Wie Rosenblätter im Wind: Mittsommerhochzeit (German Edition)
denn sie tat ja so, als ob seine Mitwirkung bei der königlichen Hochzeit praktisch feststand. Sie verstrickte sich immer tiefer in ihre eigene Lügengeschichte, was ihren Erfolg umso wichtiger machte. Das bedeutete jedoch nicht, dass ihr dieses Spielchen gefiel. Normalerweise hasste sie nichts mehr als Unehrlichkeiten, und daher plagte sie auch ein furchtbar schlechtes Gewissen.
Aber Milla war nun einmal fest entschlossen, für ihren Traum zu kämpfen. Und wenn dies der Preis dafür war, würde sie ihn zahlen. Für sich – und für Janna.
Der Gedanke an ihre Tochter, die sie vorübergehend in Lottes Obhut zurücklassen musste – sie konnte sich noch immer nicht überwinden, Mårten die Wahrheit über seine Vaterschaft zu sagen –, machte sie erneut unruhig. So lange am Stück war sie noch nie von Janna getrennt gewesen. Natürlich würde sie so oft wie möglich nach ihr sehen. Doch das machte es für Milla nicht gerade leichter. Ständig würde sie von den schlimmsten Sorgen und Befürchtungen darüber heimgesucht werden, was während ihrer Abwesenheit alles passieren könnte.
Nichts wird geschehen – überhaupt nichts. Du weißt doch, dass auf Lotte Verlass ist. Und im Notfall ist Annika ja auch zur Stelle!
Der Klang einer Autohupe riss Milla aus ihren Gedanken. Mårtens dunkelblauer Volvo hielt am Rand des Platzes. Rasch nahm sie ihre kleine Reisetasche auf und eilte zu ihm. In der Zwischenzeit stieg Mårten aus und öffnete den Kofferraum.
“Du bist spät dran”, sagte Milla, die sich einen kleinen Seitenhieb einfach nicht verkneifen konnte.
Mårten würdigte ihre Anspielung keines Wortes. “Bist du so weit?”, fragte er stattdessen. “Solltest du etwas vergessen haben, ist das nicht so schlimm. Du kannst natürlich jederzeit nach Stockholm fahren, sei es aus beruflichen oder privaten Gründen. Betrachte dich einfach als mein Gast, nicht als meine Gefangene.”
Nachdem ihre Reisetasche im Wagen verstaut war, fuhren sie los. Die nächste halbe Stunde verbrachte Milla damit, schweigend aus dem Fenster zu schauen. Die Landschaft, die an ihr vorüberzog, wurde immer ländlicher, je weiter sie sich von Stockholm entfernten. Rostrot und taubenblau getünchte Bauernhäuser inmitten wogender Weizenfelder, lichte Birkenwäldchen, durch die ab und an das dunkle Blau der Ostsee durchblitzte. Wunderschön – und doch konnte Milla die ganze Zeit über nur an Mårten denken.
Auch ohne ihn anzusehen, war sie sich seiner Nähe mehr als deutlich bewusst, und die spannungsgeladene Atmosphäre im Innern des Wagens wurde mit jeder Sekunde, die verstrich, unerträglicher für sie.
“Hast du dir eigentlich schon Gedanken über deinen Auftritt während der Hochzeitsfeierlichkeiten gemacht?”, brach sie schließlich das Schweigen, als sie es einfach nicht mehr aushielt. “Ich meine, willst du für die Kirche ein vollkommen neues Stück komponieren? Immerhin wird die Hochzeit ja live im Fernsehen übertragen, daher denke ich …”
“Hör zu”, unterbrach Mårten sie. “Ich schlage vor, wir klammern das Thema Arbeit erst einmal aus. Wir sollten zunächst schauen, wie wir miteinander zurechtkommen. Alles andere klären wir dann später.”
Milla blinzelte irritiert, nickte aber. “Wie du willst”, sagte sie. “Du bist der Boss.” Dabei missfiel ihr, dass er einfach so über sie bestimmte. Doch was blieb ihr anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen? Mårten hatte seine Entscheidung noch nicht getroffen, und sie musste alles tun, um ihn davon zu überzeugen, dass sie zu ihren Gunsten ausfiel.
Kurze Zeit später erreichten sie die alte Mühle.
Warum Mårten es vorzog, hier draußen zu leben, verstand Milla sofort. Die Landschaft, die das Anwesen umgab, war einfach nur wunderschön. Obgleich Stockholm nur eine halbe Autostunde entfernt lag, erinnerte hier draußen nichts an den Stress und die Hektik einer Großstadt. Saftige grüne Wiesen wechselten sich ab mit leuchtend gelben Rapsfeldern. Ein kleiner Bachlauf führte dicht an der Mühle entlang und floss sprudelnd und schäumend über die im Laufe der Jahre rund geschliffenen Steine. Ein feiner Wasserschleier lag in der Luft, der im hellen Sonnenschein in allen Farben des Regenbogens erstrahlte.
Genau so stellte sie sich den Garten Eden vor.
Dem Gebäude selbst konnte man von außen betrachtet kaum ansehen, dass es nicht mehr seinen ursprünglichen Zweck erfüllte. Beim Umbau war offenbar viel Wert darauf gelegt worden, den Charakter der
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