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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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war über seine eigenen Füße gestolpert. Außer sich vor Wut, überschüttete er den jungen Delormel nun mit Beleidigungen. Blass und ohne etwas zu erwidern, ließ dieser die Vorwürfe über sich ergehen: Er war lediglich ein Bürgerlicher, während sein Schüler einen Adelstitel trug, der ihn nicht nur schützte, sondern ihm auch jede Frechheit gestattete.
    »Gut«, entfuhr es La Fargue nach einer Weile. »Das reicht!« Entschlossenen Schrittes ging er die Treppe hinunter. Der junge Edelmann hatte sich bereits wieder aufgerappelt, zupfte sein Gewand zurecht und schimpfte dabei immer noch laut vor sich hin. La Fargue packte ihn am Kragen und stieß ihn, trotz seines abwehrenden Gefuchtels, vor sich her nach draußen und quer über den Hof. Die kleine Justine, die die Szene mit großen Augen beobachtete, sah, wie der Hauptmann den jungen Heißsporn mit einem heftigen Stoß auf die Straße setzte. Zur Freude der Passanten schlug Guérante der Länge nach und mit der Nase voraus in eine morastige Pfütze, in die man nicht einmal seinen Fuß setzen würde.
    Wutschnaubend, besudelt mit Urin und Dreck, rappelte sich der ›Maulheld‹ auf und machte Anstalten, sein Schwert zu ziehen. Aber La Fargue unterbrach ihn, indem er ihm drohend den Zeigefinger auf die Brust legte.
    »Mein Herr«, sagte er mit einer Stimme, die ebenso leise wie warnend war. »Ich bin ein Edelmann und muss mir weder
Eure Grobheiten noch Eure Launen gefallen lassen. Wenn Ihr also Euren Degen ziehen wollt, habt Ihr Euren Gegner gefunden.«
    Guérante zögerte kurz und änderte dann seine Strategie, indem er die zwei Fingerbreit glänzenden Stahls, die er im Eifer des Gefechts bereits gezogen hatte, wieder zurück in die Scheide schob.
    »Und noch etwas, mein Herr«, fügte der Hauptmann hinzu. »Wenn Ihr gläubig seid, betet. Betet, dass meinem Freund Delormel kein Unheil geschieht. Betet, dass niemand seine Kunden oder seine Familie schikaniert. Betet, dass nachts nicht irgendwelche Handlanger kommen und sein Haus plündern. Betet, dass ihm nicht in einer Seitenstraße aufgelauert wird … Denn ich werde davon erfahren. Und ohne lange darüber nachzudenken, werde ich Euch heimsuchen und töten, Guérante. Habt Ihr mich verstanden?«
    Gedemütigt bemühte sich der Angesprochene wieder um Haltung. Vor den Augen spöttischer Schaulustiger wollte er sein Gesicht nicht völlig verlieren. »Diese Angelegenheit«, plusterte er sich drohend auf, »diese Angelegenheit wird ein Nachspiel haben.«
    »Nein«, erwiderte La Fargue ungerührt.
    »Das werden wir ja sehen!«
    »Diese Angelegenheit ist hiermit erledigt, es sei denn, Ihr zieht sogleich Euer Schwert, mein Herr.«
    Sein wilder Blick machte Guérante Angst.
    »Nun?« La Fargue ließ nicht locker.
     
    Im Hof warteten Delormel und sein Sohn auf La Fargue. Die Ehefrau, mit Justine am Rockzipfel, spähte blass und besorgt von der Schwelle des Wohnhauses zu ihnen herüber.

    »Lasst uns essen«, sagte der Hauptmann im Hereinkommen.
    Sein Rapier hatte die Scheide nicht verlassen.

7
    In der Küche des Herrenhauses der Vaudreuils polierte eine Frau in weitem Rock und Schürze eine ganze Batterie kupferner Töpfe.
    Ihr Name war Marion.
    Mit dem Rücken zur Feuerstelle, in der auf kleiner Flamme ein Kessel mit rußigem Boden hing, saß sie am Kopfende eines großen, bereits recht abgenutzten Eichentisches. Getrocknete Kräuter, ein Kranz aus Knoblauchzehen und einige Steinguttöpfe säumten das Kaminsims. Durch die zum Hof hin geöffnete Tür blies eine Frühlingsbrise schimmernde Blütenpartikel herein, und ein Lüftchen hatte Strohhalme bis an die Küchenschwelle geweht.
    Ein Pferd näherte sich im Trab. Es scheuchte die Hühner auf, die gackernd mit den Flügeln schlugen, und der Hofhund an der Kette erwiderte das Wiehern mit aufgeregtem Gebell. Dann war das Klirren von Sporen zu vernehmen, als schwere Sohlen mit Eisennägeln auf den Boden stampften. Schritte näherten sich, und dann trat Agnès de Vaudreuil mit eingezogenem Kopf durch die niedrige Tür.
    Als Marion die junge Baronin erblickte, begrüßte sie sie mit einer fein abgestuften Mischung aus zärtlichem Lächeln und missbilligendem Blick, die sich über die Jahre bewährt hatte. Agnès hatte ihren Reitdress an, beim Gehen schlug ihr
das Rapier gegen den Oberschenkel, sodass der Staub, der sie von den Stiefeln bis zur Hüfte bedeckte, nur so aufwirbelte. Sie trug noch immer dieses verflixte Mieder aus rauem, rotem Leder, geschnürt wie eine Rüstung,

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