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Wie ich mir das Glück vorstelle

Wie ich mir das Glück vorstelle

Titel: Wie ich mir das Glück vorstelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Kordić
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setzt mich auf die Rückbank. Den Koffer lege ich auf die Knie. Wir fahren los. Ich bin nicht angeschnallt. Wir fahren eine weite Strecke. Wir fahren durch ein kleines Dorf. Wir fahren ganz langsam. Keiner ist zu sehen. Es ist ganz still. Ich schlafe ein.
    Erst als die Schwester den Motor ausmacht, wache ich wieder auf. Einer hämmert gegen die Fensterscheibe. Ich richte mich auf. Direkt vor mir steht ein Junge im Schnee. Er geht ein paar Schritte zurück. Ich mache die Autotür auf und der Junge guckt mich an. Der hat nur eine Unterhose an. Die Knochen von seinen Hüften stehen hervor und du kannst jede einzelne von seinen Rippen sehen. Der Junge hat helle Haut und im Schnee ist er ein echter Geist. Das ist der dicke Dim.
    Aber ich muss weiter vorne anfangen, damit du das verstehst. Alles fängt nämlich damit an, dass ich nicht mehr in die Schule gehen darf, weil der Weg zu gefährlich ist.
    Drei Männer kommen in unsere Wohnung und sagen: Ziehen Sie bitte auf die andere Seite vom Fluss, wir haben dort eine sehr schöne Wohnung für Sie reserviert.
    Wir verstecken schon den Cousin im Schrank, weil wir denken, dass die den abholen wollen, damit der ein Krieger wird. Aber die wollen den gar nicht.
    Die Mutter sagt: Wir bleiben.
    Der Vater ist nicht da. Der Onkel sagt gar nichts. Der Opa auch nicht. Also bleiben wir. Die ganze Familie macht Besorgungen. Und ich spiele Verstecken mit der Oma. Die Oma sitzt im Wohnzimmer und strickt.
    Ich sage: Oma, wir spielen Krieger und Bauern.
    Die Oma sagt: Hier in der Wohnung?
    Ich sage: Du findest mich nie.
    Ich renne durch den Flur ins Schlafzimmer. Ich verstecke mich da, wo wir den Cousin verstecken. Ich stelle mich in den Schrank und ziehe die Tür zu. Es ist stockdunkel. Ich warte. Die Oma zählt bis hundert. Das kann ich nicht hören. Ich zähle selbst bis hundert, damit ich weiß, wann die Oma anfängt, mich zu suchen. Ich warte. Ich kann nichts hören. Ich warte. Es ist ein gutes Versteck. Es passiert nichts. Ich stehe im Schrank. Keiner findet mich. Die Oma findet mich nicht. Ich warte. Es ist dunkel im Schrank. Ich drücke die Tür ein bisschen auf. Ich kann die Oma nicht sehen. Keiner ruft etwas. Ich klettere aus dem Schrank raus und schleiche mich ganz leise zur Tür. Ich gucke durchs Schlüsselloch auf den Flur. Da ist keiner. Ich gehe in die Küche. Hier ist die Oma auch nicht. Ich gehe ins Wohnzimmer. Die Oma sitzt noch immer auf dem Sofa und hält ihre Stricksachen in der Hand.
    Ich sage: Oma?
    Die Oma antwortet nicht. Die Augen von der Oma sind zu. Ich glaube, die ist tot.
    Ich sage: Oma?
    Sie sagt nichts. Ich nehme ihr die Stricksachen aus der Hand. Ich gucke mir das Gesicht von der Oma ganz genau an. Ihre weiche Stirn mit den zwei Falten. Ihren Mund. Es sieht aus, wie wenn die nicht atmet. Ich schubse die Oma.
    Ich sage: Oma!
    Die Oma macht die Augen auf.
    Sie sagt: Hab dich.
    Ich merke, wie ich anfange zu weinen. Ich weiß gar nicht so richtig, warum. Ich glaube, weil ich denke, dass die Oma tot ist und weil ich ganz allein bin in der Wohnung. Ich klettere auf das Sofa rauf und lege mich in den Rock von der Oma. Ich höre gar nicht mehr auf mit dem Geheule. Die Oma streichelt mir über den Kopf und spricht ein Gebet. Maria, o Maria.
    Am nächsten Tag kommen schon wieder Männer zu uns und wollen, dass wir umziehen. Diesmal sind es Krieger. Die stehen mit dem Gewehr in der Hand bei der Oma in der Küche. Die kocht gerade Kaffee.
    Die Krieger sagen: Ihr habt zehn Minuten.
    Was in diesen zehn Minuten passiert, weiß ich ganz genau. Die Krieger ziehen wieder ab und gehen die Treppe im Haus weiter nach oben.
    In dem Moment, wo die draußen sind und der Onkel die Tür zumacht, musst du dir vorstellen, dass bei uns in der Wohnung alle Frauen mit einem Mal anfangen zu heulen und mit einem Mal wieder aufhören, weil die Oma sagt: Die Kinder ab ins Wohnzimmer, auf das Sofa, keinen Mucks, alle anderen packen zusammen.
    Wir gehen ins Wohnzimmer und quetschen uns zu fünft auf das Sofa. Die Cousinen halten die drei Babys im Arm. Also sind wir acht. Auch der große Cousin ist dabei, obwohl der ja kein Kind mehr ist. Alle sind ganz still.
    Ich sage: Noch acht Minuten.
    Der Cousin sagt: Hör auf mit dem Quatsch.
    Ich stütze mich auf dem Knie von dem Bruder ab und springe vom Sofa runter. Ich schleiche mich zur Tür.
    Der Bruder sagt: So ein Spinner.
    In der Küche ist eine von den Tanten und die packt zusammen mit der alten Cousine ein paar Töpfe und Geschirr und Besteck in

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