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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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Hausmauern hingen Schilder, auf denen die Namen und Porträts von flüchtigen Kriminellen bekannt gemacht wurden. Rechts war die Cour de Mai , von der aus man über eine Treppe zu einer Galerie gelangte, die wiederum zur ›Halle der verlorenen Schritte‹ führte. Diese war nach dem großen Brand von 1618 komplett aus Stein wieder aufgebaut worden. Sie war riesengroß, verstaubt, und hallte fürchterlich. Dort herrschte immer ein regelrechtes Gedränge aus Advokaten, Anklägern und Klienten, die lautstark miteinander diskutierten, sich anbrüllten und in dieser angeheizten, streitlustigen Atmosphäre manchmal sogar die Fäuste sprechen ließen. Aber die Prozessparteien und Männer des Gesetzes in ihren langen, schwarzen Roben waren nicht die Einzigen, die man hier antraf.
    Das Gebäude zog auch unzählige Neugierige und Kauflustige an, die sich in den Hunderten Geschäften auf den Galerien des Palais tummelten. Dort wurden lautstark allerlei ›Galanterien‹ für die Damen feilgeboten: Seide, Samt, Spitze, Schmuck, Fächer, Edelsteine, Hüte, Handschuhe, Bänder, Bücher, Gemälde und allerhand Nippes. Man traf sich gern dort. Feine Damen flanierten herum, und adrette Herren warfen ihnen kühne Blicke zu.

    In diesem Gewirr war es für Saint-Lucq ein Leichtes, Ballardieu abzuschütteln. Nachdem er ein paar unauffällige Runden gedreht hatte, versteckte er sich ganz plötzlich und konnte beobachten, wie der alte Soldat eilig an ihm vorbeilief. Daraufhin verließ das Mischblut zufrieden mit sich das Palais.
    Nun konnte er sich wieder der Aufgabe widmen, die ihm La Fargue anvertraut hatte. Er überquerte die Seine an der Petit Pont und begab sich anschließend in die Rue de la Fontaine im Faubourg Saint-Victor . Dort befand sich ein Haus, das er zunächst durchsuchen und anschließend bewachen sollte. Es handelte sich um das Haus einer jungen Dame – einer gewissen Cécile Grimaux -, die unter dem Schutz der Klingen stand. Letzte Nacht hatten zwielichtige Schurken versucht, sie zu entführen. Doch Marciac hatte ihre Pläne durchkreuzt und damit bewiesen, dass er sich über die Jahre nicht verändert hatte und immer noch gern den tapferen Ritter spielte, der einer Dame in Not zu Hilfe eilte. Ganz egal, was man davon halten mochte, eine solche Gelegenheit bot sich nicht allzu oft, und es schien, als wäre der Gascogner nie weit, wenn sie sich dennoch ergab.
    Das Haus war klein, bescheiden und unauffällig. Zur Straße hin unterschied es sich von den Nachbarhäusern nur durch die Fensterläden. Saint-Lucq machte sich an die Erkundung des Ortes, ging durch den Garten und fand die Hintertür aufgebrochen und halb offen vor. Vorsichtig trat er ein, untersuchte gründlich das ganze Erdgeschoss, entdeckte auf der Treppe Spuren eines Kampfes, erklomm das obere Stockwerk, fand dort ein kleines Durcheinander vor und bemerkte ein offenes Fenster, durch das Marciac und sein Schützling wohl bei ihrer Flucht aufs Dach hinaufgeklettert waren.

    Nichts sprach dafür, dass Céciles Privaträume durchwühlt worden waren. So war Saint-Lucq recht zuversichtlich, als er anfing, die typischen Verstecke zu überprüfen. Als er nicht fündig wurde, verfeinerte er seine Suche. Das Glück war ihm hold. In einer Schmuckschatulle zwischen verschiedenen Ringen, Halsketten und Ohrringen ohne besonderen Wert fand er einen gebogenen Drahtstift. Nun musste er nur noch herausfinden, was sich mit diesem Stift bewegen ließ.
    Es war eine kleine Steinplatte in der Zimmerecke unter einem Tischchen, das vom vielen Hin- und Herschieben deutliche Spuren auf dem Boden hinterlassen hatte.
    Als er das Versteck öffnete, seufzte Saint-Lucq zwar zufrieden darüber, dort einige handschriftliche Dokumente vorzufinden, aber er war auch etwas enttäuscht über diese für seinen Geschmack zu simple Schatzsuche.
    Das war nun wirklich unter seiner Würde.

7
    Im Palais Épervier hatte Marciac kaum zwei Stunden geschlafen, als er sich wieder in den großen Saal zu Leprat begab. Der Musketier saß immer noch in demselben Sessel am Kaminfeuer, das mittlerweile allerdings heruntergebrannt war. Sein verletztes Bein hatte er auf einem Schemel ausgestreckt. Die Untätigkeit nagte an ihm, und er war ziemlich griesgrämig, aber zumindest hatte er aufgehört, Wein in sich hineinzuschütten. Trotzdem machte die leichte Trunkenheit ihn schläfrig.
    Marciac dagegen strotzte nur so vor guter Laune. Er grinste
vor sich hin, hatte ein Funkeln in den Augen und legte eine Energie und

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