Wiedersehen in Virgin River
austricksen.“
„Das habe ich nie gesagt“, erwiderte er. „Ich habe nur gesagt, dass du nicht hinterhältig bist. Aber ich glaube, dass du ihn besiegen kannst. Ich kenne einige Leute. Da ist einmal mein Kumpel, der Cop. Dann gibt es da einen Richter in Grace Valley, mit dem ich öfter angeln war. Ich weiß, dass er helfen wird, wenn er kann. Jacks jüngste Schwester Brie ist Juristin, eine Topstaatsanwältin in der Hauptstadt unseres Staates. Und sie kennt jeden. Brie – sie ist so clever, dass man schon Angst bekommen kann. Wir werden ein paar dieser Leute fragen müssen, wie du aus dieser Schweinerei rauskommen und wieder ein richtiges Leben haben kannst. Ich steh das mit dir durch, bis du frei und in Sicherheit bist.“
Sie lehnte sich in ihrem Stuhl ein Stück vor. „Hör mal, warum tust du das? Was versprichst du dir davon?“
„Ich? Schlaf, das ist alles. Wenn das vorbei ist, werde ich nachts schlafen können, weil ich dann weiß, dass du nicht gerade verprügelt wirst. Und ich weiß dann auch, dass Chris nicht verkorkst wird, während er aufwächst und lernt, wie man Frauen schlägt. Paige, ich habe es gesehen. In dieser ersten Nacht, als ich dir die sauberen Handtücher gebracht habe, da stand die Tür ein Stück offen und du hattest dir das Hemd hochgezogen …“ Er verstummte und ließ den Kopf hängen. Dann hob er ihn wieder und sah ihr gerade in die Augen. „Das war kein kleiner Klaps. Keine kleine Auseinandersetzung.“
Sie senkte den Blick und sah in ihren Schoß. Die Vorstellung, dass er sie in diesem grässlichen Zustand gesehen hatte, war ihr unerträglich.
„Hör mir zu“, sagte er und hob mit einem Finger ihr Kinn. „Ich war mit meinem Leben ganz zufrieden, bis zu diesem Abend, als du mit deinem Kind und deinen Verletzungen zur Tür hereinkamst. Für mich war es völlig in Ordnung, zu angeln, zu kochen und sauberzumachen. Und es hat mir noch nie etwas ausgemacht, allein zu sein. Ich werde nie heiraten und eigene Kinder haben. Das weiß ich. Aber hier kann ich etwas tun …“
„Das hier geht dich doch überhaupt nichts an!“
„Mittlerweile schon! Selbst wenn du dich nicht auf mich verlassen willst, der Junge rechnet mit mir! Das tut er jeden Tag, von dem Moment an, wo er in seinem Pyjama hier runtergelaufen kommt, bis er schließlich fest eingeschlafen ist! Wenn du mit Chris von hier weggehst, dann werde ich wissen, dass wir alles getan haben, um euch vor diesem Mistkerl in Sicherheit zu bringen!“ Er schnappte nach Luft. „Tut mir leid“, entschuldigte er sich, „manchmal kann ich so furchterregend klingen, wie ich aussehe.“
„Du siehst nicht furchterregend aus“, sagte sie so leise, dass er sie kaum hörte. „Und was ist, wenn es nicht funktioniert?“
Er richtete sich auf. „Dann werde ich euch helfen, an einen sicheren Ort zu kommen. Ich werde alles tun, was nötig ist. Lieber Himmel, Paige, wenn ich das nicht mache, was soll ich dann mit meinem Leben noch anfangen? Wenn mir doch eine Sache wie diese vierkant ins Gesicht schlägt und ich das ignoriere, was wäre ich dann wert, hm?“
Sie sah seine flehende Miene und schüttelte beinahe traurig den Kopf. „Woher willst du wissen, dass du niemals heiraten und Kinder haben wirst?“, fragte sie ihn.
„Jetzt komm aber“, erwiderte er frustriert.
„Nein wirklich.“
„Fangen wir mal damit an, dass es hier am Ort nicht eine einzige unverheiratete Frau über achtzehn und unter sechzig gibt. Das wäre schon mal die erste Erklärung.“
„Es gibt so viele Ortschaften …“
„Jesses, müssen wir jetzt von mir reden? Dein Junge ist das erste Kind, das mir jemals nahegekommen ist. Herr Gott noch mal, sie verstecken sich hinter ihren Müttern, wenn sie mich sehen.“
Sie musste über ihn lächeln. „Du fluchst wie verrückt. Ich wette, deine Mutter dreht sich gerade im Grabe um …“
„Wie ein Kreisel“, bestätigte er und fuhr dann eindringlich fort: „Ich weiß, dass du Angst hast. Aber hast du auch dann noch zu viel Angst, dem Arschloch in die Augen zu sehen und ihn in die Knie zu zwingen, wenn ich schwöre, dass ich hinter dir stehen werde? Wenn du mit sehr viel Hilfe rechnen kannst?“ Er holte Luft. „Wusstest du, dass du niemals weglaufen darfst, wenn du plötzlich einem Bär gegenüberstehst? Dann machst du dich so groß, wie du kannst. Du musst dich aufplustern und versuchen, kräftig auszusehen. Mach viel Lärm und tue so, als wärst du hart, auch wenn du nicht hart bist.“ Er schüttelte
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