesicht wieder zu sich. „Das war nicht dein Fehler. Mein Vater und mein Onkel hatten sich überworfen“, entgegnete er ernst, ließ ihr Kinn los und schloss einmal mehr die Augen.
„Worüber hatten sie sich gestritten?“ fragte Willa.
Hugh runzelte die Stirn, ließ die Augen diesmal aber zu. „Du bist krank und solltest dich ausruhen.“
„Ich langweile mich, und du hast gesagt, es sei deine Pflicht, mir das zu geben, was ich brauche“, meinte sie. „Ich muss in Erfahrung bringen, ob es an mir gelegen hat, dass du nicht in der Lage warst, Papa zu besuchen.“
„War er dein Vater?“
Willa errötete. „Nein, aber ich habe in ihm immer einen Vater gesehen.“
Hugh nickte langsam und sagte schließlich: „Nein, es hat nicht an dir gelegen. Ich glaube, du warst noch nicht einmal geboren, als es zu dem Zerwürfnis kam. Damals muss ich ungefähr neun Jahre alt gewesen sein.“
„Was war geschehen?“
Einen Moment lang glaubte sie, er bliebe ihr die Antwort schuldig, doch dann stieß er einen langen Seufzer aus und erklärte: „Mein Vater war der Zweitgeborene. Er verwaltete Claymorgan für Onkel Richard, aber schon bald stritten sie sich, wie die Verwaltung auszusehen habe. Mein Vater beschloss, seiner eigenen Wege zu gehen, und versuchte sein Glück als Ritter. Er hatte
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