Wie Tyler Wilkie mein Leben auf den Kopf stellt und was ich dagegen tun werde: Roman (German Edition)
Teller und Gabeln aus der Teeküche, während Tyler unseren ersten Gang auspackte: Panini mit Mozzarella und Prosciutto.
»Ich habe es gerade noch pünktlich geschafft«, sagte er lachend. Mit einem Schweizer Messer öffnete er eine große Flasche Bier und stellte sie vor mich hin.
»Entweder überschätzt du meine Trinkfestigkeit oder du hast böse Absichten.«
»Das zweite.« Er öffnete seine Zweiliterflasche. »Warum treffen wir uns eigentlich hier?«
»Weil mein Bürocomputer besser ist. Schneller. Außerdem ist Steven nicht zu Hause, deshalb macht es nichts aus, wenn ich länger bleibe.«
Plötzlich wurde mir unbehaglich. Ich war allein mit ihm hier in diesem großen, leeren Büro, an einem kalten Dezemberabend nach Einbruch der Dunkelheit. Er hatte ein Messer in der Tasche. Und jetzt wusste er, dass es keiner merken würde, wenn ich heute Abend nicht nach Hause käme. Ich nippte an meinem Bier und sah ihn forschend an, auf der Suche nach einem finsteren Zug. Doch ich sah nur einen blassen, struppigen, hungrigen jungen Mann mit Krümeln am Kinn, der mich mit freundlichen Augen ansah. Ich hatte das Gefühl, ihn schon viel länger zu kennen als nur ein paar Wochen.
»Wo ist er denn?«
»Steven? In London.«
»Für wie lange?«
»Vier Tage, diesmal.«
»Ist er viel unterwegs?«
»Ja, ziemlich viel.«
»Warum?«
»Er arbeitet als Patentanwalt für einen Pharmakonzern.«
»Dann verdient er wahrscheinlich ziemlich gut.«
Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, ganz ordentlich.«
»Meinst du, er kommt mal mit zu einem meiner Konzerte?«
»Nein, eher nicht. Er ist trockener Alkoholiker und meidet Bars.«
»Wahrscheinlich wird mir das eines Tages auch so gehen.« Er grinste und sah für einen Augenblick genauso so süß aus wie auf dem Foto seines Studentenausweises.
»Übrigens«, sagte ich, griff unter den Schreibtisch und wühlte in den Tiefen meiner Tasche, bis ich mein Portemonnaie fand. Ich wedelte ihm mit seinem Ausweis vor der Nase herum. »Ich hätte mir neulich morgens beinahe den Hals gebrochen, weil ich auf dem Flur darauf ausgerutscht bin.«
Tyler lächelte. »O nein! Tut mir wirklich leid.«
Ich schob den Ausweis über den Tisch zu ihm hinüber.
»Du kannst ihn behalten, wenn du willst.« Er biss einen riesigen Happen von seinem zweiten Panino ab. »Möchtest du etwas von diesem hier abhaben?«
»Nein danke.« Ich schob den Ausweis näher zu ihm hin. »Vielleicht brauchst du ihn noch.«
»Nein, das glaube ich nicht. Könntest du ihn vielleicht für mich aufbewahren? Ich verliere solche Sachen manchmal.« Er schien es völlig ernst zu meinen, aber irgendetwas in der Art, wie er mich ansah, brachte mein Gesicht zum Glühen.
»Na gut, wie du willst.« Ich öffnete mein Portemonnaie. »Ich stecke ihn hier zum Foto meiner Mutter.«
Er lehnte sich über den Schreibtisch. »Zeig mal!«
Ich hielt das Foto hoch.
»Deine Mutter sieht ja aus wie eine von den Desperate Housewives .«
Ich steckte das Bild wieder ein. »Der Schein trügt. Meine Mutter ist eine starke Persönlichkeit.«
»Ja. Sie sieht aus, als könnte sie ordentlich Stunk machen, wenn sie wollte.«
»Glaub mir, sie will es. Und sie tut es.«
Er lachte. »Okay, ich glaube, ich halte mich lieber von ihr fern.«
Er packte einen mächtigen Brownie aus, den wir uns teilten. Ich spülte meine Hälfte mit Bier hinunter und rief schon einmal Facebook auf. Tyler zog einen Stuhl heran und setzte sich neben mich.
Wir legten erst ein persönliches Profil und dann noch eine Profilseite für ihn als Musiker an.
»Wir brauchen noch Fotos von dir«, sagte ich. »Hast du welche?«
»Ich habe gerade welche machen lassen. Bogue kann sie dir mailen. Er designt eine Webseite für mich mit Songs und so.«
»O gut, dann können wir dein Facebook-Profil damit verlinken.« Dann fiel der Groschen. »Wie, er legt eine Webseite für dich an? Warum dann nicht auch dein Facebook-Profil?«
Tyler zuckte mit den Schultern.
»Vielleicht hättest du ihn heute Abend besser mitgebracht.«
Er lächelte. »Auf gar keinen Fall.«
Ich schaute wieder auf den Bildschirm. Der Frosch auf meinem Bildschirmschoner führte einen fröhlichen kleinen Tanz auf. Ich schlug eine Taste an und schloss Facebook. »Wir können erst weitermachen, wenn die Fotos zum Hochladen bereit sind.«
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Okay. Vielen Dank, Grace, dass du so lieb warst und mir geholfen hast.« Sein Slang war ausgeprägter denn je.
»Kein Problem, gern
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