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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Pevel
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»Was ist mit Euch?«
    Zögerlich und etwas befangen deutete er zuerst auf die Vicomtesse und dann an seine Nase: »Ihr habt da etwas …«
    Die junge Frau verstand sofort, fasste sich mit der Fingerspitze an die Oberlippe und bemerkte die schwärzliche Flüssigkeit, die ihr aus dem Nasenloch perlte. Ungerührt zog sie aus dem Ärmel ein Taschentuch, auf dem bereits schwarze Flecken zu sehen waren, wendete sich ab und putzte sich die Nase.
    »Die Magie ist eine Kunst, die nur den Drachenahnen vorbehalten ist«, sagte sie, als würde das alles erklären.
    Dann stellte sie sich vor den großen Spiegel über dem Kamin, und während sie sich weiter über ihre Oberlippe wisch te, fuhr sie im Plauderton fort: »Unlängst trug ich Euch auf,
eine geheime Postsache zwischen Brüssel und Paris abzufangen. Habt Ihr alles Nötige veranlasst?«
    »Gewiss. Malefiz und seine Männer kümmern sich darum.«
    »Und mit welchen Erfolg?«
    »Das weiß ich noch nicht.«
    Auf dem Gesicht der Vicomtesse, das ohne jeden Makel war, zeigte sich der Anflug eines Lächelns: »Erlaubt mir, Euch daran zu erinnern, mein Herr, dass Malefiz trotz all seiner Bemühungen in dieser Sache bereits zweimal versagt hat. Zunächst an der Grenze, und dann noch einmal in der Nähe von Amiens. Wenn der Bote, auf den er angesetzt wurde, auch weiterhin so schnell unterwegs ist, wird Malefiz kaum mehr darauf hoffen können, ihn noch vor der Etappe von Clermont einzuholen. Nun, die nächste Station nach Clermont ist bereits Paris. Ich muss wohl nicht betonen, dass der Brief auf keinen Fall im Louvre eintreffen darf?«
    Der junge Adlige wunderte sich zunächst gar nicht, woher sie so viel darüber wusste. Die Seelenkugel war Erklärung genug. Sie enthüllte denjenigen, die ihr einen Teil von sich selbst zum Opfer brachten, so manches Geheimnis. Stattdessen beteuerte er: »Ich bin weiterhin zuversichtlich, Madame. Malefiz und seine Männer haben Erfahrung in diesen Dingen. Koste es, was es wolle, sie werden die Mission zum Erfolg führen.«
    »Das wollen wir hoffen, Marquis.«
    Mit graziöser Geste bedeutete die Vicomtesse ihrem Gast, sich zu setzen, und nahm ihm gegenüber dann selbst Platz. »Gegenwärtig möchte ich aber noch eine andere Sache mit Euch besprechen.«
    »Um was handelt es sich, Madame?«

    »Der Kardinal ist dabei, einen Trumpf auszuspielen, und ich fürchte, er wird ihn gegen uns einsetzen. Bei diesem Trumpf handelt es sich um einen Mann: La Fargue.«
    »La Fargue?«
    »Ein alter Hauptmann und einer der treusten Kämpfer des Königs. Glaubt mir, seine Rückkehr verspricht nichts Gutes. Bereits ohne Unterstützung ist dieser La Fargue ein gefährlicher Gegner. Doch einst hatte er den Befehl über eine geheime Truppe tapferer und ergebener Männer: die Klingen des Kardinals. Gemeinsam gelang ihnen auch das Unmög liche. Und sollte er sie wieder vereint haben …«
    Plötzlich wirkte die junge Frau nachdenklich und beunruhigt.
    »Sind Euch die Absichten des Kardinals genauer bekannt?«, fragte Gagnière umsichtig.
    »Nein, ich kann sie bloß erahnen … das ist auch der Grund, warum ich will, dass Ihr die Sache in die Hand nehmt. Setzt Euch mit Eurem Spitzel im Palais-Royale in Verbindung und bringt alles in Erfahrung, was er weiß. Wolltet Ihr ihn nicht sowieso bald treffen?«
    »Allerdings.«
    »Gut.«
    Der Edelmann hatte seine Befehle erhalten und dachte, damit sei die Unterhaltung beendet. Also erhob er sich.
    Doch die Vicomtesse achtete gar nicht auf ihn und fuhr unbeirrt fort: »All das passiert zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt. Bald sollten wir das vollbracht haben, was die Schwarze Kralle schon seit so langer Zeit zu erreichen sucht: ihre Etablierung in Frankreich. Unsere spanischen Brüder und Schwestern sind bereits zu der Überzeugung gelangt, die Sache sei aussichtslos. Auch jetzt, wo wir so kurz davor stehen,
sie eines Besseren zu belehren, hegen viele noch immer Zweifel. Und sogar diejenigen, die nicht an uns zweifeln, hoffen insgeheim auf unser Versagen.«
    »Denkt Ihr, dass …«
    »Nein, nein …«, erwiderte die Vicomtesse und wischte die Vermutung, auf die der Marquis anspielte, mit einer flüchtigen Geste beiseite. »Selbst die Neider werden es nicht wagen, uns zu schaden … Aber sie werden uns nicht den kleinsten Fehler verzeihen und jeden Vorwand beim Schopfe packen, uns oder unsere Pläne schlecht zu machen. Sie können es kaum erwarten, sich damit zu brüsten, dass sie selbst geschafft hätten, was uns misslungen ist …

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