Wie ich mir das Glück vorstelle
da. Diesmal ist er sehr dünn und er hat eine echte Verletzung. Am linken Arm hat er einen großen Kratzer und die Mutter muss ihm den Verband abmachen und wieder einen neuen rumbinden.
Der Vater sagt: Das ist nicht schlimm.
Der Vater ist sehr stark. Als der auf dem Sofa liegt, springen alle Kinder um ihn rum.
Wir jubeln: Wir sind die Garde! Wir sind die Garde! Wir sind die Garde!
Der Vater steht auf und schleudert seine dünnen Arme herum und wir müssen aufpassen, sonst bekommen wir sie ab. Wir rennen alle in die Küche und da sitzt die Oma und die Mutter und die anderen Frauen und sie streicheln uns über den Kopf. Der Vater bleibt im Wohnzimmer auf dem Sofa liegen. Der Bruder ist draußen mit dem Cousin. Wo der Onkel mit dem Opa hin ist, weiß ich nicht. Die Frauen machen Kaffee und ich darf mit den Cousinen rausgehen zum Spielen. Die Cousinen und ich spielen Krieger und Bauern. Ich bin die Bauern und muss mich verstecken vor den Kriegern. Die Cousinen zählen bis hundert. Ich renne hinters Haus und setze mich in die Hundehütte von dem Hund, der mich kennt. Der hat das zottelige Fell. Die anderen Hunde bellen laut. Die Cousinen haben Angst vor den Hunden. Hier können die mich nicht fangen. Ich warte.
Durch das Holz von der Hütte kann ich sehen, wie der Cousin und der Bruder hinter das Haus kommen. Die schubsen einen anderen Jungen vor sich her. Ich kann nicht verstehen, was die sagen. Alle Hunde bellen und die Ketten klappern laut und du kannst richtig Angst bekommen. Nur der Hund mit dem zotteligen Fell ist mit mir in der Hütte und der ist ganz still. Ich kenne den Jungen. Das ist ein Mudschijunge aus unserem Haus. Der Junge fällt hin. Der Cousin kniet sich auf ihn drauf und dreht ihn um. Der Junge liegt jetzt auf dem Rücken. Durch das Holz kann ich für einen Moment genau in das Gesicht von dem Jungen gucken und auch der Junge guckt genau in mein Gesicht. Der Mudschijunge darf mich auf keinen Fall verraten. Der Cousin dreht den Kopf von dem Jungen so, dass der nur noch in den Himmel gucken kann. Ich bete, dass der wirklich still ist. Maria, o Maria.
Der Cousin ruft: Guck in die Sonne! Guck in die Sonne!
Der Cousin drückt dem Jungen die Augen auf und spuckt direkt in das eine Auge rein. Er winkt den Bruder her und der Bruder stellt sich auf den Jungen und hüpft auf ihm rum wie die Kinder auf dem Sofa. Ich halte mir die Ohren zu und drehe mich zum Hund.
Als ich die Hände wieder wegnehme, höre ich zuerst das Lachen von den Cousinen. Bestimmt finden die mich und stehen direkt vor der Hütte. Aber ich gucke durchs Holz und kann sehen, dass die Cousinen den Jungen kitzeln, der auf dem Boden liegt. Dann verschwinden alle zwischen den Häusern. Die Hunde hören auf zu bellen. Es ist ganz still. Ich sitze noch eine ganze Weile mit dem zotteligen Hund in der Hundehütte und bewege mich nicht. Fast direkt vor uns liegt der Mudschijunge aus unserem Haus. Der liegt einfach nur da. Ich krieche aus der Hütte raus. Das Gesicht von dem Jungen ist schmutzig. Ich spucke mir in die Hand und wische dem Jungen den Dreck aus dem Gesicht.
Der Junge sagt: Kennst du die?
Ich sage: Die sind alle mit mir verwandt.
Der Junge blutet an der Lippe.
Ich sage: Aber die können auch nichts dafür, dass du ein scheiß Mudschi bist.
DIE ALTE
Die zehnte Nacht ist die letzte Nacht, die wir zu dritt verbringen. Wie an den Abenden zuvor, fahre ich den einbeinigen Dschib und unser Mädchen in die Kaschemme. Die Schubkarre stelle ich jetzt im Hof ab. Wenn einer die klauen will, muss der an mir vorbeigehen. Der einbeinige Dschib singt Heimatlieder, ich sammle den Dreck vom Boden auf und putze, unser Mädchen geht in die Hütte. Als die Nacht vorbei ist und draußen schon die Sonne aufgeht, gehe ich raus in den Hof. Ich klopfe an die Hütte.
Ich sage: Sie sind weg, wir gehen los.
Der einbeinige Dschib liegt schon quer über der Schubkarre. Der ist betrunken. Ich warte kurz. Unser Mädchen sagt nichts und kommt auch nicht aus der Hütte raus. Ich gehe in die Hütte rein. Unser Mädchen liegt da wie immer. Eine Kerze brennt noch und die roten Haare leuchten. Ich schüttle sie. Die sagt nichts. Die Augen sind noch immer geschwollen. Ich kann nicht erkennen, ob sie schläft. Die Kleidung von unserem Mädchen liegt auf dem Boden und ich sammle alles ein und ziehe unser Mädchen an. Ich schiebe den rechten Arm unter den Kopf und den linken Arm unter die Beine. Ich schleppe unser Mädchen aus der Hütte raus. Sie fällt mir runter. Ich
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