Wie Rosenblätter im Wind: Mittsommerhochzeit (German Edition)
sondern an Mårten. Der Gedanke daran, dass er eine Etage unter ihr in seinem Zimmer saß, machte sie einfach nervös. Außerdem hatte sie das Gefühl, bisher keinen Schritt vorangekommen zu sein, was sie zusätzlich frustrierte.
Allzu viel Zeit stand ihr nicht zur Verfügung, um Mårten für sich zu gewinnen, das wusste sie. Schon bald sollte sie einen ersten Zwischenbericht bei Hofe abgeben, zudem war die Zeit bis zur Hochzeit ohnehin nicht mehr lang – und für sie gab es noch eine Menge anderer Dinge zu erledigen.
Irgendwie musste es ihr also möglichst rasch gelingen, Mårten zu überzeugen. Sie wollte die Kronprinzessin nicht enttäuschen, deren sehnlichster Wunsch es war, dass Mårten auf ihrer Hochzeit spielte. Gleichzeitig fürchtete sie, ihre Eltern würden ihr nie zutrauen, auf eigenen Beinen zu stehen, wenn sie jetzt versagte. Sie liebte die beiden, doch sie hatte ihnen die Sache mit Gregor nie so ganz verziehen. Vielleicht lag es daran, dass ihre Mutter und ihr Vater bis heute keinerlei Bereitschaft zeigten, ihren Fehler einzugestehen. Ganz im Gegenteil! Sie vertraten noch immer die Ansicht, dass eine Frau sich ohne einen Mann an ihrer Seite in dieser Welt nicht zurechtfinden konnte. In ihren Augen hatten sie lediglich versucht, ihrem Glück ein wenig auf die Sprünge zu helfen. Dass ihre Tochter alles andere als begeistert reagierte, als sie es herausfand, stieß bei ihnen bis heute auf Unverständnis.
Wenn Milla ihnen also beweisen wollte, dass sie auch auf Dauer sehr gut ohne einen Mann zurechtkommen konnte, blieb ihr nichts anderes übrig, als Mårten für eine Zusammenarbeit zu gewinnen. Doch wie sollte sie das anstellen, wenn er sich beharrlich weigerte, überhaupt mit ihr über die königliche Hochzeit zu sprechen?
Es klopfte an der Tür, kurz darauf hörte sie Mårten, der ihren Namen rief.
Wenn man vom Teufel spricht …
“Einen Moment”, erwiderte sie mit klopfendem Herzen und stand vom Bett auf. “Ich komme sofort.”
Es war wie immer, wenn er ihr gegenüberstand: Herzrasen, feuchte Hände und weiche Knie. So sehr sie sich auch dagegen wehrte, ihr Körper reagierte auf seine ureigenste Weise auf Mårten, ob es ihr nun gefiel oder nicht.
“Ich dachte, du hättest vielleicht Lust auf einen kleinen Spaziergang”, sagte er und deutete auf einen abgedeckten Weidenkorb in seiner Linken. Sein Lächeln machte es für Milla noch schwerer, sich auf die wirklich wichtigen Dinge zu konzentrieren.
“Ich weiß nicht”, erwiderte sie unschlüssig. “Sollten wir uns nicht lieber langsam über die Planung für die kö…”
“Still!” Mårten legte ihr einen Finger auf die Lippen. “Haben wir nicht vereinbart, dieses Thema vorerst nicht anzuschneiden?”
Das war deine Entscheidung, nicht meine, dachte Milla ärgerlich, doch sie sprach es nicht aus. Ein falsches Wort, und ihre große Chance auf einen Neuanfang in England war möglicherweise dahin. Das durfte sie nicht riskieren, also nickte sie nur.
“Komm, ich zeige dir die Umgebung.” Er nahm ihre Hand, als wäre es das Normalste auf der Welt. Ahnte er denn gar nicht, was für ein Gefühlschaos er damit in ihr anrichtete? Ihre Haut prickelte, und ihr Herz hämmerte so laut, dass sie sicher war, er müsse es hören.
Was hatte dieser Mann nur an sich, dass es sie dermaßen die Fassung verlieren ließ? Ausgerechnet er, für den sie von allen Männern auf der Welt am wenigsten Gefühle entwickeln wollte?
Entwickeln? Hör auf, dir selbst etwas vorzumachen. Du empfindest noch immer etwas für ihn. Im Grunde hast du nie damit aufgehört!
Es stimmte, so ungern sie es sich auch eingestehen mochte. Doch das durfte sie nicht davon abbringen, ihr Vorhaben umzusetzen. Mårten hatte sie schon einmal enttäuscht, und er würde es wieder tun, wenn sie es zuließ.
Noch immer Hand in Hand traten sie aus der alten Mühle. Milla war sich fast sicher, dass Thorbjörn an irgendeinem der zahlreichen Fenster stand und sie mit einem wohlwollenden Lächeln beobachtete. Als sie sich aber einmal kurz umdrehte, war niemand zu sehen.
Mårten schlug einen Weg ein, der geradewegs durch die Wiesen und Felder führte. Eine Weile gingen sie am Bach entlang, der murmelnd durch sein Bett aus blank polierten Kieselsteinen floss. Braunweiß gescheckte Kühe standen auf der Weide und taten sich am saftigen Gras und den leuchtend gelben Butterblumen, die überall wild wuchsen, gütlich. In den Bäumen zwitscherten Vögel, und Schmetterlinge flatterten von einer Blüte
Weitere Kostenlose Bücher