Wiedersehen in Stormy Meadows
polierten Walnussstock aus, mit einem geschnitzten Eulenkopf als Griff, und folge meiner Mutter nach draußen.
Laura hat Gans Nummer eins bereits in den Auslauf zurückgetrieben und macht sich jetzt daran, Cassie aus dem Land Rover zu scheuchen, damit sie uns hilft.
»Komm da raus, du Feigling.« Sie versucht, die Wagentür zu öffnen, aber Cas hat von innen den Knopf hinuntergedrückt. »Man muss ihnen zeigen, dass man keine Angst vor ihnen hat«, erklärt Laura ungeduldig. »Nur so kommt man mit ihnen klar.«
»Und wer bitte schön hat gesagt, dass ich mit diesen grässlichen Viechern klarkommen will?«, fragt Cas, ohne sich zu rühren. »Ich bestimmt nicht. Solange die frei rumlaufen, kriegen mich keine zehn Pferde hier wieder raus.«
Also bleibt es Laura und mir überlassen, das restliche Federvieh wieder einzufangen. Ich beschließe, den Stier bei den Hörnern oder sozusagen den Vogel beim Schnabel zu packen, und während meine Mutter gekonnt die zweite Gans zurück in den Auslauf treibt, nehme ich mir die Rädelsführerin vor. Ich ahme die Haltung meiner Mutter nach und gehe auf Gertrude zu. Mit festem Blick und ausgebreiteten Armen, den Spazierstock ausgestreckt in der linken Hand, will ich sie nach rechts jagen. Doch statt sich friedlich in ihren Stall zurückmanövrieren zu lassen, beschließt Gertrude, zum Angriff überzugehen. Drohend schleudert sie den Hals vor und zurück, reckt die Flügel nach hinten und fängt an zu zischen.
Ehe ich mich’s versehe, renne ich selbst über den Hofplatz, gejagt von Gertrude, die schneller hinter mir hersaust, als ich es einer Gans je zugetraut hätte. Verkehrte Welt. Dass Laura sich inzwischen kugelt vor Lachen, erleichtert mir die Sache nicht gerade. Weder sie noch Cas machen Anstalten, mir zu helfen.
Es ist schwer, in zu großen Gummistiefeln zu rennen. Als mir ein kräftiger Schnabel genüsslich in mein weiches Hinterteil kneift, schreie ich aus voller Kehle.
Endlich kommt Laura mir zu Hilfe. Mit ruhiger Hand dirigiert sie die keifende Gertrude in ihr Gehege zurück. Bald ist auch die Entenfamilie wieder da, wo sie hingehört. Die Hühner werden mit einer Schüssel Mais nach Hause gelockt, und dann wendet Laura sich, immer noch lachend, mir zu. Cas hockt weiterhin im Land Rover. Hinter dem Wagen kauere ich mit meinem misshandelten Allerwertesten.
»Das ist nicht witzig«, beschwere ich mich, als ich Lauras Grinsen sehe. »Ich blute, oder?« Ich versuche, den Kopf so weit zu drehen, dass ich meine Verletzung inspizieren kann, jedoch vergeblich.
Immer noch breit grinsend kommt meine Mutter zu mir herüber. Inzwischen ist es mir immerhin gelungen, die schwere Barbourjacke zur Seite zu ziehen. Voller Genugtuung entdecke ich einen Blutfleck auf meinem blassgrauen Nachthemd.
»Siehst du? Ich hab’s dir doch gesagt! Das ist überhaupt nicht lustig! Ich blute!«
»Blut ist ein ganz besondrer Saft«, kichert Laura. »Komm, lass mich mal sehen.« Kurzerhand zieht sie mein Nachthemd hoch und betrachtet meinen Po.
»Du liebe Güte, ich weiß nicht, was beschämender ist. Erst setzt mich eine Gans außer Gefecht, und jetzt das«, seufze ich, als meine Mutter ihre Brille aus der Tasche zieht und aufsetzt, um besser sehen zu können. Selbst Cas kurbelt das Fenster des Land Rovers ganz herunter und schaut hinaus. Sie hat ihre missmutige Miene abgelegt und kichert in sich hinein.
»Ts, ts«, meint Laura zu mir, »du bist doch kein Baby mehr. Das ist nur ein Kratzer.«
»Ein Kratzer? Es tut aber wirklich weh! Wenn ich da unten einen Knochen hätte, wäre er bestimmt gebrochen.«
»Jetzt hör auf rumzujammern, sonst hole ich Gertrude wieder raus. Dann kann sie ›Heile, heile Gänschen‹ für dich singen und pusten.«
»Dieses blutrünstige Vieh lasse ich nur als Braten wieder in meine Nähe, auf einer Gabel!«
»Seit du ein kleines Kind warst, habe ich deinen Popo nicht mehr von Nahem gesehen«, Laura schmunzelt.
»Was machst du denn da überhaupt noch?«, brumme ich ärgerlich. »Willst du ihn pudern?« Ich schaue zu Laura hinunter, sie zu mir herauf. Immer noch hält sie den Saum meines Nachthemds in der erhobenen Hand. Einen Moment lang starren wir einander mit zusammengepressten Lippen an, dann müssen wir beide lachen.
Wir werden durch ein Hüsteln unterbrochen. Ein Hüsteln, das erst zu einem leisen, dann zu einem lauten Husten wird. Entsetzt drehe ich mich um. Laura und Cas sind nicht die Einzigen, denen ein Blick auf meine mit Gänsehaut überzogene
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