Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
direkt nach Hause. Allmählich beruhigten sich ihre aufgescheuchten Nerven und sie entspannte sich. Daniels Reaktion auf ihren kleinen Scherz hatte ihr glatt den Boden unter den Füßen weggezogen.
Sich auf dieses Terrain zu begeben war gefährlich. Gefährlich für ihre Sinne. Gefährlich für ihre Vernunft. Und verheerend für ihren Seelenfrieden.
Frustriert schaltete sie einen Gang hoch und wechselte die Fahrspur.
Der Wagen reagierte souverän auf jede noch so winzige Bewegung. Sie lächelte vor sich hin. Genau wie sein Besitzer. Daniel reagierte auch auf jedes ihrer Signale, mochten sie noch so unterschwellig sein. Nie war es nötig, ihre Beweggründe darzulegen, nie musste sie ihn abwehren. Er akzeptierte ihr Verhalten ohne Erklärung, schien zu spüren, dass sie nicht leichtfertig mit einem Mann intim werden konnte. Trotzdem würde er begeistert darauf einsteigen, sollte sie ihm je die Erlaubnis erteilen.
Es war ein seltsames Gefühl, bestimmen zu dürfen, was und vor allem, wie viel geschah. Das war reine, unverfälschte Macht. Eine Macht, wie sie sie garantiert noch nie besessen hatte. Daniel überließ ihr das Tempo, auch wenn er in regelmäßigen Abständen auslotete, wie weit er bereits gehen konnte.
Constanze fiel es nicht schwer, sich einzugestehen, dass es unheimlich aufregend war, die freie Wahl zu haben. Gerade deshalb, weil sie sich nicht vor den Folgen fürchten musste. Daniel war noch einfühlsamer, als sie zunächst angenommen hatte. Er war vieles mehr. Heute hatte er ihr das wieder einmal bewiesen. Kein Wunder, hatte sie sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Was er wohl gerade tat?
Ob er sich auf dem Weg in die Küche befand? Vielleicht sah er auch die Bücher noch einmal durch oder hatte beschlossen, unter die Dusche zu gehen – Himmel noch mal. Sie würde jetzt nicht darüber nachdenken, wie er nackt aussah. Nicht einmal aus sicherer Entfernung. Das musste aufhören, so etwas konnte sie sich frühestens dann gestatten, wenn die Aussicht auf Sex sie nicht mehr in ein zitterndes Nervenbündel verwandelte. Also in circa achthundertfünfzig Jahren …
Constanze bog vor ihrem Haus ein und schaltete den Motor aus. Gewissenhaft sicherte sie den Wagen mit der Handbremse und nahm den Wagenschlüssel an sich, während sie sich umblickte. Das Fahrzeug sah gepflegt und sauber aus. Nirgends lag etwas herum oder steckte in der Ablage, obwohl sie an dem Kilometerstand erkannte, dass der Wagen mitnichten neu war.
Bei dem Gedanken, wie pfleglich Daniel Dinge behandelte, die ihm wichtig waren, wurde ihr warm ums Herz. Zärtlich folgten ihre Finger den eleganten Linien des Armaturenbretts, dann schlüpfte sie aus dem Fahrzeug. Beschwingten Schrittes eilte sie zum Kofferraum und schnappte sich ihren Korb. Schon verrückt, wie sorglos er ihr den Wagen überlassen hatte. Was Roland wohl denken würde, käme er jetzt vorbei? Wahrscheinlich würde er angesichts dieses neuerlichen Beweises von Daniels Einzug in ihr Leben glatt aus der Haut fahren. Schon die bloße Vorstellung war befriedigend.
Constanze hatte viele Varianten durchdacht, wie sie Roland ihr Desinteresse verklickern konnte. Dass es letztlich durch das Auftauchen eines anderen Mannes geschehen würde, darauf wäre sie nie gekommen.
Immer noch schmunzelnd ging sie ins Haus, legte das Obst in einen Korb und verstaute die übrigen Lebensmittel im Schrank. Weil es seltsam still im Haus war, wenn Eliah nicht umhersprang, beschloss sie, den Fernseher einzuschalten.
Sie schnappte sich eine Banane, füllte Milch in ein Glas, und trug beides ins Wohnzimmer. Lustlos zappte sie durch die Sender. Nichts konnte ihre Aufmerksamkeit fesseln – bis sie auf eine Wiederholung von Hart, aber herzlich stieß. Zufrieden legte Constanze die Fernbedienung beiseite. Die Serie war schon als Teenager ihre liebste gewesen. Der Grund dafür ließ sich nicht schwer erraten. Idyllische Zweisamkeit. Zum damaligen Zeitpunkt hatte sie noch gehofft, selbst einmal eine solch perfekte Ehe führen zu können, wie Stefanie Power und Robert Wagner in ihren Rollen als Jonathan und Jennifer Hart. Was war sie naiv gewesen, verträumt und voller romantischer Vorstellungen.
Unabsichtlich drifteten ihre Gedanken zu Daniel. Die Erlebnisse mit ihm kamen ihren Mädchenträumen verdächtig nahe – mal davon abgesehen, dass er beim besten Willen nicht wie Robert Wagner aussah. Sie lachte und trank einen Schluck Milch. Jetzt grübelte sie schon wieder über Daniel nach.
Das Telefon
Weitere Kostenlose Bücher